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Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im
Barock272
das Pastoraldrama La Caccia felice von Cesare Gonzaga gespielt, das in seiner Handlung
stark an Torquato Tassos Pastoralkomödie Aminta (1573), welche am 27. April 1636 mit
vier Intermedien in der Amalienburg dargeboten werden wird, und Battista Guarinis
Pastor fido (1590) angelehnt scheint. Der bei einem Jagdunfall verwundete Fiorillo fleht
um Erlösung von seinen Qualen und zitiert in seiner Arie offenkundig die erste Zeile
des Lamento d’Arianna von Claudio Monteverdi (1608): „Lasciatemi morire.“
Anlässlich der Krönung von Ferdinand III. wird vermutlich im Dezember 1636 Il
Vaticinio di Silvano gespielt, eine nur handschriftlich überlieferte Festa teatrale (ÖNB
Cod. 9.931), deren Text und Musik von Valeriano Bonvicino, dem Kapellmeister der
Kaiserin, stammen. Es handelt sich um ein Pastoraldrama, in welches die Erbhuldi-
gungen der katholischen Länder des Römischen Reiches eingeflochten sind.
Das sich bereits unter Ferdinand II. und Ferdinand III. deutlich verdichtende und
unter Leopold I. sprunghaft ansteigende Aufführungsprogramm des Hofes macht
natürlich architektonische Entwicklungen an den Orten dieser Darbietungen nötig.
So lässt Ferdinand III. 1652 den als Sommerhaus bezeichneten, 1629 –31 errichteten
Bau auf dem Tummelplatz in der Hofburg zum ersten Mal adaptieren, und Leopold
I. 1660 weitere Veränderungen durchführen. Auf Grund der gestiegenen Anforde-
rungen an die Ausstattung des Saales und speziell des Bühnenbereiches wird 1666
auf der Wallmauer bzw. Cortina, oder Kurtine, im Bereich des heutigen Burggartens
(Bibliothekshof hinter dem Prunksaal der ÖNB) ein deutlich größer dimensioniertes
Opern- und Komödienhaus errichtet. Der 34 Klafter (= 64,5 m) lange und 14 Klafter
(= 26,5 m) breite Bau besteht aus einer Holzkonstruktion mit drei Zuschauerrän-
gen auf einem steinernen Unterbau. Das angeblich bis zu 5.000 Personen fassende
Opernhaus wird 1668 mit der Aufführung von Il pomo d’oro eröffnet und bleibt auf
Grund seiner Größe den aufwändigsten Produktionen vorbehalten. 1683 wird der
Saal aus militärtechnischen Gründen im Rahmen der Türkenbelagerung abgetragen.
1697 begann man mit dem Bau eines dritten Hoftheaters, das knapp vor Voll-
endung einem Brand zum Opfer fiel, aber wiederhergestellt wurde, ein viertes
Hoftheater ließ Joseph I. an Stelle der heutigen Redoutensäle erbauen. An die-
sen Schauplätzen fanden die festlichen Theateraufführungen statt, bei denen alle
Musiker, Kapellmeister, Komponisten, Dichter, Bühnenarchitekten und Deko-
rateure Mitglieder des Hofstaates waren, sie gehörten zum Stab des Obersthof-
meisters. Am Beginn des 18. Jahrhunderts waren das immerhin über 100 Perso-
nen, darunter 27 Sänger und 58 Orchestermitglieder.543
543 Karl Vocelka: Die Stadt und die Herrscher. In: Peter Csendes / Ferdinand Opll (Hg.): Wien. Geschichte
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549