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Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im
Barock310
Darauf antwortet am 10. Juni, zum Geburtstag des Kaisers, La moglie ama meglio
mit der Musik von Draghi, Leopold I. und A. A. Schmelzer. In die 30 Szenen dieses
Werkes werden auf vier Schauplätzen nicht nur Tänze eingestreut, sondern auch
von Giulio Gualtieri koordinierte Kampfszenen (Essercitii militari). Wegen inter-
ner politischer Unruhen wird zuerst Leonida vom spartanischen König Cleombroto
verbannt, auf Bitte von Königin Cleonima, seiner Tochter, aber begnadigt. Aus den
nach seiner Rückkehr erfolgten Auseinandersetzungen geht Leonida als Sieger her-
vor und verbannt nun seinerseits den Schwiegersohn. Der Vater gibt den Fürbitten
der Tochter aber nicht so nach wie der Ehemann jenen der Gattin: Cleonima flieht
zu Cleombroto ins Exil. Leonida lenkt schließlich ein und erstattet Tochter und
Schwiegersohn die Herrschaft zurück.
Die Schlussfolgerung aus dem festlichen Dialog der Geschlechter: Eleonore
liebt zwar besser, aber Leopold siegt besser, wie in der Licenza La Gloria Austriaca
verkündet: “Se, de le Muse nel Teatro, apparue, che LA MOGLIE AMA MEGLIO,
In questo, de la Gloria, Comparando LEOPOLDO à ogn’altro Eroe, Chiaro ben si
comprende, Ch’Egli MEGLIO TRIONFA, e MEGLIO SPLENDE.”
Am 13. Januar 1689 wird zum Geburtstag der Kaiserin in einem großen Saal
der Hofburg Minatos Pigmalione in Cipro. Festa musicale mit der Musik von Draghi,
Leopold I. und A. A. Schmelzer gespielt. Die 30 Szenen bieten auf vier Schauplätzen
die bekannte Geschichte aus Ovids Metamorphosen (X, 243–297): Der Elfenbein-
schnitzer Pigmalione erringt in Zypern die Gunst der Kunstkenner und gewinnt die
Zuneigung von Clotilde und Orilla. Er lehnt die Liebe der beiden aber wegen deren
körperlicher oder geistiger Unvolkommenheiten ab, bis er sich schließlich in eine
von ihm selbst geschaffene Statue verliebt, die Venus auf seine Bitte hin zum Leben
erweckt (Statua d’Auorio, resa humana da Venere, & à cui si Sposa Pigmalione).
In der Licenza wird festgestellt, dass eine Statue der Kaiserin Eleonore Magdalena
Theresia die von Pygmalion geschaffene an Schönheit noch übertreffen müsste.
Am 18. Juni 1691 wird in der Favorita zum Geburtstag des Kaisers Minatos Il
ringiovenito. Festa musicale con un real balletto mit der Musik von Draghi, Leopold
I. und A. A. Schmelzer aufgeführt. Auf der Basis von Diodoros Siculus (Bibliotheka
IV,10) und Ovid (Metamorphosen VII) werden in 24 wahrlich zauberhaften Szenen
die magischen Kräfte Medeas vorgeführt. Medea kann mit ihrer Zauberkraft Er-
cole vom Wanhsinn befreien, ihr eigenes Alter verändern und auch Jasons Liebe für
Creusa zu ihren Gunsten verwandeln. Schließlich verjüngt sie noch Esone, den alten
Vater Jasons, der symbolisch für die Casa d’Austria stehen dürfte. Im Schlussballett
fordert die müde Fortuna nach Zuspruch von Virtù und Prudenza Kaiser Leopold
auf, ihr nicht durch Zauber, sondern durch seine Taten neue Kraft zu verleihen.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549