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345Opern
zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus
bis zu 300.000 Gulden berichtet607 – spiegelt sich in den drei Drucken des Textes wi-
der: bei dem Hofbuchdrucker Matthäus Cosmerovius erscheinen zwei Ausgaben in
Oktavformat mit jeweils 24 Kupferstichen, welche die Bühnenbilder wiedergeben,
und ein Druck in Quartformat mit 25 Kupferstichen. Darüber hinaus werden eine
deutsche608 und eine spanische Fassung609 des Librettos veröffentlicht, sowie eine
Wiederholung für weitere Gäste vermutlich Ende Juli angesetzt.
Dieses durch die Forschung ungewöhnlich früh und ausführlich dokumentierte
Werk610 beginnt mit einem Prolog verschiedener allegorischer Figuren wie La Glo-
ria Austriaca, Amore, Himeneo, La Monarchia di Spagna, welche in ihren Gesprä-
chen einen panegyrischen Rundblick auf die europäischen Länder werfen und ihre
Bedeutung erläutern. Die Haupthandlung konzentriert sich mit ihren mythologi-
schen Figuren auf das bekannte Urteil von Paris über die Schönheit der drei Göttin-
nen Hera, Pallas und Aphrodite, welche schließlich von ihm den goldenen Apfel als
Trophäe überreicht bekommt:
Die Handlung des Stücks führte durch weiträumige mythologische Landschaf-
ten: in der ersten Szene gleich ein phantastisch-bizarres Szenarium, das den kö-
niglichen Sitz des Höllenfürsten Pluto darstellt, ein Gewimmel von Drachen,
Schlangen, tanzenden Teufeln mit grotesken Köpfen, Meeresungeheuern, ein
Höllengelände aus Nischen, Grotten und von einer unendlichen erscheinenden
Tiefe; neben Pluto seine über ihr lichtloses Dasein trauernde Gattin Proserpina.
Dieser verspricht Discordia, die Zwietracht, das freudvolle Dasein der olympi-
schen Götter, nach dem sich die Höllenkönigin so sehr sehnt, wirkungsvoll zu
stören. Die Szene wechselt, und der Olymp mit dem Mahle der Götter erscheint
auf der Bühne. Auf einem feuerspeienden Drachen überfliegt Discordia diese fei-
ernde und zechende Gesellschaft und wirft den goldenen Zankapfel, den »pomo
607 Zum Vergleich sei hier die jährliche Besoldung des Hofpoeten von 1.000 Gulden genannt. Umgerechnet
wäre also mit einer Summe von ca. 30 Millionen Euro für diese Aufführung zu rechnen.
608 Der guldene Apfel von Johann Gabriel Meyer, Nürnberg 1672; Reprint: Der guldene Apfel. Schauspiel ge-
halten in Wien auf das höchstherrlichst-gesegnete Vermählungs-Fest dero Römisch-Kaiserl. und Königlichen Ma-
jestäten Leopoldi und Margaretae. Aufgesetzt von Francisco Sbarra. Facsimiledruck der Ausgabe Nürnberg
1672. Mit einem Nachwort von Margret Dietrich. Wien 1965.
609 La manzana de oro von Juan Silvestre Salva, Wien 1668 (verschollen).
610 Vgl. die Ausgaben der Partitur Wien 1896 und Graz 1959; weiters u.a. Albert A. Stanley: Cesti’s Il Pomo
d’oro. [Hartford 1906]. – D. H. Shock: Costuming for Il Pomo d’oro. Paris 1967. – Carl B. Schmidt: An-
tonio Cesti’s Il pomo d’oro. A Reexamination of a Famous Hapspurg Court Spectacle. In: Journal of the
American Musicological Society 29.3 (1976), S. 381–412. – Jean-Marie Valentin: Il Pomo d’oro et le mythe
impérial catholique à l’époque de Léopold Ier. O.O. 1984. – Michael Ritter: „Man sieht der Sternen
König glantzen.“ Der Kaiserhof im barocken Wien als Zentrum deutsch-italienischer Literaturbestre-
bungen (1653 bis 1718) am besonderen Beispiel der Libretto-Dichtung. Wien 1999.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549