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Die italienische Aufklärung in
Österreich428
Bühnenbildern von Giu. Galli Bibiena sowie mit zwei Balletteinlagen von Levassori
und einem Ballett von Phillibois aufgeführt. Im Gegensatz zur neueren Forschung
zitiert Campanini eine Äußerung Zenos, welche die Mitwirkung Pariatis an diesem
Libretto erwähnt: „L’assistenza del signor Pariati è stata molto e sommamente gio-
vevole per la riuscita del dramma, e ve lo attesto sinceramente, come ho fatto sempre
quando vi ho scritto di lui.“717 Das Werk wird noch weitere drei Mal im November
1718 gespielt und am 22. November 1723 am Hof wiederholt.
Unter Zenos insgesamt 36 von ihm alleine und 14 zusammen mit Pariati verfas-
sten Libretti718 gehört dieser mythologische Stoff eher zu den Ausnahmen, da der
Autor nach den Prinzipien der klassischen französischen Tragödie des 17. Jahrhun-
derts historische und exotische Stoffe bevorzugt, deren Quellen er ebenso genau
angibt, wie im Fall der bereits beschriebenen geistlichen Werke.719 Gemäß der ari-
stotelischen Konzeption will Zeno mit einem gehobenen, würdevollen Stil unter
Beachtung der klassischen Einheiten Mitleid und Schrecken bei den Zuschauern
erregen, um sie dadurch moralisch zu läutern. Mit der Ankunft Zenos 1718 ändern
sich die Bedingungen für Pariati grundlegend, da er formal auf die zweite Position
zurückfällt, tatsächlich jedoch mit seinem Freund aus venezianischen Zeiten eine
Produktion zu vier Händen in Angriff nimmt, bei welcher – wie bereits angedeutet
– Zeno in der Regel die große Struktur des Stückes entwirft und Pariati in Abspra-
che mit ihm den Text ausformuliert. Die in Zenos frühen Werken noch vorhande-
nen komischen Elemente werden im Laufe seines Schaffens immer seltener, so dass
Pariati ab 1722 auf diesem Gebiet in Wien wieder seine eigenständige Produktion
fortführt.
Den Höhepunkt ihrer Kooperation auf komischem Gebiet stellt ohne Zweifel
die am 6. Februar 1719 aufgeführte Faschingsoper Don Chisciotte in Sierra Morena.
Tragicommedia per musica in fünf Akten mit der Musik von F. B. Conti und Matteis
dar. In fünf Bühnenbildern von Giu. Galli Bibiena mit zwei Balletteinlagen von Le-
vassori und einer von Phillibois wird der aus dem Roman von Cervantes bekannte
Titelheld in Begleitung seines Dieners Sancio in ein wildes Gebirge verschlagen, wo
er den seltsamsten Menschentypen begegnet. Im Zentrum der Handlung stehen die
717 Campanini: Un precursore del Metastasio, S. 81.
718 Vgl. Catalogo de’ drammi composti dal Sig. Apostolo Zeno con la dichiarazione de’ luoghi e de’ tempi
in cui l’Autore li ha pubblicati. Venedig 1735. Textausgaben in: Poesie drammatiche […] per cura di
Gasparo Gozzi. 10 Bde. Venedig 1744. – Poesie drammatiche. 11 Bde. Orléans 1785–86. – Poesie dram-
matiche. 12 Bde. Turin 1795.
719 Vgl. Willy Pietzsch: Apostolo Zeno in seiner Abhängigkeit von der französischen Tragödie. Leipzig
1907. – Max Fehr: Apostolo Zeno (1668–1750) und seine Reform des Operntextes. Ein Beitrag zur Ge-
schichte des Libretto’s. Zürich 1912.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549