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Von der Spätaufklärung zur
Frühromantik496
Musikdrama Il marchese villano nicht nur 1776 in Wien und 1778 in Prag wieder-
holt wird, sondern der auch mit anderen Drammi giocosi per musica wie Le serve ri-
vali (Musik von Tommaso Traetta, Wien 1767), La sposa fedele (Musik von Pietro
Alessandro Guglielmi, Wien 1769, 1778, 1780–82 und 1787 sowie Esterháza 1778),
L’amore senza malizia (Musik von Bernardo Ottani, Laibach 1773), Il Carnovale (Lai-
bach 1773), La lavandara astuta (Musik von David Perez, Prag 1775) und L’orfana
perseguitata (Musik von Antonio Boroni, Wien 1777) auf österreichischen Bühnen
zahlreiche Erfolge feiert.
Der Romancier und Dramatiker Chiari gilt in der italienischen Literatur-
geschichte als einer der erbittertsten Gegner des wohl erfolgreichsten Libret-
tisten seiner Zeit auf dem Gebiet des Dramma giocoso per musica, Carlo Goldoni,
weil er 1749 dessen Komödie La vedova scaltra mit seinem an Molière inspirierten
Stück La scuola delle vedove parodiert und damit indirekt, durch die heftig geführte
Auseinandersetzung,831 im November 1749 den Anlass für die Wiedereinführung
der öffentlichen Zensur der venezianischen Theater liefert. Als 1753–54 Chiari
Nachfolger Goldonis als Bühnenautor des Teatro Sant’Angelo wird, beginnt der
gnadenlose Konflikt zwischen den in Goldonisti und Chiaristi gespaltenen vene-
zianischen Intellektuellen bzw. dem ebenso gespaltenen Theaterpublikum, in des-
sen Verlauf Goldoni die äußerst wechselhaften Sympathien der Zuschauer nur allzu
deutlich bewusst werden. Der Konflikt erreicht seinen literarischen Höhepunkt am
25. Januar 1761, als die Truppe von Antonio Sacchi im Teatro San Samuele L’amore
delle tre melarance, eine an Giambattista Basiles Märchensammlung Lo cunto de li
cunti (1634–36) inspirierte dramatische Fabel von Carlo Gozzi, spielt, worin sowohl
Goldoni als auch Chiari verrissen werden. 1762 geht Goldoni verbittert nach Paris,
wo er 1793 stirbt.
Der 1707 in Venedig geborene Goldoni schafft sich schon ab 1740 mit seinen
ersten Musikdramen wie Gustavo primo re di Svezia und Oronte re de’ Sciti, beide
vertont von Baldassare Galuppi, sowie mit Statira (Musik von Piero Chiarini) ei-
nen Ruf als Librettist, der sich auch an die beliebten Stoffe des spätbarocken Mu-
siktheaters heranwagt. Die im Herbst 1742 erstmals in Venedig mit der Musik
von Giacomo Maccari (1700–44) gespielte, bereits genannte Commedia per musica
La contessina wirkt gegenüber den oben erwähnten historisch-exotischen Stoffen
durch ihre zeitgenössischen Orte der Handlung geradezu revolutionierend und
gleichzeitig klassisch gemäßigt in ihrer Kritik am Verhalten des neureichen Bür-
831 Vgl. Prologo apologetico alla commedia intitolata ‚La vedova scaltra‘ contro le critiche contenute nella commedia
intitolata ‚La scuola delle vedove‘ (In: Tutte le opere di Carlo Goldoni. A cura di Giuseppe Ortolani. 14 Bände.
Mailand 1935–56, Bd. 2, S. 409–414).
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549