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513Die
neuen Leidenschaften im Libretto
Laxenburg erstmals aufgeführt und drei Jahre lang im Burgtheater gespielt wird.
Außerdem sind Aufführungen des Werkes 1785 in Prag, 1787 im Kärtnertortheater
in Wien und 1796 in Laibach nachweisbar. Die durch den Eintritt in die bekannte
Grotte von Trofonio ausgelösten Gefühlsumschwünge führen zu einer Reihe von
heiteren Missverständnissen, die zu lächerlich philosophischen Betrachtungen über
das Leben überleiten.
Casti ist mit seinem Libretto Prima la musica e poi le parole. Divertimento teatrale
auf Seiten Salieris an dem berühmten Wettbewerb zwischen italienischem und deut-
schem Musiktheater am 7. Februar 1786 in der Orangerie von Schönbrunn betei-
ligt, in welchem Mozart mit Der Schauspieldirektor von Johann Gottlieb Stephanie
d.J. unterliegt.896 Casti gelingt in seinem von Salieri charmant umgesetzten Libretto
eine äußerst überzeugende Parodie der Opernindustrie seiner Zeit, deren Realität
ganz anders aussieht, als der Titel ankündigt:
In diesem Stück verlangt der Auftraggeber Graf Opizio zum Entsetzen der Betei-
ligten, binnen vier Tagen eine Oper für ein Fest fertigzustellen. Es bleibt nichts
anderes übrig als ältere Werke aus der Schublade herauszuziehen und neu zu
adaptieren, wobei aber der Librettist das Nachsehen hat: er muß sich am meisten
den Wünschen der Sänger und des Maestro beugen.897
Nach der Aufführung von Democrito corretto. Dramma comico mit der Musik von Dit-
ters von Dittersdorf 1787 in Wien unternimmt Casti wieder ausgedehnte Reisen
nach Südosteuropa, um sich erst nach dem Tod von Joseph II. 1790 wieder um die
Stelle des Hofdichters zu bewerben. Nach den Turbulenzen wegen der kurzen Re-
gierungszeit und des frühen Todes von Leopold II. erreicht er tatsächlich im März
1792 von Kaiser Franz II. (1768–1835) seine Bestellung zum Poeta cesareo, allerdings
mit dem mehr als bescheidenen Gehalt von 2.000 Gulden, also der Hälfte der übli-
chen Entlohnung. Seine in den folgenden Jahren entstehenden Libretti werden wohl
wegen der durch die Revolutionskriege zunehmend schwierigen Lage nicht mehr
vertont und erst später in Sammelausgaben veröffentlicht. Casti beginnt vermutlich
noch vor seiner Abreise aus Wien 1798898 mit der Abfassung seines satirischen Ge-
dichts Gli animali parlanti, das er 1802 in Paris veröffentlicht, wo er 1803 stirbt.
896 Vgl. Paolo Budroni (Hg.): Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen? Das Fest in der Orangerie zu
Schönbrunn vom 7. Februar 1786. Göttingen 2008.
897 Hager: Die Opernprobe als Theateraufführung, S. 104.
898 Vgl. Gualtiero Boaglio: „Dem Casti ist der Aufenthalt in Wien künftig nicht mehr zu gestatten“. Giam-
battista Casti, poeta cesareo, illuminista, persona non grata. In: Siegfried Loewe / Alberto Martino / Al-
fred Noe (Hg.): Literatur ohne Grenzen. Festschrift für Erika Kanduth. Frankfurt a. M. 1993, S. 34–49.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549