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Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre | 193
Noch im November 1565 wurde an die Handwerker kein Lohn ausbezahlt, weil weni-
ger Geld bereitgestellt worden war als veranschlagt. Über 11.000 Gulden fehlten, doch
hatten die Kammerräte nur 3.000 bis 4.000 Gulden verordnen wollen. Eiseler mahnte,
dass er keine recht geschaffenen Handwerker mehr bekäme, wenn die entsprechende
Summe fehle, denn auch diese müssten sich wegen der ausstehenden Zahlungen ver-
schulden.275 Noch 1566 sollten einige Arbeiten wie die Vollendung der Biberbastei
und von Teilstücken der Kurtine beim »Neuen Werdertor« (= Neutor) sowie zwischen
der Bastei bei den Predigern und der Biberbastei fortgesetzt werden. Dies könne je-
doch nur geschehen, wenn um die 40.000 Gulden dafür bereitgestellt würden.276 Aus
den folgenden Jahren sind kaum schriftliche Belege zum Befestigungsbau erhalten, die
uns über den Fortgang oder die Einstellung desselben aufklären könnten.277
5.1.4.7 Arbeiten am Stadtgraben
Aus dem Jahr 1563 ist überliefert, dass im Bereich des Stubentores ein Wasserlauf,
auch »Möring« genannt, dessen hölzerne Rinne verfault sei, nicht mehr in den Stadt-
graben geleitet werden solle, da dieser bei starken Regenfällen so viel Material mit
sich führe, dass der Graben damit angeschüttet würde. Man entschied sich, diese Ab-
wasserrinne unter der Erde aus Mauerwerk herzustellen und vom Stubentor in den
Sauwinkel zu führen.278 Nach wie vor war nicht entschieden, ob der vor fünf Jahren
geplante Stadtgraben zwischen Biberbastei und Rotenturm ausgehoben werden sollte
oder nicht. Baumeister Francesco Theobaldi hatte nämlich ein Jahr zuvor vorgeschla-
gen, hier einen Platz zu errichten, doch sei die Entscheidung noch nicht gefallen.279
Aus einem weiteren, undatierten Bericht Eiselers erfahren wir, dass die drei Baumeister
und Eiseler selbst einem Platz statt einem Graben zwischen Biberbastei und Roten-
turm den Vorzug gaben.280 Die äußere Mauer sollte um so viel verlängert werden, dass
275 Camesina, Urkundliche Beiträge, 85–86 Nr. XXXIII.
276 Camesina, ebd., 86 Nr. XXXIII, und 87 Nr. XXXIV.
277 Eberle, Wien als Festung, 224. Die Protokollbücher des Hofkriegsrates geben nur in knappen Sätzen
ohne weitere Details Auskunft über geplante Bautätigkeiten (KA HKR Protokollbücher der Jahre 1568–
1570 passim) vor allem am Arsenal, bei der »Schottenbastei«, der alten Mauer am Wall bei den Schotten
und über die Herstellung der »Schlacht« (Uferbefestigung) vor der Piattaforma und dem Rotenturm.
278 Camesina, Urkundliche Beiträge, 85 Nr. XXXII. Der Sauwinkel befand sich laut dem Hirschvogel-
Plan von 1549 im Bereich der Biberbastei, siehe dazu auch : https://www.wien.gv.at/wiki/index.php/
Sauwinkel (17.7.2015).
279 Camesina, ebd., 83 Nr. XXX.
280 Dies scheint auch so umgesetzt worden zu sein, denn in den »Angielini«-Plänen von Wien und in den
Befestigungsskizzen von Bartolomeo de Rocchi und Carlo Theti (unten Anhang 9.7, S. 489 Nrr. 19
und 21 ; vgl. zu ersterem auch unten nach S. 312 Tafel 11) ist diese Situation dargestellt.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Title
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Subtitle
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Authors
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499