Page - 234 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
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234 | Christoph Sonnlechner
an die dafür vorgesehenen Stellen geführt werden.46 Dieses Bebauungsverbot wurde
mehrfach wiederholt, aber nicht eingehalten, sodass dieser Befehl insbesondere unter
Betonung der Absiedlung der Gewerbe mit Wasserbedarf bis 1675 weitere neun Male
erteilt werden musste.47
6.2.3 Die östlichen Vorstadtareale auf den »Angielini«-Plänen
Die Gewerbe mit Wasserbedarf stehen ganz offensichtlich auch im Fokus der Darstel-
lung des Karlsruher und Dresdner »Angielini«-Exemplars, in denen der Wienfluss und
der Mühlbach entlang der östlichen Stadtmauer samt anschließender Bebauung de-
tailreich ausgeführt wurden (Abb. 42). Dem Versuch einer Beschreibung der Vorstadt-
areale, die im Falle des Karlsruher und Dresdner Exemplars einigermaßen detailreich
wiedergegeben sind, müssen ein paar grundsätzliche quellenkritische Bemerkungen
vorangestellt werden. Da es sich bei allen drei »Angielini«-Plänen um kartografische
Produkte mit militärischem Hintergrund handelt, kann davon ausgegangen werden,
dass zumindest die dargestellte Topografie sowie die Nutzungsstrukturen nicht nur
dekorativen Charakter haben. Inwiefern einzelne gezeigte Bauwerke oder Hofstruk-
turen einen realen Hintergrund aufweisen oder lediglich als Signaturen zu verstehen
sind, wird auszuloten sein. Dafür müssen die schriftliche Parallelüberlieferung und
darstellendes Material aus der Zeit mit ebensolchem militärischen bzw. planerischen
Hintergrund herangezogen werden. Konkret sind das Überlegungen der Hofkriegsräte,
für die ja die Angielinis vielfach gearbeitet haben.48 Diese sind insbesondere in den
Beständen des Wiener Kriegsarchivs überliefert.49 An Plänen sind für einen Vergleich
in erster Linie die 1547 datierten Arbeiten von Wolmuet und Hirschvogel (Anhang
werden doch ir.k. mt. erinndert, das solliche irer mt. bevelch nicht gelebt werde unnd sonnderlich das auch ainenn
weißgärber, unangesehen irer k. mt. bevelchs von neuem ain ganntz haus auf der Wienn, ungevarlichen dreytz-
echen khlaffter weit vonn ter stat pasteyn, nicht allain von holtz sonnder vonn stainwerch mit ainem kheller
erpaut worden sey, des dann irer k.m. zu gestaten khains wegs gemaindt. Unnd ist dannach irer mt. bevelch,
des bürgermaister unnd rath der stat Wienn ernnstliche verordnung thuen, das nit allain dasselbis des gärbers
haus, sonnder auch alle andere heusser, stadl unnd gepeuw so sy vor irer k. Mt. verpotts wider angeregte ord-
nung erpaut, weggethann unnd nidergerissen, auch hinfurt durch iren camerer unnd in ander weeg, ir vleissig
aufsehen haben, das angeregter gegebenen maß unnd ordnung bey irer mt. ungennad unnd straff nicht zuwider
gepauet werde.
46 KA HKR Akten 2, Expedit 119, 1558 Februar fol. 303r, bezieht sich bereits auf das Jahr 1557 und darauf,
dass dieses Verbot schon mehrfach ausgesprochen wurde, vgl. auch fol. 318r.
47 Siehe dazu oben im Kapitel Festung, S. 179 Anmm. 195‒197.
48 Vgl. Kapitel »Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis« in diesem Buch, S. 38–44.
49 KA HKR und AFA. Für unkomplizierten Zugang und Benützung dieser Unterlagen sowie wertvolle
Hinweise sei dem Bestandsverantwortlichen, Michael Hochedlinger, sehr herzlich gedankt.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Title
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Subtitle
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Authors
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499