Page - 216 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
Image of the Page - 216 -
Text of the Page - 216 -
216 | Christoph Sonnlechner
man den oben bezifferten jährlichen Abgang von 862 Pfund Pfennig auf 1.000 Stück
Ziegel um, so ergibt das Kosten von 3 sol 24 den. Wenn man dazu noch die zuvor er-
wähnten 1 tal 6 sol 15 den für Holzbeschaffung und Ziegelbrennen rechnet, würde auf
1.000 Stück Ziegel der Stadt ein Schaden von 2 sol 9 den entstehen.
Die Argumentation wird mit einem Vergleich fortgesetzt : Man könne natürlich
die Ziegel an anderen Orten, wo das Holz näher läge, zum Beispiel in Korneuburg,
Klosterneuburg, Mödling oder Guntramsdorf, für 2 tal kaufen. Nur wären die Ziegel
von dort erstens kleiner, und zweitens würde der Transport von dort mit 22 sol zu
Buche schlagen. Überdies seien sie schwer zu bekommen. Das würde also einen noch
größeren finanziellen Schaden bedeuten. Deshalb baten die Wiener den Kaiser, den
Preis zu akzeptieren.
Wie der Streit ausging, ist nicht überliefert. Die gewonnenen Einblicke sind aller-
dings ungemein wertvoll, denn wir erfahren daraus einiges über die Ressourcensitua-
tion im Wiener Umland sowie die Arbeitsorganisation.
5.2.2.2 Ressourcenknappheit führt zu Innovation
In den 1550er und 1560er Jahren wurden Millionen von Ziegeln für die Befestigungs-
anlagen hergestellt. Die Herstellung von Ziegeln erforderte eine große Menge an
Energie. Schnell nachwachsende Holzarten aus den Auwäldern waren der primär
verwendete Energieträger. Die ersten vier Ziegelöfen wurden 1548 im Burggraben
errichtet. Im Jahr 1549 folgten, wie oben ausgeführt, zwei weitere. Insgesamt wissen
wir von zehn Öfen.358
Die Ziegelproduktion hing stark von der Verfügbarkeit von Lehm ab. War diese
gesichert, so musste dieser abgebaut, vorbereitet, geformt, getrocknet und gebrannt
werden. Schließlich wurden die Ziegel sortiert und für die Verarbeitung bzw. den Ver-
kauf vorbereitet. Die Erzeugung erfolgte in den bereits erwähnten Ziegelhöfen, die
meist städtisch, aber auch privat geführt sein konnten. Städtische Ziegelhöfe waren
meist unter der Kontrolle des Stadtrats.359 Ihr Betrieb war – wie oben dargestellt –
aufwendig und teuer, die Arbeiten erforderten gute Planung.
bis 30.000 Ziegeln bis ca. 100.000 Ziegeln pro Meiler im spätmittelalterlichen Holland. In England
waren die Zahlen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhundert noch deutlich höher und lagen zwischen
124.000 und 300.000 Ziegeln. Es fanden zwei bis vier Feuerungen pro Jahr statt.
358 Das Unterkapitel »Ressourcenknappheit führt zu Innovation« wurde von Christoph Sonnlechner und
Verena Winiwarter für einen Vortrag auf der 7th International Conference of the European Society for
Environmental History (ESEH), München 21.‒24. August 2013 in Session 2I «Early modern resource
conflicts in the Viennese Danube’s Riparian Zone” erarbeitet.
359 Bernotas, Brick-Making, 141.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
back to the
book Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini"
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Title
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Subtitle
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Authors
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499