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Abb. 23: Detail aus dem ersten Gesamtentwurf der Decke:
„Franz I. mit dem bürgerlichen Gesetzbuch“; Bleistift, geripptes
Papier, gesamt 270 x 450 mm; Universität Graz, Institut für
Kunstgeschichte. Abb. 24: „Franz I. mit dem bürgerlichen Gesetzbuch“;
Aquarell über Bleistift, dickes Velin-Papier (Aquarellpapier),
195 x 260 mm; Nö. Landesmuseum, Inv. Nr. 7000/353.
Die Szene verweist auf die Neuerungen im
österrei-chischen
Rechtssystem, die unter Franz I. eingeführt
wurden:
„Des Kaisers Wahlspruch ,justitia regnorum fundamentum‘
[die Grundfeste der Staaten ist die Gerechtigkeit] fand in
der österreichischen Gesetzgebung als Grundsatz die
umfaßendste Anwendung. Das Strafgesetzbuch vom Jahre
1804 und das am 1. Jänner 1812 in Kraft getretene bürger
liche Gesetzbuch […] sind ewige Denkmäler der Weisheit
des Kaiser Franz als Gesetzgeber.“60
Franz I. wird hier im Krönungsornat dargestellt, so wie
ihn Kupelwieser 1837 auf einem für die Franzensburg
bestimmten ganzfigurigen Porträt darstellte.61
Dieses Aquarell hat große Ähnlichkeit mit einem
wei-teren
Aquarell Kupelwiesers, das sich im Familienbesitz
befindet.62 Eine Vorstudie dazu fand sich in dem am
Gra-zer
Kunstgeschichte-Institut wiederentdeckten Konvolut
von Zeichnungen Leopold Kupelwiesers. Das Bild zeigt
den Nachfolger Franz I., Ferdinand I., der im
Krönungs-ornat
auf einem erhöhten Thron sitzt, auf dem Haupt
trägt er die rudolfinische Krone und in der Rechten hält
er das Zepter. Mit der Linken deutet er auf eine der
bei-den
geflügelten Figuren rechts und links vom Thron, die
dem versammelten Volk zwei Tafeln präsentieren, auf
denen „Constitution“ und „Das freie Wort“ zu lesen sind.
Um den Thron scharen sich mit Gewehren und Säbeln
bewaffnete Männer, die auf den Kaiser deuten und ihm
den Treueid schwören. Unter ihnen erkannte Rupert
Feuchtmüller63 Familienmitglieder Kupelwiesers. Auch
hier eröffnet sich im Hintergrund eine Aussicht auf die
Stadt Wien mit dem Turm des Stephansdomes. Das Blatt
ist auf der Rückseite mit „Leopold Kupelwieser 1848“
sig-niert.
(Abb. 25, 26) Der aktuelle politische Anlass dieses
Bildgegenstan-des
findet sich in den Ereignissen zwischen der März-
und der Oktoberrevolution 1848. Wahrscheinlich nimmt
die Darstellung Bezug auf die Pillersdorfer Verfassung
vom 25. April und das neue Pressegesetz vom 31. März
1848. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang die
Tat-sache,
dass Kupelwieser für die beiden Bilder, die sich an
den prominentesten Stellen innerhalb des Zyklus
befin-den
– das Mittelbild und das Bild, das sich über dem Sitz
des Praeses der niederösterreichischen Regierung
befin-den
soll –, einen ähnlichen programmatischen
Leitge-danken
formulierte, nämlich die Gründung der
Herr-schaft
auf Recht und Gesetz.
Zu dieser Darstellung Ferdinands könnte Kupelwieser
durch ein Wandgemälde der Münchner
Hofgartenarka-den
angeregt worden sein, das König Maximilian Joseph I.
zeigt, der seinem Volk im Jahr 1818 die
Verfassungs-urkunde
überreicht.64 Im Erklärungstext zu dem Bild
heißt es:
„Am 26ten May 1818, dem Geburtstage des Königs Maxi
milian feyerte ganz Bayern das Geschenk der Verfassungs
Urkunde, aus dem Gemüth eines Monarchen hervorgegan
gen, der das Glück seines Herzens und den Ruhm seines
Thrones in der Liebe seines Volkes fand.“65
60 Ziegler (1843 – 1849) 3. Bd., p. 350.
61 Vgl.: Feuchtmüller (1970) p.
265.62
WV r. 666. Auf der Rückseite bezeichnet: „Kupelwieser 1848“. Vgl.:
Ebd. p.
277.63
Ebd.64
Ausgeführt von Dietrich Heinrich Maria Monten nach einem
Konzept von Peter
Cornelius.65
Zit. nach: Röckel (1830) p. 39.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Author
- Sigrid Eyb-Green
- Publisher
- Bibliothek der Provinz
- Location
- Weitra
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Size
- 24.0 x 27.0 cm
- Pages
- 312
- Keywords
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306