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128 kriege; er zeigt in seinem Aquarell Die Brüder Murhofer
(1810) drei Brüder, die ihrem alten, kranken Vater beim
Abschied einen Schwur leisten. In jedem Fall bleibt diese
Formel Ausdruck für Opferwillen und Vaterlandsliebe der
einfachen Bürger, die hier zu den eigentlichen Helden
der Geschichte werden.
Wie in zwei anderen rautenförmigen Bildfeldern –
Die Türkenkriege und Der Wiener Kongress – gestaltete
Kupelwieser auch hier den schmalen, räumlich durch
die Ecke von der übrigen Komposition abgetrennten
Bildstreifen mit einer eigenständigen und auch
unab-hängig
vom Gesamtkontext des Gemäldes lesbaren
Figu-rengruppe.
(Abb. 183) In diesem Fall handelt es sich
dabei um das Motiv des jungen Mannes, der von seinen
Eltern Abschied nimmt. Unschwer lässt sich hier das zu
der Zeit überaus beliebte Thema vom Abschied des Land
wehrmannes erkennen, ein Bildtypus, den Johann Peter
Krafft mit seiner gleichnamig betitelten Komposition
nachhaltig prägte. 1813, am Höhepunkt der
Freiheits-kriege,
in denen sich besonders die in der Landwehr
organisierten Freiwilligen auszeichneten, schuf Krafft
ein Gemälde, das den Aufbruch eines Bürgers in den
Kampf gegen Napoleon zeigt. Die unmittelbare
politi-sche
Aktualität der Darstellung war zu einer Zeit, als
vaterländische Maler stets Themen aus der weit
zurück-liegenden
Vergangenheit wählten, einzigartig und
erregte großes Aufsehen. Das Gemälde wurde in einer
von Krafft eigens angefertigten Bretterbude auf der
Bas-tei
ausgestellt, später auf der akademischen
Kunstaus-stellung
gezeigt und darauf für die kaiserliche
Gemäl-desammlung
angekauft. Die Stiche von Carl Rahl d. Ä.
und Blasius Höfel sorgten darüber hinaus für eine weite
Verbreitung des Sujets, das in unzähligen
Nachahmun-gen
mit oft stark sentimentalem und episodenhaftem
Charakter weiter
wirkte.463Vancsa
weist weiters auf die Ähnlichkeit der
Figuren-gruppe
in Kupelwiesers Gemälde zu einem Detail in Julius
Schnorr von Carolsfelds Fresko Das Frankenheer Kaiser
Karls des Großen in Paris (1826, Casino Massimo, Rom)
hin. Im Mittelgrund erkennt man hier einen jungen
Mann, der sich dem Heer Karls des Großen anschließt;
er wendet sich im Vorwärtsschreiten noch einmal zurück
zu seiner Mutter, die ihm nacheilt und ihre Linke auf
seine Schulter legt, um ihn zurückzuhalten; wie in
Kupel-wiesers
Wandbild ist die Mutter in Rückenansicht
darge-stellt
und ihr Gesichtsausdruck nicht sichtbar, alle
Emo-tion
wird in die verzweifelte Geste gelegt. Tatsächlich ist
das Gemälde Carolsfelds auch thematisch mit dem
Wie-ner
Aufgebot verwandt, auch hier „eilen Waffenkundige
Bürger zur Verteidigung der Stadtmauern
herbei“.464Die
Gestaltung der Figurengruppe bei Kupelwieser
folgt darüber hinaus einem Muster aus dem Motivvorrat 463 Zur Heranbildung des Themas und zur Rezeptionsgeschichte des
Gemäldes Abschied des Landwehrmannes vgl: Frodl-Schneemann
(1984) p. 38ff. Krafft selbst malte noch zwei weitere Versionen des
Bildes (1817 und 1820). In der Tradition von Kraffts Gemälde
wären unter anderem folgende Werke anzuführen: Albert
Schind-ler:
Die Witwe des Landwehrmannes (1836) und Der letzte Abend des
zu Tode verurteilten Soldaten (1840). Als die
propagandistisch-politische
Funktion mit Ende des Krieges wegfiel, begann der
sentimentale Moment zu überwiegen und das Thema wurde
zunehmend trivialisiert. Vergleiche etwa: Ein Handwerksbursche
nimmt Abschied von der Geliebten (ebenfalls von Carl Schindler,
ausgestellt auf der St. Anna Ausstellung der Akademie der
bilden-den
Künste 1836) oder Der Abschied des Urlaubers von Johann
Matthias Ranftl, Ludwig Schnorr von Carolsfelds Abschied des
Herzogs von seiner Familie und mehrere in der Landschaft
gebun-dene
genrehafte Abschiedsszenen von
Waldmüller.464
Zit. nach: Fastert (2000) p. 192.
Abb. 183: Karton
„Die Aufgebote von 1797“,
Seitenteil: „Abschiedsszene“;
Kohle, dickes, geripptes
Papier mit rauer
Oberfläche (Packpapier),
2380 x 690 mm;
Nö. Landesmuseum,
Inv. Nr. 774.
biblischer Bildsprache. In der Darstellung des
aufbre-chenden
Sohnes, der sich zu seiner Mutter zurückwendet,
die in flehend zurückhaltender Geste ihren Arm um seine
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Author
- Sigrid Eyb-Green
- Publisher
- Bibliothek der Provinz
- Location
- Weitra
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Size
- 24.0 x 27.0 cm
- Pages
- 312
- Keywords
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306