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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
Page - 159 -
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159 in alle vier Himmelsrichtungen die Gestalt eines Kreu-zes erkennen wollte.537Auch Hormayr fügt, in Zusammenhang mit Joseph II., einen Exkurs über die Verbindung der Herrscherfamilie mit der Kirche ein und nennt dafür dieselben Stationen in der Geschichte der Dynastie: Er bezeichnet die Epo-che unter Joseph II. als „[…] eine der herrlichsten Fulgurationen jenes ewigen Lichts, das aus Rudolphs Begegnung mit dem Priester auf der Jagd eine ganze Weltgeschichte entzündet, das Ferdi­ nanden vor dem Crucifix und Theresien auf dem Landtage zu Preßburg gestärkt und ihnen unerwartete Retter erweckt.“538Die zweite allegorische Figur zur Linken des Kaiserport-räts, ein Jüngling mit Schwert und Maurerkelle, versinn-bildlicht Ferdinands Kampf gegen den Protestantismus und seine Stärkung der Kirche, auf die der Bau des Tem-pels (Nehemia 4, 12) bezogen ist. Der Sieg des Feldherrn Tilly in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag 1620 mar-kierte schließlich den Beginn der militärischen Domi-nanz der katholischen Liga. lassen, Ferdinand, Mut zugesprochen.532 Kurz danach wurde Ferdinand von einem wallonischen Kürassierregi-ment aus seiner Bedrängnis gerettet. Caroline Pichler widmete der Begebenheit das Gedicht Kaiser Ferdi­ nand II. und schildert die Szene mit dem Kruzifix wie folgt: „Und wie er mit Gott im Gebete ringt,/da schweiget der Sorgen Getümmel,/ein leiser Ton in der Seel’ ihm erklingt, als käme die Stimme vom Himmel;/jetzt glaubt er der Töne Sinn zu fassen: ,Ich werde dich, Ferdinand, niemals ver­ lassen!‘“533In Anton Zieglers Gallerie der österreichischen Vaterlands­ geschichte findet sich jene Szene unter dem Titel Ferdi­ nand II. betet zum Kruzifix, von protestantischen Stände­ vertretern bedrängt.534 Auch Carl Ruß nahm das Motiv in seiner Serie von Feder- und Pinselzeichnungen zur Geschichte Wiens auf535 und betitelte es Die Standhaftig­ keit Kaiser Ferdinands II. gegen die verwegenen Protestan­ ten 1619. Während von rechts vier Protestanten durch das geöffnete Fenster in den Raum stürzen und Ferdi-nand bedrängen, bleibt dieser unbeirrt, mit flehend erhobenen Händen betend vor dem Kruzifix knien.Das sogenannte Kaiser­ Ferdinand­ Kruzifix wurde in der Folge zum Gegenstand allgemeiner Verehrung. Die junge Maria Theresia nahm das in der Schatzkammer zu Wien aufbewahrte Kreuz 1741 unter Berufung auf die beschriebene Überlieferung auf den entscheidungs-schweren Reichstag zu Pressburg mit und ließ es nach ihrer Rückkehr zwei Wochen lang öffentlich in der Kam-merkapelle verehren. Aufgrund des großen Andranges ordnete sie schließlich an, das Kreuz in der Hofburgka-pelle allgemein zugänglich auszustellen, 1748 wurde es in den Tabernakel der Kapelle eingefügt. An dieses für heilig gehaltene Kruzifix war bis zum Ende der Monar-chie die Tradition der Kreuzverehrung der Ahnen geknüpft, was auch darin zum Ausdruck kam, dass noch Kaiser Franz Joseph sterbenden Mitgliedern der Familie das Ferdinand-Kreuz ans Krankenbett bringen ließ.536 Für die Kreuzesfrömmigkeit der Habsburger wurden bereits von barocken Schriftstellern zahlreiche Beispiele genannt. Rudolfs Königtum war von Beginn an durch die volkstümliche Überlieferung der Belehnung mit dem Kreuz – im Statthalterei-Zyklus ebenfalls allegorisch angedeutet – eng an das Kreuz-Symbol geknüpft. Das Motiv setzt sich fort in der weißen Wolke in Kreuzform, die bei seiner Krönung in Aachen erschienen war, im Vorantragen des Kreuzes durch Rudolfs Sohn Albrecht in der Schlacht gegen Ottokar, in der Errichtung der Kreuzkirche in Tulln nach dem Sieg über den Böhmen-könig bis hin zur Vorstellung des Jesuiten Hortensio Pal-lavicini, der in der Ausdehnung des Habsburgerreiches 532 Coreth (1982) p. 41. 533 Caroline Pichler: Kaiser Ferdinand II. Zit. nach: Pennersdorfer (1879) p. 212.534 Ziegler (1837) Bild Nr. 75.535 Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, PK 783A, Abb. Nr. 144, vor 1843.536 Coreth (1982) p. 41.537 Ebd. p. 38f.538 Hormayr (1817) 1. Bd., p. 159.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Das zusammengedrängte Gedenken
Author
Sigrid Eyb-Green
Publisher
Bibliothek der Provinz
Location
Weitra
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Size
24.0 x 27.0 cm
Pages
312
Keywords
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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