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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
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170 zwei in der Art von Steinmosaik570 gemalte Tischplatten in der Kunstausstellung aus, für die er vom polytechni-schen Verein mit einer Silbermedaille ausgezeichnet wurde. Herzog Maximilian Joseph von Bayern finanzierte darauf sein Studium an der Universität in Landshut in den Fächern Mineralogie, Chemie und Physik. 1831 machte er seine Rekonstruktion der antiken Wachsmale-rei, die sich bald gegen die Klenze-Monabert’sche Enkaustik durchsetzen sollte, der Bayrischen Akademie der Wissenschaften bekannt571 und wurde in der Folge damit beauftragt, die in Forchheim entdeckten, angeblich aus der Zeit Karls des Großen stammenden „enkausti­ schen“ Gemälde zu restaurieren. Julius Schnorr von Carolsfeld, der bei seinen Arbeiten am Nibelungen-Zyklus in der Münchner Residenz schlechte Erfahrungen mit dem Fresko gemacht hatte, unterzog 1837 Fernbach’sche Enkaustik-Proben mit Erlaubnis König Ludwigs einer eingehenden wissen-schaftlichen Prüfung, welche die Dauerhaftigkeit der Technik bestätigte. „Da von dem angewendeten Material die Dauer des Werkes abhängt, welches Se. Maj. der König mir übertrugen, daß es auf die Nachwelt übergehen und eine bleibende Zierde der königlichen Residenz werden solle, so müssen gründliche Prü­ fungen mit den Mitteln und auf dem Wege der Chemie vor­ angehen, ehe eine gewissenhafte und den Erfolg sichernde Entscheidung möglich wird.“572,schreibt Schnorr 1837 an König Ludwig. „Hier lernen wir es schmerzlich beklagen, daß die Münchner Schule, die einem eigentlich historischen Style ohne Vergleich am nächsten steht, über ihrer einseitigen Beschäftigung mit der Freskomalerei die tiefere Durchbildung des Einzelnen vernachlässigt hat. Und doch ist diese individuelle Gestal­ tung ein Element, welches unsere Kunst, wenn sie eine tüch­ tige Historienmalerei gebären soll, ein für allemal nicht mehr entbehren kann. […] Sodann sind die großen Gesamtauf­ träge Alle für Ausführung in Fresko geschehen, während unsere Zeit neben dem dramatisch­ historischen Inhalt eine individuelle Tiefe des Einzelnen verlangt, die nur der Oel­ malerei zu Gebote steht.“564 Vergleiche zwischen der Ölmalerei und der Freskotechnik fallen im Urteil der Kritiker nun stets zugunsten Ersterer aus, und auf die Maler selbst wirkten die Anforderungen des Freskos nicht mehr belebend, sondern lähmend.Als Konsequenz versuchten Künstler, die zunehmend als schwerfällig empfundene Freskotechnik zu modifizie-ren, um sie den neuen Forderungen anzupassen. So etwa berichtet Moritz von Schwind von einer neuen Malweise, die er bei seinen Fresken in der Wartburg anwendete: „Vom halben Mai bis Ende August war alles fertig, was größ­ tenteils dadurch möglich wurde, daß ich mich von den bis jetzt in München gültigen Gesetzen des Freskomalens voll­ kommen emanzipierte und die Wand behandelte wie einen Bogen Papier, auf den man mit Lasuren malt. Bei weißen Gewändern ließ ich den Mörtel stehen, bei hohen Farben trug ich die Farbe dünn auf.“565Mit der Maltechnik allein konnte allerdings nicht Abhilfe geschaffen werden, und die als Mangel empfundene Schwerfälligkeit der Freskotechnik führte zu zahlreichen innovativen Experimenten in der Forschung, die oft in Zusammenarbeit von Chemikern und Malern oder ehe-maligen Malern betrieben wurde. Dabei wurde zunächst auf geschichtlich überlieferte Techniken zurückgegriffen. Erste systematische For-schungen auf dem Gebiet der Enkaustik sind 1829 nach-zuweisen566, als Jacques-Nicolas Montabert seine Schrift Traité complet de la peinture in Paris publizierte. Schon im Februar desselben Jahres erhielt der Lederermeister Johann König in Wien ein Privileg auf die Erfindung und Erzeugung des „punischen eliodorischen Wachses zum Gebrauche in der Enkaustik“.567 1831 schuf Johann Peter Krafft568 in der Wiener Hofburg drei monumentale Gemälde in Enkaustik-Technik.569 In Deutschland experi-mentierte Franz Xaver Fernbach zunächst mit unter-schiedlichen Malmaterialien. Er studierte drei Jahre an der Akademie der bildenden Künste in München und verdiente seinen Lebensunterhalt mit dem Bemalen ver-schiedenster Gegenstände, wodurch er rasch mit unter-schiedlichen Techniken vertraut wurde. 1820 stellte er 564 Burckhardt, J.: Bericht über die Kunstausstellung zu Berlin im Herbste 1842. Zit. nach: Droste (1980) p. 52f. 565 Stoessl (1924) p. 352.566 Versuche, die antike Technik der Wachsmalerei zu rekonstruieren, gehen bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts zurück, als Comte de Caylus nach Reisen zu den Ausgrabungsstätten von Herculaneum und Pompej 1752 seine Versuche auf diesem Gebiet der franzö-sischen Akademie der Maler ankündigte und 1753 an der Akade-mie der Wissenschaften seine Abhandlungen darüber las. Im Jahr darauf ließ er von Joseph-Marie Vien ein Gemälde in Wachs auf Holz nach seiner Art verfertigen, das in der Academie Royal ausgestellt wurde. Caylus’ Forschungen lösten lebhafte Debatten aus, und die Enkaustik wurde zu einer Mode-Erscheinung in der Malerei des späteren 18. Jahrhunderts. Vgl.: Sulzer (1771). 567 Keeß; Blumenbach (1829 – 1830) 2. Bd., p. 752. 568 Johann Peter Krafft studierte von 1802 – 1805 in Paris bei Jac-ques-Louis David. Möglicherweise stammen seine ersten Erfah-rungen mit der Enkaustik aus dieser Zeit.569 Frodl-Schneemann (1984) p. 72 – 87.570 Unter dem Begriff Mosaikmalerei bekannt. 1822 erhielt Emanuel Scholz in Sambor ein Privileg auf die Erfindung „schnell trocknen­ der Farben aller Art, oder der mineralischen Mosaik [sic!] welche zu Tischler­ u. Schnitzer­ Arbeit, Freskomalerei, […] sehr brauchbar ist.“ Vgl.: Keeß; Blumenbach (1829 – 1830) 2. Bd., p. 752. Möglicher-weise handelte es sich bei diesen Farben um die Fernbach’schen Mosaikfarben bzw. ein ähnliches Erzeugnis. 571 Später publizierte Fernbach seine Technik: Fernbach (1845). Vgl. auch: Marggaraf (1839) Heft 3, p. 225ff.572 Schnorr von Carolsfeld (1909) p. 115.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Das zusammengedrängte Gedenken
Author
Sigrid Eyb-Green
Publisher
Bibliothek der Provinz
Location
Weitra
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Size
24.0 x 27.0 cm
Pages
312
Keywords
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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