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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
Page - 179 -
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179 matisch für die geschichtliche Perspektive der Habsbur-germonarchie und ihr Verhältnis zu den Kronländern. Im selben Jahr begann Krafft mit seiner Arbeit an drei monumentalen enkaustischen Wandgemälden im Audi-enzsaal der Wiener Hofburg. Die Stoffe hatte Kaiserin Carolina Augusta ausgewählt und Szenen aus dem Leben Kaiser Franz I. vorgegeben: Die Rückkehr des Kaisers aus Pressburg nach dem Krieg am 27. November 1809, Der Einzug des Kaisers in Wien nach der Rückkehr aus Paris am 16. Juni 1814 und Die erste Ausfahrt des Kaisers nach gefährlicher Krankheit am 9. Mai 1825.619 Alle Gemälde thematisieren die Anteilnahme des Volkes am Schicksal des Kaisers und demonstrieren zugleich die väterliche Verbundenheit des Herrschers, des guten Kaiser Franz, mit seinen Untertanen. Diese Form der Repräsentation steht in bewusstem Gegensatz zu der souveränen Selbstdarstel-lung Napoleons, dessen Heldentaten den Betrachter beeindrucken und einschüchtern sollten. Die politische Bedeutung, die man dieser Manifestation zuerkannte, wird im Verwendungszweck des Saales und der Tatsache, dass der Raum nach Vollendung einige Wochen für jeder-mann zur Besichtigung geöffnet war, deutlich. An diesen Gemälden wird besonders der Unterschied zu dem idealistischen Ansatz in der von den Nazarenern geprägten Geschichtsmalerei deutlich, deren Fresken in der Villa Massimo fast zeitgleich zu Kraffts Hofburg-Gemälden entstanden. Während jene Kompositionen, gemäß den Forderungen an die Freskomalerei, durchwegs große Stoffe behandeln und durch Stilisierungen, Über-höhungen und Verweise charakterisiert sind, schuf Krafft in der Hofburg Gemälde mit volkstümlichen Zügen, die weder kriegerische Taten noch Haupt- und Staatsaktio-nen darstellen, sondern in der detailreichen Beschrei-bung des einfachen Volkes und ihrer unheroischen Senti-mentalität bereits genrehafte Elemente aufweisen. Der des Gemäldes nicht einmal warten, bis es gefirnisst war, um damit an die Öffentlichkeit zu treten! –, denn das Bild hätte zu einem späteren Zeitpunkt seine politische Dring lichkeit eingebüßt gehabt.615Kraffts öffentlicher Auftritt ist Ausdruck einer neuen Unabhängigkeit der Künstler und ihres Bedürfnisses, auch abseits des akademischen Rahmens direkten Zugang zum Publikum zu finden. Der Maler Carl Ruß, der sich als einer der ersten Künstler in Wien intensiv mit vaterlän-dischen Gegenständen beschäftigt hatte, stellte in seinem Atelier seine vielen Historienbilder aus und realisierte damit einen öffentlichen Raum für seine Kunst, der sich zu einem beliebten Treffpunkt für einheimische Künstler und einer Sehenswürdigkeit für Reisende gleichermaßen entwickelte.616 1813, im selben Jahr, in dem die Akademie-Ausstellung erstmals stattfand und Krafft auf der Bastei seine Land-wehrmann-Komposition zeigte, ergingen schließlich auch die ersten großen Aufträge für Historienbilder von öffentlicher Seite an ihn. Die niederösterreichischen Landstände bestellen ein großformatiges Gemälde, Erz­ herzog Carl und seine Suite in der Schlacht bei Aspern 1809, für die Stirnwand des Ehrensaals im Invalidenhaus an der Landstraße, und die Bürgerschaft Wiens gab das Pendant dazu, Die Siegesmeldung des Fürsten Schwarzenberg nach der Schlacht bei Leipzig an die alliierten Monarchen 1813, in Auftrag. 1817617 bzw. 1820 wurden die beiden Ölge-mälde unter großen Feierlichkeiten im Ehrensaal des Invalidenhauses angebracht. Krafft gelang in diesen Bildern die Monumentalisierung eines historischen Ereignisses in bemerkenswertem Realismus, und die Gemälde, die beide Seitenwände des Saales vollständig bedeckten, erhielten durch ihre lebensgroßen Figuren und die detailgetreue Ausführung einen gewissen Illu-sionscharakter.618 Sie zählten zu den Sehenswürdigkeiten Wiens und waren an den Jahrestagen der Schlachten öffentlich zugänglich. 1825 schuf Krafft erneut selbst eine Bühne für seine His-toriengemälde und konstruierte wieder ein Holzgebäude auf der Biberbastei, in dem, gegen das Eintrittsgeld von einem Gulden, sieben Gemälde bewundert werden konnten. Darunter waren auch zwei Kompositionen, die Krafft im Auftrag der ungarischen Nation zur Schmü-ckung des ungarischen Nationalmuseums gemalt hatte: Der Ausfall Nicolas Zriny aus der Festung Szigeth 1566 und Krönung Kaiser Franz I. zum ungarischen König in Ofen am 6. Juni 1792. Beide Gemälde beziehen sich nicht ausschließlich auf die ungarische Nationalgeschichte, sondern stellen Ereignisse dar, die sich aus der Verbindung Ungarns mit dem Hause Habsburg ergeben. Dieser Ansatz ist sympto- 615 Das Gemälde wurde nach der Ausstellung auf der Bastei im Palais des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen und 1815 in der akade-mischen Kunstausstellung gezeigt und im selben Jahr vom Kaiser für seine Gemäldegalerie angekauft. 616 Vgl.: Frodl-Schneemann (1984) p. 72.617 Krafft malte die Siegesmeldung nach der Schlacht bei Leipzig inner-halb von neun Monaten, und das Gemälde konnte am Jahrestag der Schlacht, am 18. Oktober 1817, enthüllt werden. Das Pendant, Erzherzog Karl mit seinem Stab in der Schlacht bei Aspern wurde erst 1819 vollendet. Vgl.: Frodl-Schneemann (1984) p. 44. 618 Eckart Vancsa sieht in der Kombination aus den beiden monu-mentalen Schlachtengemälden und der Sammlung von Kliebers Feldherrenbüsten eine Vorwegnahme des Typus „Galerie des Batailles“, die von Versailles (1837) aus ihren Siegeszug durch Europa antrat und zum Vorbild bei der Ausstattung des Wiener Heeresgeschichtlichen Museums werden sollte. Vgl.: Vancsa (1974) p. 165.619 Zu den Hofburg-Gemälden vgl.: Frodl-Schneemann (1984) p. 72 – 100.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Das zusammengedrängte Gedenken
Author
Sigrid Eyb-Green
Publisher
Bibliothek der Provinz
Location
Weitra
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Size
24.0 x 27.0 cm
Pages
312
Keywords
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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