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weder der Marmorsaal noch der Raum im Palais
Questen-berg-Kaunitz
waren öffentlich zugänglich. Dazu musste zu
einem ganz anderen Medium gegriffen werden.
ReproduktionsgraphikDie
Präsentation von Kartons in Ausstellungen kann
sowohl ideell als Abstraktion und Reduktion auf die Idee
des Kunstwerks begründet als auch praktisch als
Stellver-tretung
der ausgeführten Malereien durch die einfacher
zu transportierenden monumentalen Zeichnungen
argu-mentiert
werden. Ähnlich verhält es sich mit dem
Phäno-men
der Verbreitung und Popularisierung von Bildideen
durch druckgraphische Reproduktionen. Die – oft nicht
in öffentlichen Räumen ausgeführten – Wandmalereien
sollten durch Stiche, Holzschnitte oder Lithographien
Breitenwirksamkeit entfalten und dem Publikum
zugäng-lich
gemacht werden. Diese Reproduktionen gingen in der
Regel nicht auf die Wandbilder selbst, sondern auf die
dazu ausgeführten Kartons zurück. Dabei spielte
zweifel-los
auch der Gedanke, dass das Wesentliche eines
Kunst-werks
im linearen Nachvollzug der Formen zu erfassen sei,
eine Rolle. Zunächst aber bildeten die
Karton-Zeichnun-gen
eine einfach in druckgraphische Medien
umzuset-zende
Vorlage und waren, anders als die meisten
Wand-bilder,
leicht verfügbar. Manchmal wurden Kompositionen
nach den Kartons gestochen, lange bevor diese als
Wand-gemälde
umgesetzt oder ohne dass sie überhaupt je
aus-geführt
wurden, wie das Beispiel der
Campo-Santo-Ent-würfe
von Cornelius zeigt, die sämtlich von Thaeter
gestochen und bei Georg Wigand herausgegeben
wurden.Im
Fall von Julius Schnorr von Carolsfeld ist der Dialog
zwischen Künstler und Stecher besonders gut
dokumen-tiert757
und soll im Folgenden kurz dargestellt werden.
Schon zu Beginn seiner Arbeiten am Nibelungen-Zyklus
für die Münchner Residenz (1827 – 1867) plante Schnorr
die Wiedergabe seiner Bilder in Stichen. 1830
verhan-delte
er bereits mit dem damals in Dresden lebenden
Kupferstecher Julius Thaeter, der ursprünglich alle
Kar-tons
in Kupfer stechen sollte. Thaeter begann 1835 aber
lediglich mit der Umsetzung von Der Tod Siegfrieds, wobei
ihm als Vorlage nur der Karton zur Verfügung stand, da
„Rudolf von Habsburg dem Priester sein Pferd anbiethend,
Rudolfs Sieg gegen Ottokar, Rudolf als Richter, Rudolf emp
fängt im Lager vor Basel (1273) durch den Reichs= Unter
maschall Grafen Pappenheim die Urkunde über seine Erwäh
lung zum Deutschen Kaiser und ein Medaillon mit Rudolfs
Wahlspruch: melius bene imperare, quam imperium apliare,
in Verbindung mit zwei allegorischen Gestalten: Friede und
Überfluß.“753
Im Jahr darauf wurden in diesem Rahmen wiederum fünf
Kartons von Julius Schnorr von Carolsfeld ausgestellt, die
er für den Barbarossa-Saal der Münchner Residenz
gezeichnet hatte: Das Reich, Allegorie, Schlacht bei Iko
nium, Zusammenkunft des röm. deutschen Kaisers Fried
rich I. (Barbarossa) mit Papst Alexander III. zu Venedig, Des
Kaisers Tod 1190 und Die Kirche (Allegorie).754 1845 zeigte
Julius’ Bruder Ludwig Schnorr von Carolsfeld in der
St. Anna Kunstausstellung drei Kartons für die
Landhaus-kapelle
in der Wiener Herrengasse: Maria Opferung, und
2 Seitenteile mit dem hl. Severin und dem hl. Rupert.755
Auch Kupelwieser plante, den Karton, den er für das
Wandgemälde Das jüngste Gericht in der
Klosterneubur-ger
Friedhofs kapelle gezeichnet hatte, in der
Kunstaus-stellung
zu St. Anna zu zeigen, wie ein Brief an den
Regie-rungsrat
Remy vom 10. April 1847 dokumentiert:
„Indem neulich davon die Rede war und sie die Güte hatten
mich aufzufordern meinen Carton und meine zwey Altarbilder
in die Kunst Ausstellung zu geben, so sehe ich mich nun durch
die letzthin eingetretenen Umstände genöthigt sie zu bitten
dieses mein halb gegebenes Versprechen zurücknehmen zu
dürfen, indem ich das eine Bild welches ein Datum hat vor der
Zeit abgeben muß, den Karton zur baldigen Beginnung der
Fresco Bilder brauche und das andere Bild welches kein Datum
hat dadurch zu isoliert erschien, was mir umso weniger lieb
wäre indem es das Eigenthum einer hohen Person ist, darum
Zustimmung auch in diesem Falle nicht zu erlangen wäre.“756
Im Gegensatz zu den angeführten Ankäufen von Kartons
oder ganzen Kartonzyklen, scheinen die meisten Kartons
von Kupelwieser nach der Ausführung als Fresko in seinem
Besitz verblieben zu sein. Der Katalog der
Nachlass-ausstellung
führt die Kartons für die Fresken in der
Altler-chenfelder
Kirche (Wien), der St. Nepomuk-Kirche (Wien)
und der Friedhofskapelle in Klosterneuburg (Das jüngste
Gericht) an. Neun der Kartons für den Statthalterei-Zyklus
wurden dekorativ ausgestaltet und an der Decke eines
Rau-mes
im Palais Questenberg-Kaunitz montiert. Sie
übernah-men
hier nicht Stellvertreter-Funktion für die ausgeführten
Wand- und Deckenmalereien im Marmorsaal, sondern
wur-den
anders angeordnet als die ausgeführten Freskogemälde
und so, in neuem Zusammenspiel, zu einem eigenständigen
Kunstwerk. Zur Verbreitung seiner Bildideen verhalf
Kupel-wieser
diese Form der Präsentation freilich nicht, denn 753 Kunstwerke öffentlich ausgestellt im Gebäude der k.k., Akademie der
vereinigten bildenden Künste bey St. Anna, Ausstellungs-Katalog,
Wien
1841.754
Kunstwerke öffentlich ausgestellt im Gebäude der k.k., Akademie der
vereinigten bildenden Künste bey St. Anna, Ausstellungs-Katalog,
Wien
1842.755
Kunstwerke öffentlich ausgestellt im Gebäude der k.k., Akademie der
vereinigten bildenden Künste bey St. Anna, Ausstellungs-Katalog,
Wien
1845.756
Wien-Bibliothek, Inv. Nr. J.N. 7297.
757 Vgl.: Seeliger (2005) p. 21 – 24 und Kuhlmann-Hodick (1999)
p. 38ff.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Author
- Sigrid Eyb-Green
- Publisher
- Bibliothek der Provinz
- Location
- Weitra
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Size
- 24.0 x 27.0 cm
- Pages
- 312
- Keywords
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306