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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
Page - 203 -
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Page - 203 - in Das zusammengedrängte Gedenken

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203 weder der Marmorsaal noch der Raum im Palais Questen-berg-Kaunitz waren öffentlich zugänglich. Dazu musste zu einem ganz anderen Medium gegriffen werden. ReproduktionsgraphikDie Präsentation von Kartons in Ausstellungen kann sowohl ideell als Abstraktion und Reduktion auf die Idee des Kunstwerks begründet als auch praktisch als Stellver-tretung der ausgeführten Malereien durch die einfacher zu transportierenden monumentalen Zeichnungen argu-mentiert werden. Ähnlich verhält es sich mit dem Phäno-men der Verbreitung und Popularisierung von Bildideen durch druckgraphische Reproduktionen. Die – oft nicht in öffentlichen Räumen ausgeführten – Wandmalereien sollten durch Stiche, Holzschnitte oder Lithographien Breitenwirksamkeit entfalten und dem Publikum zugäng-lich gemacht werden. Diese Reproduktionen gingen in der Regel nicht auf die Wandbilder selbst, sondern auf die dazu ausgeführten Kartons zurück. Dabei spielte zweifel-los auch der Gedanke, dass das Wesentliche eines Kunst-werks im linearen Nachvollzug der Formen zu erfassen sei, eine Rolle. Zunächst aber bildeten die Karton-Zeichnun-gen eine einfach in druckgraphische Medien umzuset-zende Vorlage und waren, anders als die meisten Wand-bilder, leicht verfügbar. Manchmal wurden Kompositionen nach den Kartons gestochen, lange bevor diese als Wand-gemälde umgesetzt oder ohne dass sie überhaupt je aus-geführt wurden, wie das Beispiel der Campo-Santo-Ent-würfe von Cornelius zeigt, die sämtlich von Thaeter gestochen und bei Georg Wigand herausgegeben wurden.Im Fall von Julius Schnorr von Carolsfeld ist der Dialog zwischen Künstler und Stecher besonders gut dokumen-tiert757 und soll im Folgenden kurz dargestellt werden. Schon zu Beginn seiner Arbeiten am Nibelungen-Zyklus für die Münchner Residenz (1827 – 1867) plante Schnorr die Wiedergabe seiner Bilder in Stichen. 1830 verhan-delte er bereits mit dem damals in Dresden lebenden Kupferstecher Julius Thaeter, der ursprünglich alle Kar-tons in Kupfer stechen sollte. Thaeter begann 1835 aber lediglich mit der Umsetzung von Der Tod Siegfrieds, wobei ihm als Vorlage nur der Karton zur Verfügung stand, da „Rudolf von Habsburg dem Priester sein Pferd anbiethend, Rudolfs Sieg gegen Ottokar, Rudolf als Richter, Rudolf emp­ fängt im Lager vor Basel (1273) durch den Reichs= Unter­ maschall Grafen Pappenheim die Urkunde über seine Erwäh­ lung zum Deutschen Kaiser und ein Medaillon mit Rudolfs Wahlspruch: melius bene imperare, quam imperium apliare, in Verbindung mit zwei allegorischen Gestalten: Friede und Überfluß.“753 Im Jahr darauf wurden in diesem Rahmen wiederum fünf Kartons von Julius Schnorr von Carolsfeld ausgestellt, die er für den Barbarossa-Saal der Münchner Residenz gezeichnet hatte: Das Reich, Allegorie, Schlacht bei Iko­ nium, Zusammenkunft des röm.­ deutschen Kaisers Fried­ rich I. (Barbarossa) mit Papst Alexander III. zu Venedig, Des Kaisers Tod 1190 und Die Kirche (Allegorie).754 1845 zeigte Julius’ Bruder Ludwig Schnorr von Carolsfeld in der St. Anna Kunstausstellung drei Kartons für die Landhaus-kapelle in der Wiener Herrengasse: Maria Opferung, und 2 Seitenteile mit dem hl. Severin und dem hl. Rupert.755 Auch Kupelwieser plante, den Karton, den er für das Wandgemälde Das jüngste Gericht in der Klosterneubur-ger Friedhofs kapelle gezeichnet hatte, in der Kunstaus-stellung zu St. Anna zu zeigen, wie ein Brief an den Regie-rungsrat Remy vom 10. April 1847 dokumentiert: „Indem neulich davon die Rede war und sie die Güte hatten mich aufzufordern meinen Carton und meine zwey Altarbilder in die Kunst Ausstellung zu geben, so sehe ich mich nun durch die letzthin eingetretenen Umstände genöthigt sie zu bitten dieses mein halb gegebenes Versprechen zurücknehmen zu dürfen, indem ich das eine Bild welches ein Datum hat vor der Zeit abgeben muß, den Karton zur baldigen Beginnung der Fresco Bilder brauche und das andere Bild welches kein Datum hat dadurch zu isoliert erschien, was mir umso weniger lieb wäre indem es das Eigenthum einer hohen Person ist, darum Zustimmung auch in diesem Falle nicht zu erlangen wäre.“756 Im Gegensatz zu den angeführten Ankäufen von Kartons oder ganzen Kartonzyklen, scheinen die meisten Kartons von Kupelwieser nach der Ausführung als Fresko in seinem Besitz verblieben zu sein. Der Katalog der Nachlass-ausstellung führt die Kartons für die Fresken in der Altler-chenfelder Kirche (Wien), der St. Nepomuk-Kirche (Wien) und der Friedhofskapelle in Klosterneuburg (Das jüngste Gericht) an. Neun der Kartons für den Statthalterei-Zyklus wurden dekorativ ausgestaltet und an der Decke eines Rau-mes im Palais Questenberg-Kaunitz montiert. Sie übernah-men hier nicht Stellvertreter-Funktion für die ausgeführten Wand- und Deckenmalereien im Marmorsaal, sondern wur-den anders angeordnet als die ausgeführten Freskogemälde und so, in neuem Zusammenspiel, zu einem eigenständigen Kunstwerk. Zur Verbreitung seiner Bildideen verhalf Kupel-wieser diese Form der Präsentation freilich nicht, denn 753 Kunstwerke öffentlich ausgestellt im Gebäude der k.k., Akademie der vereinigten bildenden Künste bey St. Anna, Ausstellungs-Katalog, Wien 1841.754 Kunstwerke öffentlich ausgestellt im Gebäude der k.k., Akademie der vereinigten bildenden Künste bey St. Anna, Ausstellungs-Katalog, Wien 1842.755 Kunstwerke öffentlich ausgestellt im Gebäude der k.k., Akademie der vereinigten bildenden Künste bey St. Anna, Ausstellungs-Katalog, Wien 1845.756 Wien-Bibliothek, Inv. Nr. J.N. 7297. 757 Vgl.: Seeliger (2005) p. 21 – 24 und Kuhlmann-Hodick (1999) p. 38ff.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Das zusammengedrängte Gedenken
Author
Sigrid Eyb-Green
Publisher
Bibliothek der Provinz
Location
Weitra
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Size
24.0 x 27.0 cm
Pages
312
Keywords
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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