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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
Page - 206 -
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206 nem ,Untergang Babels‘ eine photographische Aufnahme (für den neunten Band meiner ,Denkmale deutscher Kunst‘) jedoch unter der ausdrücklichen Bedingung, nach dem Abzug zweier Exemplare, von denen ich eines an ihn auszusenden hatte, für das Abwischen der Platte einzustehen. Als ich spä­ ter einmal es ihm dringend ans Herz legte, die sämmtlichen Cartons zum Campo Santo photographieren zu lassen, damit wenn Unglück durch Brand oder Frevel sie treffen sollte, ein treues Abbild bliebe und sie nicht das Schicksal der so hochgepriesenen Cartons von Michel Angelo und Leo­ nardo theilen müßten, schüttelte er lächelnd mit dem Kopf und sagte: ,die gehen nicht zu Grunde; sie stehen unter einem höhern Schutz als dem der Photographie.‘767 Hier wird als weitere Aufgabe der Fotografie, die über jene der traditionellen Reproduktionsverfahren hinaus-geht, ihre Relevanz als dokumentarisches Zeugnis zum Ausdruck gebracht. Für Cornelius jedoch scheint sie in ihrer unkontrollierbaren Vervielfältigungsmöglichkeit bedrohlich, er ordnete die Zerstörung des Negativs an, um weitere Auflagen zu verhindern.Die Zukunft aber gehörte der Fotografie und den dar-auf basierenden Drucktechniken, die sich bei der Repro-duktion von Kartons zunehmend durchsetzten. Ab Mitte der 1850er Jahre wurde München zu einem Zentrum der fotografischen Reproduktion, in der bekannte Fotografen wie Alois Löcherer768, Joseph Albert769 oder Franz Hanf-staengl770 erfolgreich mit dem neuen Medium experimen-tierten und sich bald auf die Reproduktion von Kunst-werken spezialisierten. Schon Friedrich Overbecks relativ unbekanntes Spätwerk, Kartons für Tapisserien zu dem Zyklus Die sieben Sakramente, an denen Overbeck ab 1847 arbeitete, wurden 1869 von Joseph Albert fotografiert, noch bevor sie 1870 als Kupferstich verlegt wurden.771 Derselbe fotografierte auch 1876 Kartons von Wilhelm von Kaulbach und Theodor Pixis zu Themen aus Richard Wagners Opern, die als Richard­ Wagner­ Galerie publiziert wurden772; es folgten ähnliche Prachtbände mit Licht- tigen Vorzimmers des Statthalters mit 44 Ölbildern der früheren Landeschefs Ausdruck fand. Einen politischen Anlass zu dieser Neuauflage der Stichfolge, wie ihn Markus Kristan sucht, gab es zu dieser Zeit nicht.765 Frühe Fotografien Die Reproduktion großformatiger Kartons mittels foto-grafischer Techniken gewann ab der Mitte des 19. Jahr-hunderts an Bedeutung und die Fotografie begann, die Rolle der Verbreitung von Bildideen zu übernehmen. In einem Brief vom Mai 1860 bittet Bethmann-Hollweg Cor-nelius um die Erlaubnis, seine in Berlin ausgestellten Kartons zur Glyptothek und zum Campo Santo fotogra-fieren zu dürfen. „Endlich hat Olfers sie [die Kartons, Anm.] photographieren lassen und von den sechs Exemplaren Eines mir eingereicht, welches ich Ihnen besonders zusenden werde; ein zweites ist an das Kupferstich­ Cabinet der königlichen Museen abge­ geben; und die vier anderen sind Ihrer Majestät der Königin, dem Prinzen Regenten, dem Prinzen Friedrich Wilhelm und dem Prinzen­ Gemahl von England überreicht worden. Ueberall hat man sie, da der hohe Werth der Bilder in dieser übersichtlichen Form fast noch mehr hervortritt, mit dem größten, lebendigsten Interesse aufgenommen. Olfers bemerkt mit Recht, daß es für das Kunststudium und die künstlerische Bildung von Wichtigkeit sein würde, wenn die­ sen Photographien eine größere Verbreitung gegeben werden könnte. Ich halte mich jedoch nicht für befugt, dazu meine Genehmigung zu ertheilen, bevor ich Ihrer Zustimmung gewiß bin […] um die ich deßhalb angelegentlich bitte.“766 Die Fotografie übernimmt in diesem Fall in mehrfacher Hinsicht die Rolle, die bis dahin der traditionellen Repro-duktionsgraphik vorbehalten war: Sie wird eingesetzt, um einer Komposition zu einem größeren Publikum zu ver-helfen und sie soll, wie einst die Sammlungen von Sti-chen, als Lehrmaterial bei der Ausbildung junger Künst-ler eingesetzt werden. Wenn einst der Karton durch sein großes Format Anspruch auf öffentliche Reputation gestellt hat, so wird nun der Fotografie bescheinigt, die künstlerische Bedeutung eines Werkes gerade durch ihr kleines Format und die daraus folgende Übersichtlichkeit noch besser zur Entfaltung bringen zu können. Entspre-chend verstimmt reagierte Cornelius und lehnte das Ansuchen ab. Nach den Erinnerungen seines Mitarbei-ters Ernst Foerster stand der Künstler der neuen Entwick-lung auf dem Gebiet der Reproduktion grundsätzlich misstrauisch gegenüber. „Cornelius hatte eine Abneigung gegen die Vervielfältigung von Zeichnungen und Gemälden durch Photographie. Wohl gestattete er mir auf meine an ihn gerichtete Bitte, von sei­ 765 Vgl. Kristan (1997) p. 17.766 Brief von Bethmann-Hollweg an Peter Cornelius; Berlin, 16. Mai 1860. Zit. nach: Förster (1874) p. 434.767 Foerster (1874) 2. Bd., p. 434f.768 Vgl.: Pohlmann (1998). 769 Joseph Albert (1825 – 1886), Erfinder, ab 1857 Hoffotograf in München am Hof Ludwigs II., beschäftigte sich hauptsächlich mit der Reproduktion von Gemälden und Grafiken. Vgl.: Rancke (1977).770 Franz Hanfstaengl (1804 – 1877), Maler, Lithograph und Fotograf. Vgl.: Heß (1999).771 Die sieben Sacramente in Bildern von Overbeck, fotografiert von Joseph Albert, Dresden, 1869.772 Richard­ Wagner­ Galerie. Nach den auf allerhöchsten Befehl Sr. Maje­ stät König Ludwig II von Bayern ausgeführten Cartons von Wilhelm von Kaulbach und Theodor Pixis. Photographiert von Joseph Albert, heraus­ gegeben von Hanfstaengl, Berlin 1876.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Das zusammengedrängte Gedenken
Author
Sigrid Eyb-Green
Publisher
Bibliothek der Provinz
Location
Weitra
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Size
24.0 x 27.0 cm
Pages
312
Keywords
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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