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101Reformorden
aus Italien und ihre Volksmissionen
che im Dorf Raków in der Nähe von Krakau, nach dem auch sein posthum veröf-
fentlichter Catechismus Racoviensis (1605), die konfessionelle Grundlage der Fratres
Poloni, benannt ist. Gegen Ende seines Lebens erringt er einen theologischen Sieg
über die Wiedertäufer innerhalb seiner Bewegung und stirbt 1604 in Luslawice.
Natürlich finden sich unter den italienischen Emigranten, welche von den ka-
tholischen Staaten ihres Heimatlandes verfolgt werden, auch Personen, die eher als
Abenteurer denn als konfessionelle Reformer bezeichnet werden müssen. Der aus
Mailand stammende Arzt Giuseppe Francesco Borri (1627–95) wird als Alchemist
der Häresie angeklagt und macht eine Aufsehen erregende Karriere als Wunder-
heiler (vor allem mit Rezepten gegen die Syphilis) in ganz Europa. Er hält sich 1661
kurz in Innsbruck auf, wird 1670 auf seiner Reise von Dänemark in die Türkei in
Mähren als Spion verhaftet und von Kaiser Leopold I. an den Papst ausgeliefert.
Wie sehr selbst hohe Repräsentanten der katholischen Kirche nördlich der Alpen
von revolutionären Ideen aus Italien beeinflusst und sich dabei einer offiziellen Ver-
urteilung mittels diverser Techniken der Verschleierung entziehen, zeigt das Beispiel
des Salzburger Bischofs Wolf Dietrich von Raitenau (1559–1617): obwohl seine po-
litischen Schriften wie De principe (1587) und Biblische vndt christliche Kriegsordnung
aus der hailig schrift (1593–96) aus verständlichen Gründen keinen wörtlichen Hin-
weis auf Niccolò Machiavellis Il principe bzw. Dialogo dell’arte della guerra enthalten,
werden bei einer genaueren Analyse sehr wohl inhaltliche Parallelen bei der Ansicht
über die Rolle der Fortuna und bei sachbezogenen militärischen Informationen, und
somit eine aktive Rezeption des faszinierenden Vorbildes, deutlich.193
III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen
Schon lange vor dem Zeitalter der konfessionellen Auseinandersetzungen ist eine
einflussreiche Präsenz italienischer Orden und Prediger in den mitteleuropäischen
Ländern nachweisbar. So halten z.B. die Augustiner-Eremiten 1362 ihr Generalka-
pitel unter der Leitung von Matteo d’Ascoli in Wien ab. 1460 besucht der päpstliche
Legat Kardinal Bessarion u.a. auch das Benediktinerstift Melk, dessen prominentes-
ter Gönner Enea Silvio Piccolomini ist und das durch seine Kontakte zu Italien eine
wichtige Rolle in der benediktinischen Erneuerungsbewegung des Spätmittelalters
spielt: „Der Benediktinerorden unterhielt im 15. Jahrhundert engste Beziehungen
193 Vgl. Rudolf Baehr: Italienische Literaturrezeption bei Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau,
(1559 –1617), dem Gründer des barocken Salzburg. In: Brigitte Winklehner (Hg.): Italienisch-Europäi-
sche Kulturbeziehungen im Zeitalter des Barock. Tübingen 1991, S. 9–24.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549