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Kontakte der italienischen Frühaufklärer zum Wiener Hof
in Wien, eine Geschichte des Kaffees unter dem Titel Bevanda asiatica, brindata
all’Eminentissimo Bonvisi (Wien 1685) verfasst. Marsigli wird Leiter der Geschütz-
gießerei des Wiener Arsenals, zeichnet sich bei der Belagerung von Landau unter
Erzherzog Joseph aus und widmet sich dann vor allem jahrelangen Studien über die
Donau vom Kahlenberg bei Wien bis zur Mündung der Jantra in Nordbulgarien. In
sechs mit zahlreichen Zeichnungen und Karten ausgestatteten Folio-Bänden unter
dem Titel Danubius pannonicomysicus. Observationibus geographicis, astronomicis, hydro-
graphicis, historicis, physicis perlustratus (Haag 1726) beschreibt er Flusswasser, Strö-
mung, Vegetation, Mineralien und Tiere.
Wie sehr die Verbesserung der Infrastruktur649 aus strategischen und ökono-
mischen Überlegungen die Verwaltung beschäftigt, illustriert auch die Person des
bereits in Zusammenhang mit Anguissola genannten Giangiacomo Marinoni, der
nicht nur dessen Nachfolger in der 1717 gegründeten Ingenieursakademie wird,
sondern auch 1726 Geländeaufnahmen für eine neu geplante Straße nach Triest
und Fiume macht. 1728 wird anlässlich der Reise des Kaisers die an Stelle des alten
Saumweges errichtete Straße über den Semmering eröffnet. Marinoni stirbt 1757 als
Besitzer einer modernst ausgestatteten Sternwarte und als Betreiber seiner privaten
Ingenieursschule in Wien.
VI.1 Die Kontakte der italienischen Frühaufklärer zum Wiener Hof
Die zentrale Bewegung im Wandel des italienischen Geisteslebens vom Barock zur
Frühaufklärung ist ohne Zweifel die Accademia dell’Arcadia (oder auch Pontificia Ac-
cademia degli Arcadi ), die am 5. Oktober 1690 in Rom von prominenten Vertretern
des sich als Reale Accademia bezeichnenden Dichterzirkels der ein Jahr zuvor ver-
storbenen Königin Christine von Schweden gegründet wird.650 Der Name der Aka-
demie bezieht sich auf die gleichnamige Region des antiken Griechenland, welche
traditionell in der bukolischen Literatur beschrieben und in der Renaissance durch
Iacopo Sannazaros Pastoralroman Arcadia (1504) wieder belebt wird. Unter diesen
klassizistischen Vorzeichen, welche auf die Erneuerung der italienischen Literatur-
sprache zu Beginn des 16. Jahrhunderts Bezug nehmen, erhält die Akademie rasch
649 Vgl. das in ÖNB Cod. Ser. n. 1702 (3r–15v; Nr. 1301–1306, 338 x 220) überlieferte Memorandum von
Martino Colla an Kaiser Karl VI. über den Hafen von Finale, datiert Mailand, 14. 8. 1712.
650 Vgl. Isidoro Carini: L’Arcadia dal 1690 al 1890. Memorie storiche. Rom 1891. – Emanuele Portal:
L’Arcadia. Palermo 1922. – Antonio Piromalli: L’Arcadia. Palermo 1963 (21975). – Maria Teresa Ac-
quaro Graziosi: L’Arcadia. Trecento anni di storia. Rom 1991.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549