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IV. Die italienische Improvisationskomödie
Die um die Mitte des 16. Jahrhunderts in Nordostitalien – vor allem im Gebiet von
Padua – erstmals nachweisbaren Truppen von Berufsschauspielern, die in einer auf
Improvisationskunst basierenden Situationskomödie eine Alternative zur gelehrten
Komödie des italienischen Humanismus bieten, erobern innerhalb kürzester Zeit
weite Gebiete Westeuropas. Der heute dafür gängige Begriff commedia dell’arte
taucht erst im 18. Jahrhundert – möglicherweise als eine Schöpfung von Carlo
Goldoni – auf und gibt wesentlich unschärfer wieder, was die commedia all’improvviso
hauptsächlich auszeichnete: die spezifischen Techniken von Berufsschauspielern, auf
der Basis ganz bestimmter Grundsituationen mit festgelegten Figurentypen einen
Handlungsablauf zu improvisieren, der trotz seiner stereotypen Elemente und trotz
seiner in manchen Aufführungsgebieten für das Publikum unverständlichen Sprache
unterhaltende Komik bietet:
In ihrer szenischen Grundkonzeption war die Commedia dell’arte Situationsko-
mödie. Spielmotive (Verwechslung, Täuschung, etc.), die entsprechende Situati-
onszuspitzungen ermöglichten, bestimmten die Spielanlage und evozierten die
exzessiven mimisch-gestischen Reaktionen darauf.253
Die durch Gewand und Maske festgelegten Charaktertypen beherrschen ohne
Zweifel bis zur psychologisierenden Reform durch Goldoni das italienische Unter-
haltungstheater und werden selbst noch von Goethe während seiner italienischen
Reise in ihrer faszinierenden Funktion als eine populäre Katharsis wahrgenommen.
Die italienische Herkunft dieser Form des neuzeitlichen Berufstheaters steht außer
Frage und macht dieses Phänomen zu einem der am weitesten reichenden Einflüsse
der italienischen Kultur überhaupt:254
253 Manfred Brauneck: Die Welt als Bühne. Geschichte des europäischen Theaters. Erster Band. Stuttgart /
Weimar 1993, S. 438.
254 Vgl. Walter Hinck: Das deutsche Lustspiel des 17. und 18. Jahrhunderts und die italienische Komödie.
Commedia dell’arte und Théâtre italien. Stuttgart 1965.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549