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VI. Die italienische Aufklärung in Österreich
Nach dem Tod von Kaiser Joseph I. am 17. April 1711 und der daraus folgenden
Thronbesteigung seines jüngeren Bruders Karl ergeben sich für Österreich völ-
lig veränderte Bedingungen durch die politische Neuordnung Europas am Ende
des spanischen Erbfolgekrieges: In den Friedensverträgen von Utrecht 1713 und
Rastatt 1714 erkennen die Verhandlungspartner Philipp von Bourbon als rechtmä-
ßigen Herrscher über Spanien und die Kolonien an, wofür im Gegenzug dem Haus
Habsburg die spanischen Niederlande, das Fürstentum Mailand und das Königreich
Neapel zugesprochen werden.634 Trotz der wirtschaftlich und strategisch ungünsti-
gen Ausgangslage nach den Verträgen mit Frankreich und der immer dringenderen
Notwendigkeit, die brisanten Inhalte der Pragmatischen Sanktion innen- und außen-
politisch durchzusetzen, erreicht Österreich unter Karl VI. 1718 mit dem Friedens-
vertrag von Passarowitz, durch den u.a. auch das Königreich Sizilien dem Herr-
schaftsgebiet angeschlossen wird, seine größte territoriale Ausdehnung. Allerdings
sollten diese außergewöhnlichen Verhältnisse nur bis zu den durch die Konflikte des
polnischen Erbfolgekrieges ausgelösten Verlusten in Süditalien 1735 anhalten.
Durch die Eingliederung ausgedehnter Regionen der Apenninenhalbinsel än-
dern sich naturgemäß die kulturellen Beziehungen Österreichs zu den italienisch-
sprachigen Ländern. Zu den seit dem Spätmittelalter bestehenden dynastischen
Verbindungen und der seit der Renaissance kontinuierlichen Beschäftigung einer
beträchtlichen Anzahl von Künstlern, welche in bestimmten Disziplinen beinahe ein
italienisches Monopol in Wien aufbauen, kommen nun einige, die Hauptstadt be-
treffende, administrative Belange für diese Gebiete hinzu. Die Entsendung von ös-
terreichischem Führungspersonal in die italienischen Regionen ebenso wie die Prä-
senz von zentralen Verwaltungsbehörden machen vorübergehend aus Süditalien und
für Jahrzehnte aus der Lombardei Bestandteile des Reiches, deren Kulturproduktion
sich in noch intensiverem Austausch als bisher mit der Hauptstadt entwickelt:
Es sind die italienischen Länder, welche theils vorübergehend besetzt, theils auf
die Dauer mit Oesterreich verbunden wurden, welche mehr als alles Andere zur
Verbreitung des Italienischen in Oesterreich beitrugen. Der annectirende Staat
634 Vgl. Heinrich Benedikt: Kaiseradler über dem Apennin. Die Österreicher in Italien 1700 bis 1866. Wien /
München 1964.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549