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weltlichen Libretti der Generation vor Metastasio
sica, das 1731 im Auftrag des Magistrats der Stadt Wien entsteht und vermutlich
am 16. Mai, dem Festtag dieses am Hof weniger verehrten Heiligen, bei der Hohen
Brücke in der Inneren Stadt mit der Musik von Reutter aufgeführt wird.
VI.3 Die weltlichen Libretti der Generation vor Metastasio
Noch während des Erbfolgekrieges führt Karl VI. als spanischer Thronprätendent
Karl III. an seinem Hof in Barcelona die Wiener Tradition weiter und beschäftigt
auch Personen, die er später nach Österreich mitnimmt.701 So wird z.B. anlässlich
seiner Hochzeit mit Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel (1691–
1750) am 1. August 1708 in Barcelona Il più bel nome. Componimento da camera per
musica von Pietro Pariati mit der Musik von Antonio Caldara in der Inszenierung
von Ferdinando Galli Bibiena aufgeführt.702 Ähnliches gilt für Pariatis nur hand-
schriftlich überliefertes Libretto Il nome più glorioso. Componimento da camera per mu-
sica (ÖNB Mus. Hs. 18.238), das in der Vertonung von Caldara zum Namenstag von
Karl VI. am 4. November 1709 in Barcelona dargeboten wird. Zum selben Anlass
entsteht 1708 Ercole vincitore di Gerione. Poemetto drammatico (ÖNB Mus. Hs. 17.701)
von Pietro Antonio Bernardoni, das mit der Musik von Carlo Agostino Badia entwe-
der in Spanien oder in Wien gespielt wird. Ohne Zweifel in Wien wird am 1. Okto-
ber 1710 zum Geburtstag von Karl VI. das ebenso nur handschriftlich überlieferte
La decima fatica d’Ercole ovvero La sconfitta di Gerione in Spagna. Componimento pastorale
eroico des biographisch kaum fassbaren Giovanni Battista Ancioni mit der Musik von
Fux (ÖNB Mus. Hs. 17.276) aufgeführt.
Mit der Ankunft des neuen Kaisers in Wien und den damit verbundenen Verän-
derungen im gesamten Hofstaat bleiben zwar die grundsätzlichen Linien der Kul-
turpolitik aufrecht, das Engagement neuer Persönlichkeiten führt jedoch zu einer
Auflösung der bis dahin bestehenden Kooperationen und zu neuen Gruppierungen,
die durchaus den unter Leopold I. etablierten Strukturen verwandt sind. Die Li-
brettisten Pariati und Zeno liefern Textvorlagen für Caldara, F. B. Conti und Fux;
die große Bühnenbildner-Familie Galli Bibiena703 tritt die Nachfolge von Ludovico
701 Vgl. Wolfgang Greisenegger: The Italian Operas in Vienna in the XVIIIth Century. In: Maria Teresa
Muraro (Hg.): Venezia e il melodramma nel Settecento. Florenz 1978–81, Bd. 1, S. 89–101. – Andrea
Sommer-Mathis: Von Barcelona nach Wien. Die Einrichtung des Musik- und Theaterbetriebes am Wie-
ner Hof durch Kaiser Karl VI. In: Josef Gmeiner (Hg.): Musica conservata. Tutzing 1999, S. 355–380.
702 Laut Gronda: La carriera di un librettista, S. 169 Anm. 2, ist dieses Werk nicht mehr zugänglich.
703 Vgl. Franz Hadamowsky: Die Familie Galli-Bibiena in Wien. Wien 1962. Francesco Galli Bibiena ist
1709–11 Theatralingenieur; sein Bruder Ferdinando seit 1708 in Barcelona und ab 1717 in Wien am
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549