Seite - 504 - in Die italienische Literatur in Österreich - Von den Anfängen bis 1797, Band I
Bild der Seite - 504 -
Text der Seite - 504 -
Von der Spätaufklärung zur
Frühromantik504
VII.2 Die neuen Leidenschaften im Libretto
Einen Übergang von den komischen Unterhaltungsopern in der Tradition Goldonis
zu den ernsten Reformopern nach Gluck einerseits und eine Brücke über die weit-
gehend von Importen charakterisierte Zeit zwischen 1750 und 1780 stellt der eben
erwähnte Giovanni Bertati dar. Der 1735 in Martellago bei Treviso geborene Bertati
wird ab 1763 in Venedig durch die Aufführung von La morte di Dimone o L’innocenza
vendicata in der Vertonung von Antonio Tozzi (~1736 – nach 1812) als Librettist be-
kannt. Er tritt in Wien erstmals 1770 in Erscheinung, wohin ihn Galuppi vermutlich
für die Aufführung seines Dramma giocoso per musica Il villano geloso am Burgthea-
ter mitgenommen hat. Bertati scheint allerdings rasch wieder nach Venedig zurück
zu kehren, denn im Herbst 1771 wird dort sein Il calandrano mit der Musik von Giu-
seppe Gazzaniga (1743–1818) gespielt, zwei Jahre vor der ersten Wiener Auffüh-
rung. Mit Bertatis aus Italien importierten Libretti werden auch einige bis dahin
in Österreich unbekannte Komponisten eingeführt. Neben dem bereits erwähnten
Gazzaniga, von dem z.B. auch La locanda874 (Wien 1772 und 1777–78, Esterháza und
Graz 1778, sowie in der Textbearbeitung von Girolamo Tonioli in Wien 1792) und
L’isola d’Alcina875 (Wien 1774 und 1777–78, Graz 1778, Esterháza 1779 und Prag
1784) gespielt werden, trifft das u.a. auf I visionari876 in der Vertonung von Gennaro
Astarita (~1745–1803) in Wien 1774, 1778 und 1783 sowie La donna instabile877 mit
der Musik von Giovanni Battista Borghi (1738–96) in Wien 1776 zu.
Zu den in Österreich beliebtesten der ungefähr 70 Libretti Bertatis zählen ohne
Zweifel neben Il tamburo notturno,878 das mit der Musik von Paisiello 1774 in Prag
und Wien sowie 1788 in Esterháza gespielt und fallweise Giovanni Battista Lorenzi
oder Giovanni Gastone Boccherini (z.B. in zwei Ausgaben 1774) zugeschrieben
wird, La forza delle donne879 (mit der Musik von Anfossi 1780 in Esterháza, Graz und
Wien sowie 1786–87 in Wien) und La vendemmia880 (mit der Musik von Gazzaniga
1779 und 1784–85 in Wien, 1780 in Esterháza, 1781 in Graz und 1782 in Prag). Zu
Bertatis größten Erfolgen in Venedig zählt Don Giovanni o sia Il convitato di pietra, das
mit der Musik von Gazzaniga im Karneval 1787 am Teatro San Moisè in Venedig
erstmals gespielt wird und einen derartigen Anklang findet, dass Da Ponte wohl u.a.
874 Uraufführung mit der Musik von Giuseppe Gazzaniga 1771 in Venedig.
875 Uraufführung mit der Musik von Giuseppe Gazzaniga 1772 in Venedig.
876 Uraufführung mit der Musik von Gennaro Astarita 1772 in Venedig.
877 Uraufführung mit der Musik von Giovanni Battista Borghi 1776 in Venedig.
878 Uraufführung mit der Musik von Giovanni Paisiello 1773 in Venedig.
879 Uraufführung mit der Musik von Pasquale Anfossi 1778 in Venedig.
880 Uraufführung mit der Musik von Giuseppe Gazzaniga 1778 in Florenz.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549