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Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in
Österreich92
Die intensiven Kontakte der habsburgischen Höfe zu den Komponisten und Musi-
kern in Italien spiegeln sich in zahlreichen Widmungen von Drucken wider, als deren
prestigereichstes Beispiel das Ottavo libro dei madrigali (Venedig 1638) von Claudio
Monteverdi (1567–1643) gelten kann: Ferdinand III., dessen Mutter Eleonora Gon-
zaga 1622 durch die Heirat mit Ferdinand II. aus Mantua nach Wien gekommen
ist, bemüht sich ab dem Amtsantritt ihres Stiefsohnes1637, den wohl berühmtesten
Komponisten dieser Zeit an seinen Hof einzuladen. Dass der betagte Monteverdi
dieses Angebot ausschlägt, trägt vermutlich dazu bei, dass das erste Opernhaus in Ös-
terreich nicht in Wien, sondern 15 Jahre später in Innsbruck errichtet wird.
II.3 Barocke Akademien
Aus der italienischen Spätrenaissance in Florenz und in Rom geht Ende des 16. Jahr-
hunderts die kulturell äußerst langlebige und dementsprechend weit verbreitete In-
stitution der Akademie bzw. Sprachgesellschaft hervor, als deren wichtigstes Vorbild
die 1582 gegründete Accademia della Crusca gelten kann.181 Unter der Patronanz der
Herrscher entstehen staatliche Gesellschaften zur Pflege von Sprache und Literatur,
die – im Vergleich zur Crusca – in einer kleineren, aber nicht unbedingt weniger
prachtvollen oder produktiven Weise von Adeligen im Sinne eines positiven Dilet-
tantismus betrieben werden. Ohne Zweifel weniger im Blick einer breiten Öffent-
lichkeit als die Académie française, die Fruchtbringende Gesellschaft bzw. die lite-
rarischen Salons in Paris stehend, bleiben die Akademien des österreichischen Adels
einem eingeschränkten Kreis rund um den Hof vorbehalten. Meist auf persönliche
Initiative eines Mitglieds der kaiserlichen Familie gegründet, widmen sie sich der
Pflege der italienischen Sprache und Kultur in einem elitären Kreis, der besoldete
oder ehrenamtliche muttersprachliche Vertreter der italienischen Kultur aus dem
Milieu der Literatur, Kunst und Theologie hinzuzieht.182
181 Vgl. zum Phänomen der europäischen Akademien der Frühen Neuzeit die Beiträge in Klaus Garber /
Heinz Wismann (Hg.): Europäische Sozietätsbewegung und demokratische Tradition. Die europäi-
schen Akademien der Frühen Neuzeit zwischen Frührenaissance und Spätaufklärung. 2 Bde. Tübingen
1996.
182 Vgl. Erika Kanduth: Italienische Dichtung am Wiener Hof im 17. Jahrhundert. In: Alberto Martino
(Hg.): Beiträge zur Aufnahme der italienischen und spanischen Literatur in Deutschland im 16. und 17.
Jahrhundert. Amsterdam 1990, S. 171–207. – Theophil Antonicek: Musik und italienische Poesie am
Hofe Kaiser Ferdinands III. In: Mitteilungen der Kommission für Musikforschung 42 (1990), S. 1–22.
– Erika Kanduth: Das geistlich-weltliche Konzept der italienischen Dichtung am Wiener kaiserlichen
Hof im 17. Jahrhundert. In: Brigitte Winklehner (Hg.): Italienisch-europäische Kulturbeziehungen im
Zeitalter des Barock. Tübingen 1991, S. 203–219. – Michael Ritter: „Man sieht der Sternen König glant-
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549