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293Ballette
und Einleitungen zu Balletten
V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten
Innerhalb der Festprogramme spielt das Ballett von Beginn an eine entscheidende
Rolle, sei es als Bestandteil der musiktheatralischen Aufführungen in Form von
thematischen Einlagen, die häufig von spezialisierten Komponisten (in der zwei-
ten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Wien zunächst ausschließlich Johann Heinrich
Schmelzer, ab 1680 sein Sohn Andreas Anton Schmelzer und ab 1693 Johann Joseph
Hoffer) geschaffen werden, sei es als eigenständige Produktionen, die mit anderen
unterhaltsamen Komponenten (einleitende Texte, Rezitative, Feuerwerke u.ä.) kom-
biniert zur Aufführung gelangen. Die in den Ballettprogrammen des Kaiserhofes
dominierende Persönlichkeit ist ohne Zweifel der ab 1626 in Wien tätige Ballett-
meister Santo Ventura, dem nach seinem Tod 1677 für beinahe 20 Jahre sein Sohn
Domenico Ventura in dieser Position nachfolgt.558 Die Darbietung eines Balletts
erfordert naturgemäß eine musikalische Grundlage der Tanzvorführung und eine
szenische Umrahmung der Choreographie. Literarische Texte sind nicht wirklich
konstitutiv für die Konzeption eines Balletts, können aber zusätzliche Aspekte der
inhaltlichen Vertiefung bzw. der festlichen Unterhaltung bieten. In der Folge wird
nur von jenen Ballettaufführungen die Rede sein, für welche literarische Beiträge
nachgewiesen werden können.
Die für Ballettaufführungen verfassten Libretti haben daher einen noch funktio-
naleren Charakter als jene für das Musiktheater, da in den seltensten Fällen die Texte
zeitgleich mit den Tänzen vorgetragen werden. Meist sind die literarischen Anteile
an den Ballettaufführungen eher begleitender Natur, d.h. sie bieten eine thematische
Einführung bzw. eine inhaltliche Struktur für die choreographischen Darbietungen,
indem sie Motive und Personen ankündigen, ihr Handeln erläutern und die getanz-
ten Konstellationen kommentieren. Die Drucke dieser Libretti erfüllen häufig auch
eine dokumentarische Aufgabe, indem sie neben den vorgetragenen Texten auch die
Choreographie und die Bühnenbilder beschreiben.559
Nach der zur Hochzeit des Thronfolgers Ferdinand am 27. Februar 1631 von
Cesare Gonzaga verfassten Invenzione del balletto nelle reali nozze, die in der vermut-
lich von Kaiserin Eleonora I. selbst gestalteten Choreographie im großen Saal der
Hofburg aufgeführt wird, ist im Spielplan des Kaiserhofes erst wieder am 12. Feb-
ruar 1652 eine ähnliche Darbietung zu finden: In Benedetto Ferraris (1597–1681)
558 Vgl. Andrea Sommer-Mathis: Die Tänzer am Wiener Hof im Spiegel der Obersthofmeisteramtsakten
und Hofparteienprotokolle bis 1740. Wien 1992.
559 Vgl. Relatione delli balletti, et Inventioni fatte l’ultimo giorno di Carnevale nell’augustissima corte di S. M. C.
Vienna: G. Gelbhaar 1636.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549