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Die Verbreitung der italienischen
Literatur540
tie oder zu einer aktuellen politischen Frage in fiktional-empfindsamer Weise zur
großen Hofoper aufbereitet, und die Faschingsoper, die gemäß der venezianischen
Tradition seria- auf der hohen Ebene mit buffa-Elementen auf der Dienerebene zur
lehrhaften Unterhaltung kombiniert, gelten. Die einzelnen Libretti geben in ihrer
Druckausgabe in der Regel ausführliche Hinweise auf den Anlass des Stückes, auf
die Komponisten und die näheren Umstände der Aufführung, seltener auf die Auto-
ren des Textes, welche oft nur aus der Widmung zu erkennen sind. Das einleitende
Argomento erläutert die Herkunft des Stoffes, die Absichten des Autors und den Cha-
rakter des Stückes; der Prologo eröffnet den meist mit allegorischen Figuren gebil-
deten Rahmen, welcher nach drei bzw. fünf Akten mit eingestreuten Balletteinlagen
durch eine alle Figuren einbeziehende Schlussszene wieder geschlossen wird. Daran
fügt sich die typische Licenza, eine aufwändige Huldigungsszene oft mit allegori-
schen Figuren, in welcher prominente Mitglieder des Hofes persönlich angespro-
chen und der Kontext der Aufführung ausgelegt werden. Die barocken Texte der
Generation von Nicolò Minato zeichnen sich durch eine Exemplifizierung des The-
mas mittels z.T. verwirrend ineinander verstrickter Parallelhandlungen aus. Diese
inhaltliche Vielfalt wird im Sinne einer klassizistischen Reform nach dem Vorbild
der französischen Tragödie des 17. Jahrhunderts von Apostolo Zeno beseitigt und
einer Konzentration auf die drei Einheiten (Handlung, Ort und Zeit) geopfert. Im
Sinne der Aufklärung spielen die stilistisch bemerkenswerten Libretti von Pietro
Metastasio immer wieder mit einer Auflösung der Illusion durch eine philosophi-
sche Selbstreflexion der auftretenden Figuren, welche die immerwährende Gültig-
keit klassischer Fragestellungen unterstreicht.
In der Generation Calzabigis löst sich das italienische Libretto in Österreich
endgültig von der exklusiv höfischen Tradition und wendet sich zunehmend an eine
breiter werdende europäische Öffentlichkeit.
VIII.3 Übersetzungen in das Deutsche
Auf Grund der mehrfach erwähnten Vertrautheit der österreichischen Führungs-
schichten mit der italienischen Sprache und deren dadurch bedingte, über lange
Zeit vorherrschende Präsenz am Wiener Hof spielen Übersetzungen aus dem Ita-
lienischen in das Deutsche in Österreich eine weniger wichtige Rolle als in anderen
deutschsprachigen Gebieten. Die herausragende Übersetzungstätigkeit von Johann
Wilhelm von Stubenberg (1619–63) entspricht wohl auch weniger den Bedürfnissen
seiner Umgebung als dem Programm der in Sachsen beheimateten Fruchtbringenden
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549