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32 | Wie die Touristinnen und Touristen zum Berg kamen
Noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts war die Schweiz kaum bekannt gewe-
sen, nun hatte sie sich zu einer Projektionsfläche romantischen Tourismusver-
ständnisses gewandelt. Zu dem Konzept der Schweizer Alpen zählten nicht nur
die Alpen bis zur von dem Wiener Kongress festgelegten Landesgrenze, sondern
auch Savoyen war mit gemeint. Der Montblanc und die Gletscher zählten nun
zu den Hauptattraktionen, obschon das schweizerische Hochgebirge noch länger
außer Acht gelassen werden sollte.38
Gegen Ende des 17. und zu Beginn des 18.
Jahrhunderts kam es während der
sogenannten kleinen Eiszeit zu einer erneuten Erkaltung des Klimas. In diese
Zeit fällt dann auch die touristische Entdeckung der Gletscher, wobei nach 1740
insbesondere Grindelwald und die Gletscher von Chamonix unter dem Mont-
blanc das Interesse der alpinen Reisenden weckten.39 Die Besucherzahlen waren
jedoch immer noch relativ niedrig, wobei der größte Anteil auf englische Tou-
ristinnen und Touristen fiel. Nach dem Siebenjährigen Krieg stiegen die Besu-
cherzahlen dann an. Von Genf oder Lausanne aus reiste man nach Chamonix
zu Pferd oder in der Kutsche, der Aufstieg zum Montenvers wurde zu Fuß oder
per Maulesel unternommen. Begleitet wurden diese Touristengruppen zumeist
von etlichen Führern. Nicht nur für die Gletscher, sondern auch für Reisen nach
Grindelwald und den Rest der Schweiz wurden Genf und die Genferseeregion
zur Eintrittsstelle und Basis für ausländische Touristen. Ab Ende des 18. und
Anfang des 19. Jahrhunderts besuchten nicht nur männliche Touristen, sondern
auch einige »grandes dames« die Gletscher. Darunter fanden sich unter anderem
Madame de Staël, Madame de la Briche sowie die zwei ehemaligen Kaiserinnen
Joséphine 1810 und Marie-Louise 1814.40 Claire Eliane Engel beschreibt die
typischen Ausflüge nach Grindelwald in romantisch-verklärter Manier folgen-
dermaßen : »In Grindelwald, tourists used to ride to the snouts of the two gla-
ciers and there eat strawberries while they listened to the roar of an Alpine horn,
blown by a bearded native.«41
Lange Zeit verfügten nur wenige Gipfel und Berge über einen Namen oder
eine – oftmals mythische – Geschichte. Dies änderte sich zunehmend im Laufe
des 18. Jahrhunderts. Zuvor wurden die Berge, mit Ausnahme von Hannibals Al-
Ausnahmen, so bereiste der berühmte Landschaftsmaler William Turner etwa 1802 die West- und
Zentralalpen. Beer, Gavin de, Travellers in Switzerland, S. 117.
38 Boyer, Marc, Histoire générale du tourisme du XVIe au XXIe siècle, S. 90 f.
39 Zuvor waren die Gletscher hauptsächlich als Eislieferanten für wärmere Gegenden bekannt. Ebd.,
S. 127.
40 Boyer, Marc, Histoire générale du tourisme du XVIe au XXIe siècle, S.
133–135, 141.
41 Engel, Claire Éliane, A History of Mountaineering in the Alps, S.
72.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC
Die Macht auf dem Gipfel
Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Titel
- Die Macht auf dem Gipfel
- Untertitel
- Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Autor
- Eva Bachmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21122-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 294
- Schlagwörter
- Alpen, Tourismus, Berge, Alpinismus, Reisen
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung 7
- 2. Wie die Touristinnen und Touristen zum Berg kamen : Alpine Reisende 26
- 3. British Royalty – das britische Königshaus 51
- 4. Casa Reale d’Italia – das italienische Königshaus 140
- 5. Vergleich 243
- 6. Fazit 258
- 7. Quellen- und Literaturverzeichnis 266
- 8. Abbildungsverzeichnis 285
- 9. Dank 288
- 10. Register 289