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italienischen Alpen |
wurden die Berge zu Orten, in denen die Jugend von weltlichen Verführungen
geläutert werde und aggressive Tendenzen in Form von sportlicher Betätigung
abgebaut werden könnten, weswegen der Aufenthalt in den Bergen auch als
ideale Freizeitgestaltung propagiert wurde. Zur Jahrhundertwende wurden die
Berggipfel zudem zusehends sakralisiert und Kreuze und Statuen errichtet.134
Die Verbreitung der Eisenbahn rückte dann auch für die italienische Bevöl-
kerung die Alpen in leichter zugängliche Nähe.135 1871 wurde etwa der Tunnel
durch den Mont Cenis eröffnet.136 Rüdiger Hachtmann attestiert Italien einen
touristischen Sonderweg. Bedingt durch den relativ späten Fall der Zoll barrie-
ren nach der Einigung 1861, habe ein eher kleines und vor allem regionales
Eisenbahnnetz lange einen Tourismus über die engen Grenzen des italienischen
Großbürgertums und der Aristokratie hinaus blockiert.137 Auch die Erneuerung
und Verbreiterung von Passstraßen spielten bei der touristischen Entwicklung
eine Rolle. So wurde etwa der Pass des kleinen Sankt Bernhard, welcher nun Pré
St. Didier und Bourg-Saint-Maurice verband, 1871 eröffnet und der Grosse-
Sankt-Bernhard-Pass erst über drei Jahrzehnte später 1905, womit nun Aosta
von Martigny aus erreicht werden konnte.138
Der in Turin wohnhafte, jedoch ursprünglich aus der Schweiz stammende
Adolfo Kind soll der erste gewesen sein, welcher 1896 Ski in Italien einführte.
Nachdem er 1898 das erste Mal in Prà Fieul mit den Skiern an den Alpen-
bewohnerinnen und Alpenbewohnern vorbeigesaust sei, welche ihn als Teufel
angesehen haben sollen, hatte sich Prà Fieul ein Jahr später schon als Winter-
sportort unter den ersten Skifahrern aus Turin etabliert. 1901 gründete Kind,
welcher selbstverständlich auch dem Club Alpino Italiano angehörte, dann auch
mit einigen anderen Mitgliedern den Ski Club Torino. Vor dem ersten Weltkrieg
waren die Ski in rund einem Dutzend Orten in den italienischen Alpen zum
Einsatz gekommen.139
Unter diesen Bedingungen nahm der Strom der italienischen Touristinnen
und Touristen, welche in den Bergen Ruhe in »paradiesischen« Zuständen zu
finden suchten, ab Beginn des 20. Jahrhunderts sodann auch tatsächlich zu. Ins-
besondere die breite Motorisierung der Bevölkerung ermöglichte nun vielen
134 Cuaz, Marco, »›Preti Alpinisti‹. Scienza cristiana e disciplinamento sociale alle origini dell’alpi-
nismo cattolico«, S. 289, 294–296.
135 Mocarelli, Luca, »Dalla montagna immaginata alla montagna vissuta«, S. 126.
136 Mathieu, Jon, Die Alpen. Raum – Kultur – Geschichte, S. 165.
137 Hachtmann, Rüdiger, Tourismus-Geschichte, S.
72.
138 Bartaletti, Fabrizio, Le grandi stazioni turistiche nello sviluppo delle Alpi italiane, S. 28.
139 Ebd., S. 30 f.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC
Die Macht auf dem Gipfel
Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Titel
- Die Macht auf dem Gipfel
- Untertitel
- Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Autor
- Eva Bachmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21122-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 294
- Schlagwörter
- Alpen, Tourismus, Berge, Alpinismus, Reisen
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung 7
- 2. Wie die Touristinnen und Touristen zum Berg kamen : Alpine Reisende 26
- 3. British Royalty – das britische Königshaus 51
- 4. Casa Reale d’Italia – das italienische Königshaus 140
- 5. Vergleich 243
- 6. Fazit 258
- 7. Quellen- und Literaturverzeichnis 266
- 8. Abbildungsverzeichnis 285
- 9. Dank 288
- 10. Register 289