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116 | British Royalty – das britische Königshaus
April Italien verließ, suchte sie in Innsbruck den Kaiser von Österreich auf und
fuhr weiter durch Berlin nach Charlottenburg zu ihrem Schwiegersohn, wobei
sie einen Streit in der Familie ihrer Tochter zu schlichten hoffte.280
Für ihre Zugreisen auf dem europäischen Festland befand sich eigens ein
royaler Waggon in Calais. Dieser verfügte über Sofas, welche sich in Betten um-
stellen ließen, und ein Laternendach. Damit reiste die Königin jeweils nach der
Kanalüberquerung per Schiff in den Süden Frankreichs, wo sie sich mehrere
Male in der Nähe von Cannes in einer Villa in Cimiez aufhielt. Später befand
sich ein solcher Wagen in Cherbourg, womit sie nach Nizza reiste. Dort wurde
sie mit weitaus weniger Zeremoniell als in England oder Schottland üblich –
aber trotzdem noch mit Willkommensreden des dortigen Bürgermeisters – be-
grüßt. Festmachen ließ sich dieser gelockerte Lebensstil der Königin während
der Zugreisen in Europa auch anhand eines Kupferkessels, welchen sie eigens
mitnahm, um auch auf den Gleisen nicht auf eine anständige Tasse Tee verzich-
ten zu müssen.281
Im März des nächsten Jahres erkundete Victoria abermals ihr bislang unbe-
kannte Gefilde und besuchte Spanien und die dortige Königin. Dies stellte nicht
nur für ihre Person, sondern für die englische Monarchie an sich eine Premiere
dar.282 Noch im August desselben Jahres erfolgte ein weiteres persönliches Rei-
senovum der Königin, nun jedoch in bedeutend größerer Nähe. Nachdem sie
bereits ungefähr ein Jahrzehnt lang die Möglichkeit eines Besuches kontempliert
hatte, suchte sie auf dem Weg nach Schottland Wales auf. Sie traf dort auf aristo-
kratische Bekannte und äußerte sich wohlwollend hinsichtlich der Loyalität der
Bevölkerung und der Schönheit der Landschaft.283
In ihrem letzten Lebensjahrzehnt und zugleich dem letzten des 19. Jahrhun-
derts steigerte sich Victorias Reisetätigkeit nochmals – einerseits besuchte sie
verschiedene Orte in England selbst284 und andererseits bereiste sie auch das eu-
ropäische Festland. In Südfrankreich begab sie sich zum dritten und letzten Mal
280 Lee, Sidney, »Victoria«, S. 305.
281 Garrett, Richard, Royal Travel, S. 98 f.
282 Lediglich Charles I. und Charles II. hatten, jedoch als Prinzen, vor ihr Spanien betreten. Lee,
Sidney, »Victoria«, S. 307.
283 Lee, Sidney, »Victoria«, S. 310.
284 Königin Victoria nahm zeitlebens nur wenige Einladungen zu persönlichen Besuchen aus Eng-
land an. Der Historiker Michael Bentley dazu : »At the very pinnacle of society there lurked even
the threat that the Queen might actually come and visit, as she did ruinously at Burghley in 1844
when the cost of refurbishing her temporary bedroom drew heavily on the Marquis of Exeter’s
resources.« Bentley, Michael, »Power and Authority«, S. 167.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC
Die Macht auf dem Gipfel
Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Titel
- Die Macht auf dem Gipfel
- Untertitel
- Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Autor
- Eva Bachmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21122-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 294
- Schlagwörter
- Alpen, Tourismus, Berge, Alpinismus, Reisen
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung 7
- 2. Wie die Touristinnen und Touristen zum Berg kamen : Alpine Reisende 26
- 3. British Royalty – das britische Königshaus 51
- 4. Casa Reale d’Italia – das italienische Königshaus 140
- 5. Vergleich 243
- 6. Fazit 258
- 7. Quellen- und Literaturverzeichnis 266
- 8. Abbildungsverzeichnis 285
- 9. Dank 288
- 10. Register 289