Seite - 152 - in Die Macht auf dem Gipfel - Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
Bild der Seite - 152 -
Text der Seite - 152 -
152 | Casa Reale d’Italia – das italienische Königshaus
Gleich zu Beginn und noch kurz vor der Einigung Italiens unternahm Vit-
torio Emanuele II. die erste wichtige Reise seines Regierungsantrittes als König
von ganz Italien, indem er sich in die bereits zum Königreich gestoßenen Ge-
biete begab. So reiste er im August 1859 nach Mailand und im April des darauf-
folgenden Jahres nach Florenz. Daran anschließend erfolgten Besuche in Pisa,
Lucca, Siena, Bologna, in Reggio Emilia und nach Modena, Parma und in die
Stadt Piacenza. Im November desselben Jahres traf der König im von Garibaldi
erkämpften Neapel ein, 1861 in Palermo und ein Jahr darauf 1862 in Messina.
1866 reiste er nach Venedig und schließlich, im Dezember 1870, auch nach Rom,
womit die mit Feierlichkeiten begleitete Beschreitung des neuen Untertanenge-
bietes durch den neuen italienischen König abgeschlossen war.40
Vittorio Emanuele II. besaß inzwischen 343 königliche Paläste und Jagdnie-
derlassungen. Die Sommermonate verbrachte er jedoch bevorzugt und zumeist
in seinen Jagdreservaten in den italienischen Alpen. In den aufeinanderfolgenden
Hauptstädten Italiens, Florenz und Rom, fühlte sich der Monarch größtenteils
unwohl und verbrachte dort, trotz Protesten, nur so viel Zeit wie absolut nötig
und unterhielt sich zudem meist in Französisch oder seinem Herkunftsdialekt.
Vittorio Emanuele II. vertraute so etwa dem ebenfalls aus Norditalien stammen-
den Ministerpräsidenten Urbano Rattazzi an, dass er – obschon er sich stolz
zeigte, über ein geeintes Italien zu herrschen – weder der Bevölkerung Roms
noch derjenigen von Süditalien im Allgemeinen besonders zugeneigt sei.41
Gemäß dem auf die Jagdgeschichte im Aostatal und Piemont spezialisierten
Zoologieprofessor Pietro Passerin d’Entrèves wurden die Straßen und Reitpfade,
die Vittorio Emanuele im Zuge der Etablierung seiner Jagdreservate erbauen
ließ, nicht nur von den Jägern und dem König selbst bei seinen sommerlichen
Aufenthalten genutzt, sondern waren für alle zugänglich : »[D]er König sah es
gern, wenn die Alpinisten sie als Anmarschrouten für ihre Bergtouren nutz-
ten.«42 Lediglich wenn Vittorio Emanuele gerade mit der Jagd beschäftigt war,
behielt er sich das Recht vor, die Wege sperren zu lassen, damit das Wild nicht
vertrieben wurde.43 So wurde etwa 1875 eine Gruppe von Mitgliedern des itali-
enischen Alpenclubs, die sich auf einer Exkursion befand und gerade im Begriff
war, den Gran Paradiso zu besteigen, von Boten des Königs gebeten, doch noch
einen Tag zu warten
– Vittorio Emanuele
II. befände sich gerade in dem Gebiet
40 Brice, Catherine, Monarchie et identité nationale en Italie (1861–1900), S. 80.
41 Mack Smith, Denis, Italy and its Monarchy, S. 25, 56, 63.
42 Passerin d’Entrèves, Pietro, »Königliche Jagden im Gran Paradiso«, S. 42.
43 Ebd., S. 42 f.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC
Die Macht auf dem Gipfel
Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Titel
- Die Macht auf dem Gipfel
- Untertitel
- Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Autor
- Eva Bachmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21122-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 294
- Schlagwörter
- Alpen, Tourismus, Berge, Alpinismus, Reisen
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung 7
- 2. Wie die Touristinnen und Touristen zum Berg kamen : Alpine Reisende 26
- 3. British Royalty – das britische Königshaus 51
- 4. Casa Reale d’Italia – das italienische Königshaus 140
- 5. Vergleich 243
- 6. Fazit 258
- 7. Quellen- und Literaturverzeichnis 266
- 8. Abbildungsverzeichnis 285
- 9. Dank 288
- 10. Register 289