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226 | Casa Reale d’Italia – das italienische Königshaus
Das Zeremoniell für den italienischen König begann bereits, bevor Vittorio
Emanuele III. ausgestiegen war. Bei der Einfahrt des Zuges wurden Salven ab-
gefeuert und eine Musikkappelle aus Luzern begann den königlichen Marsch zu
spielen.344 Wie pompös der Empfang des italienischen Königs in den schwei-
zerischen Alpen ausfiel, lässt sich dem Bericht aus einem Zürcher Wochenblatt
entnehmen :
Mit dem Königszug von Italien fuhr letzten Dienstag von Bellinzona aus auch der
Sekretär der Bundesanwaltschaft (wozu braucht die einen Sekretär ? Sie hat ja sel-
ber nichts zu thun) […] . In Göschenen begrüßten den König, der jung, klein und
schmächtig ist, die vier Bundesräthe Zemp, Müller, Brenner und Comtesse. […] Die
Luzerner Stadtmusik, 30 Mann stark, spielte und die Kanonen am Gotthard don-
nerten bei der Einfahrt des Zuges. Drei Waggons voll Blumen waren von Zürich aus
mit einigen Kunstgärtnern zur Dekoration von Göschenen dirigirt worden. Von den
Gotthardtruppen waren 280 Mann aufmarschirt und nicht weniger als 40 Zeitungsre-
porter waren zugegen. […] Ueberall, auch in Zürich, waren die Bahnhöfe abgesperrt.
Der Rheinfall war zu Ehren des Königs bei dessen Vorbeifahrt großartig beleuchtet.345
Dass dieses Wochenblatt dem König nicht ausschließlich bewundernd gegen-
überstand, wird aus der Beschreibung seines Erscheinungsbildes ersichtlich, die
wohl auf diese Weise nirgends in einer italienischen Zeitung hätte abgedruckt
werden können. Der bei dem Empfang eindrücklich rapportierte Aufmarsch
wurde jedoch nicht weiter negativ kommentiert.
Nach einem gemeinsamen Abendessen, bei dem sich der Präsident des Bun-
desrates und der italienische König die gegenseitige Freundschaft und das Wohl-
Königs von Italien durch die Schweiz getroffen hat. Die Art, Schillers schönes Wort vom ›Män-
nerstolz vor Königsthronen‹ zu verleugnen und ihm nur die Geltung einer Schützenfestphrase zu
belassen, ist zu kraß, um stillschweigend darüber hinweggehen zu können. [….] War schon der
Paradedienst der Gotthardtruppen vor dem König ein Akt der Devotion, der jedem rechten Sol-
daten dabei das Blut in den Kopf treiben mußte, und war die Begleitung des Bundesrathes durch
eine widrige Nachahmung monarchischer Sitten, so mußten vollends zwei andere Maßnahmen
die bittersten Gefühle erregen : die Voraussendung eines kleinen Probe= und Sicherheitszuges vor
dem königlichen Zug und die Bewachung der ganzen Bahnlinie durch ausgestellte Posten und
der Stationen durch Militärwachen.« BAR E21#1000/131#14552*, o.
A., »Eine Beleidigung un-
seres Landes«, in : Bülach=Dielsdorfer Wochen-Zeitung. Demokratisches Volksblatt, Nr. 70, Samstag
den 30. August 1902, S.
1.
344 o. A., »Il passaggio del Re d’Italia per la Svizzera«, S. 1.
345 BAR E21#1000/131#14552*, o. A., o. T., in : Bülach=Dielsdorfer Wochen-Zeitung. Demokratisches
Volksblatt, Nr. 70, Samstag, den 30. August 1902, o. S.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC
Die Macht auf dem Gipfel
Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Titel
- Die Macht auf dem Gipfel
- Untertitel
- Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Autor
- Eva Bachmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21122-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 294
- Schlagwörter
- Alpen, Tourismus, Berge, Alpinismus, Reisen
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung 7
- 2. Wie die Touristinnen und Touristen zum Berg kamen : Alpine Reisende 26
- 3. British Royalty – das britische Königshaus 51
- 4. Casa Reale d’Italia – das italienische Königshaus 140
- 5. Vergleich 243
- 6. Fazit 258
- 7. Quellen- und Literaturverzeichnis 266
- 8. Abbildungsverzeichnis 285
- 9. Dank 288
- 10. Register 289