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ben der dortigen Bevölkerung oder auch gesellschaftlich weniger hoch gestellten
Reisenden vergleicht.
So soll Caroline in der Villa d’Este zwar ein simples Leben wie in einer Fami-
lie geführt haben, sie war jedoch stets umgeben von Dienerschaft und Hofdamen,
wenngleich dieser Hofstaat wesentlich kleiner als in London ausfiel. Dieses, für
königliche Verhältnisse, »einfache« Leben war auf ihren bereits von Kindheit an
stark ausgeprägten Freiheitswillen zurückzuführen, der ihr auch verunmöglichte,
sich vollends in das höfische Etikett einzufügen.
Albert unternahm hingegen einen Großteil seiner alpinen Tour zu Fuß,
konnte aber auf berühmte Persönlichkeiten als Führer zurückgreifen, ebenso wie
zwanzig Jahre später Albert Edward, der inkognito reiste. Letzterer soll sich zwar
ohne Standesdünkel frei mit anderen Reisenden unterhalten haben, kam jedoch
meist in luxuriösen Hotels unter und kritisierte die einfachen Unterkünfte auf
seinen Bergtouren.
Victoria schwärmte sowohl hinsichtlich ihrer Aufenthalte in der Pension Wal-
lis als auch auf dem Furkapass, dass sie ungeachtet ihrer sonstigen gesellschaft-
lichen Stellung wie eine Familie zusammengelebt hätten. Bereits im Vorfeld
hatte sie angekündigt, mit reduziertem Hofstaat zu reisen, um möglichst einfach
und zurückgezogen zu leben. Königin Victoria reiste deshalb inkognito. Wäh-
rend ihres Aufenthaltes in der Schweiz berichtete sowohl die lokale wie auch
die englische Presse von ihrem einfachen Lebensstil bar jeglicher Etikette. Der
abschließende Artikel der Times unterstrich dies dadurch, dass er den königli-
chen Gast während ihrer alpinen Reisen mit ihren Untertanen bis zur »unteren
Mittelklasse«15 gleichsetzte, die ebenfalls als Touristinnen und Touristen in den
Schweizer Bergen unterwegs waren. Allerdings mieteten keine Reisenden vor ihr
je das ganze Hotel auf dem Furkapass oder ein ganzes Dampfschiff für sich und
auch der Empfang auf der Rigi bezog sich trotz ihres Inkognitos auf ihre hohe
Stellung. Zudem reflektierte ihre Tochter Alice die Wanderungsmühsale ihrer
Mutter und verwies beispielsweise darauf, dass sich die Besteigung des Pilatus
für »common mortals«16 als weitaus schwieriger gestalte als für Victoria, die über
gute Ponys und den starken Arm Browns verfüge.
Unter den italienischen Regenten wurden insbesondere die Aufenthalte von
Vittorio Emanuele II. zu – in Amé Gorrets Worten – einem »vie du franc mon-
tagnard«17 stilisiert. Dies nicht ganz zu Unrecht, übernachtete der König tatsäch-
15 o. A., »London, Friday, September 11, 1868«, S. 6.
16 Letter from Alice to Victoria, Kranichstein, 4 September 1868, S. 191.
17 Gorret, Amé, Victor-Emmanuel sur les Alpes, S. 12.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC
Die Macht auf dem Gipfel
Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Titel
- Die Macht auf dem Gipfel
- Untertitel
- Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Autor
- Eva Bachmann
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21122-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 294
- Schlagwörter
- Alpen, Tourismus, Berge, Alpinismus, Reisen
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung 7
- 2. Wie die Touristinnen und Touristen zum Berg kamen : Alpine Reisende 26
- 3. British Royalty – das britische Königshaus 51
- 4. Casa Reale d’Italia – das italienische Königshaus 140
- 5. Vergleich 243
- 6. Fazit 258
- 7. Quellen- und Literaturverzeichnis 266
- 8. Abbildungsverzeichnis 285
- 9. Dank 288
- 10. Register 289