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202 Strukturen von Metallclusterionen
Die verwendeten Guptapotenziale (siehe Abbildung 142) führen in der Tendenz zu sehr
kompakten Strukturen, deren Bindungslängen um ca. 0,5–2,0% systematisch unter-
schätzt werden. Eine Ausnahme ist das Silberpotenzial, welches sich zur Beschreibung
der Bindungsabstände in diesen Clusterstrukturen eignet.
Erklären könnte die experimentell gefundenen Abweichungen zu den vorhergesagten
ikosaedrischen Strukturen die Schwingungstemperatur der Cluster. Wie in einem Fest-
körper ist ein Aufweiten des Kristallgitters durch thermische Anregung der Phononen
bis in einen anharmonischen Bereich zu erwarten. In den hier vorliegenden Beugungs-
experimenten wird die mittlere Auslenkung innerhalb einer harmonischen Näherung mit
dem Debye-Waller-Faktor (DWF) berücksichtigt.32,33 In den TIED-Anpassungen wird
der Term ( )2
2L
sexp
− unter Verwendung einer über alle Schwingungsamplituden ge-
mittelten Auslenkung berücksichtigt (siehe Kapitel 3.7). Die entsprechenden Werte L
können ebenso Tabelle 18 entnommen werden und sind für die verschiedenen Cluster
vergleichbar groß. Unterschiede liegen maximal in der Größenordnung des Doppelten.
Da der Parameter mit anderen angepassten Größen korreliert, ist nur mit einer einheitli-
chen Übereinstimmung zu rechnen, sofern in allen untersuchten Fällen die richtige Mo-
dellstruktur (oder Mischung) gefunden worden sein sollte. Es ist zudem wahrscheinlich,
dass das Verwenden einer einzigen mittleren Schwingungsamplitude L für Anpassungen
von Mischungen verschiedener Strukturmotive lediglich einen Kompromiss darstellt
und somit eine genauere Bestimmung der Ensemblezusammensetzung nicht möglich ist
(vgl. hierzu die dies genauer widerspiegelnde simulierte Temperaturabhängigkeit von
Paarabständen in einer Clusterstruktur, Kapitel 6).
Die Triebkraft zum Bilden dekaedrischer Strukturen kann man an den Beispielen Cun−
anhand der darin variierenden Anzahl nächster Nachbarn interpretieren. Finite Metall-
cluster mit einem hohen relativen Anteil an Oberflächenatomen haben an ihren Grenzen
unvollständig koordinierte Atome, die einen geringeren Beitrag zur Gesamtbindungs-
energie liefern. Die mittlere Anzahl nächster Nachbarn <NN> kann als Größe für die
Bindungszahl jedes Atoms und in erster Näherung als Stabilitätskriterium herangezogen
werden. Ikosaedrische Strukturen besitzen in diesem Größenbereich der Nanopartikel
stets größere <NN>-Werte als ein dekaedrisches Bindungsmotiv (siehe Tabelle 18, das
Abschneidekriterium ist hier wie auf Seite 125 beschrieben gleich zu ANND gewählt).
Ab einer Zusammensetzung von ca. 116 Atomen sinkt jedoch im Zuge der kontinuierli-
chen Vervollständigung einer dritten Schale der relative Unterschied in der mittleren
Koordinationszahl beider Motive, was mit der Lage der gefundenen Strukturübergänge
überein geht. Mit einer Koordinationszahl von 12 Atomen ist die Sphäre eines jeden
Atoms gesättigt, was dann der unendlich ausgedehnten Festkörperstruktur entspricht.
Die TIED-Experimente zeigen eindrucksvoll, dass Cobalt den fcc-Elementen Ni, Cu
und Ag in seinen Clusterstrukturen im untersuchten Größenbereich stark ähnelt. Insbe-
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Aufklärung der Struktur von Metallclusterionen in der Gasphase mittels Elektronenbeugung
- Titel
- Aufklärung der Struktur von Metallclusterionen in der Gasphase mittels Elektronenbeugung
- Autor
- Thomas Rapps
- Verlag
- KIT Scientific Publishing
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-86644-878-0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 390
- Schlagwörter
- Elektronenbeugung, Nano-Metallcluster, Gasphase, massenselektiv, Strukturbestimmung
- Kategorien
- Naturwissenschaften Chemie
Inhaltsverzeichnis
- Abstract
- 1 Einleitung 1
- 2 Elektronenbeugung in der Gasphase (GED) 5
- 3 Das TIED-Experiment 15
- 4 Heuristik der Clusterstrukturfindung 35
- 5 Strukturen von Metallclusterionen 45
- 5.1 Kleine Käfigstrukturen magnetisch dotierter Goldcluster (M@Aun−, M = Fe, Co, Ni; n = 12–15) 45
- 5.2 Ladungsabhängige Strukturunterschiede von kleinen Bismutclustern 68
- 5.3 Palladiumcluster (Pdn−/+, 13 ≤ n ≤ 147) 91
- 5.4 Wasserstoffadsorptionseigenschaften von massenselektierten Palladiumclustern 128
- 5.5 3d-/4d-/5d-Übergangsmetallcluster aus 55 Atomen 152
- 5.6 Strukturelle Entwicklung später Übergangsmetallcluster (Co, Ni, Cu, Ag) 184
- 6 Der Temperatureinfluss auf die Gleichgewichtsstruktur von Metallclusterionen 205
- 7 Statistische Untersuchungen zur Datenanalyse 259
- 8 Zusammenfassung und Ausblick 273
- Anhang A: Beugungsdaten weiterer Metallclusterionen 279
- A.1 Entwicklung der Clusterstruktur verschiedener Elemente der Gruppe 14 (Si, Sn, Pb) 279
- A.2 Schmelzen des Clusters Pb55− 283
- A.3 Der Zinncluster Sn13+ 379 286
- A.4 Strukturmotiv von Clustern des bcc-Elements Tantal 288
- A.5 Thermisch induzierte Oberflächenrekonstruktion beinahe geschlossenschaliger Silbercluster (Ag55±x−, x = 1–2) 290
- A.6 Möglicher Strukturübergang bei Silberclusterionen (Agn−, n = 80–98) 295
- A.7 Reine Goldcluster größer 20 Atome 296
- Anhang B: Apparative Entwicklung 305
- Anhang C: Einfluss der Fallengeometrie auf große Streuwinkel 311
- Anhang D: CNA-Analyse des zehnatomigen Strukturensembles 313
- Anhang A: Beugungsdaten weiterer Metallclusterionen 279
- Abbildungsverzeichnis 321
- Tabellenverzeichnis 331
- Literaturverzeichnis 333