Seite - 23 - in Die Big-Data-Debatte - Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
Bild der Seite - 23 -
Text der Seite - 23 -
23
Was von den Spielzeugherstellern versucht wurde, bediente erneut die Ăngste
einer flĂ€chendeckenden Ăberwachung ohne mögliche private RĂŒckzugsorte. Das
schon einige Jahre alte Zitat von Facebook-Chef Zuckerberg, dass Privatheit
nicht mehr die soziale Norm sei, wurde in den Medien erneut kritisch diskutiert.
Der hohe Empörungsfaktor, den diese an sich kleine Geschichte aufweist, hÀngt
allerdings nicht zuletzt mit der Machtasymmetrie zwischen Kindern und Konzer-
nen zusammen. Spione sind schon schlimm, aber im Kinderzimmer, das geht gar
nicht â so unisono der Medientenor. Vermutet wurde eine einfache strategische
Ăberlegung: Wer als Kind schon ohne PrivatsphĂ€re aufgewachsen ist, wird sich
als Erwachsener kaum noch dagegen auflehnen. Eine weitere Variante bzw. Fort-
setzung dieser Geschichte von der Ăberwachung von Kindern bot dann im Dezem-
ber 2017 die Serie mit dem bildhaften Titel âArkangelâ aus der Netflix-Produktion
âBlack Mirrorâ. Regisseurin Jody Foster wirft darin einen dystopischen Blick auf
eine bereits mögliche TotalĂŒberwachung von Kindern und Jugendlichen.
1.2.5 Die Apokalypse: Die ErzÀhlung vom
digitaltotalitÀren Staat
Wer Hinweise fĂŒr die freiheitsgefĂ€hrdenden Potenziale von Big Data sucht, der
braucht seine Fantasie aber nicht weit in die Zukunft schweifen zu lassen. Es reicht,
sich die Berichte ĂŒber China anzuschauen. FĂŒr den englischen Economist (2016)
ist es das ehrgeizigste Experiment digitaler sozialer Kontrolle in der Welt. So wie
Banken im kapitalistischen Westen die KreditwĂŒrdigkeit von Kunden durch Sco-
ring abbilden, will China das soziale und politische Verhalten seiner 1,4 Mrd.
Einwohner in einem Punkte-System erfassen. Bis 2020 soll ein umfassendes Sozial-
kredit-System, ein sogenannter Super-Score, mit dem Ziel entstehen, das Verhalten
der gesamten Gesellschaft im Sinne einer harmonischen sozialistischen Gesell-
schaft zu beeinflussen (SachverstĂ€ndigenrat fĂŒr Verbraucherfragen 2018, S. 61 ff.).
Danach erhalten BĂŒrger, Firmen und Behörden Punkte fĂŒr im sozialistischen
Sinn tugendhaftes Verhalten, etwa berufliche Auszeichnungen oder soziales Enga-
gement, und PunkteabzĂŒge bei schlechtem Verhalten, beispielsweise fĂŒr Ver-
kehrsvergehen, Steuerhinterziehung oder die VernachlÀssigung der alten Eltern
oder auch, wenn man allein in zu groĂen Wohnungen lebt oder auslĂ€ndische
Luxusautos fÀhrt. Wer eine höhere Punktzahl erreicht, kann mit schnellerer
Beförderung im Job oder schnellerer Zuweisung von staatlichen Wohnungen
rechnen, eine niedrige Punktzahl wirkt sich negativ auf die Bewilligung von Rei-
sen ins Ausland, SchulplĂ€tze fĂŒr die Kinder, auf die Wohnungssuche oder auch
die Nutzung von Autobahnen aus.
1.2 Von Konflikten und Kollisionen âŠ
Die Big-Data-Debatte
Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Titel
- Die Big-Data-Debatte
- Untertitel
- Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Autoren
- Susanne Knorre
- Horst MĂŒller-Peters
- Verlag
- Springer Gabler
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-27258-6
- Abmessungen
- 15.3 x 21.6 cm
- Seiten
- 220
- Schlagwörter
- Economics, Management science, Economic policy, Motivation research (Marketing), Insurance
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- 1 Big Data im öffentlichen Diskurs: Hindernisse und Lösungsangebote fĂŒr eine VerstĂ€ndigung ĂŒber den Umgang mit Massendaten 1
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- 1.1.1 Nutzen und Schutz von Daten: Ăberlegungen zur Analyse eines politischen Diskurses 2
- 1.1.2 Big Data, KĂŒnstliche Intelligenz und Algorithmen: Begriffe und Konzepte in der Diskussion 4
- 1.1.3 Arten, Herkunft und Nutzer von Daten: AnnÀherung an eine Dual-Use Technologie 7
- 1.1.4 Diffuses Bild: Was bislang ĂŒber die öffentliche EinschĂ€tzung von Datennutzung erhoben wurde 12
- 1.2 Von Konflikten und Kollisionen: Big Data als Gegenstand öffentlicher Narrationen 15
- 1.2.1 Ein Narrativ wird entdeckt: âBig Brotherâ in der Kampagne gegen die VolkszĂ€hlung 1983 16
- 1.2.2 âBig Brotherâ reloaded: Die ErzĂ€hlung von Edward Snowden 18
- 1.2.3 Die Manipulation: Die ErzÀhlung von der Beeinflussung des US-Wahlkampfs 2016 20
- 1.2.4 Spione im Kinderzimmer: Die ErzÀhlung vom Verlust der PrivatsphÀre 22
- 1.2.5 Die Apokalypse: Die ErzÀhlung vom digitaltotalitÀren Staat 23
- 1.2.6 Die VerselbststÀndigung der Maschine: Die ErzÀhlung vom unkontrollierbaren Auto 25
- 1.2.7 Die globale Gier: Die ErzĂ€hlung von der Weltherrschaft der âFrightful 5â 26
- 1.3 Nutzen und Schutz von Daten des BĂŒrgers im politischen Diskurs 28
- 1.4 Vom Heldenbild des rationalen, souverÀnen Nutzers: Narrationen im politischen Diskurs 35
- 1.5 Datenethik als neues Paradigma? Handlungsangebote jenseits der Regulierung 42
- 1.6 Ordnungspolitik und Big Data: Den fairen Zugang sichern 46
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- Literatur 55
- 2 Big Data, Data Analytics und Smart Services rund um Wohnen, Gesundheit und MobilitĂ€t: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger in privaten Lebenswelten 63
- 3 Big Data: Chancen und Risiken aus Sicht der BĂŒrger 137
- 3.1 Einleitung 137
- 3.2 Datenwissen 140
- 3.3 Handlungsfreiheit 143
- 3.4 FolgeabschĂ€tzungen, Bewertung von Anwendungsfeldern und Einstellungen zu Datenschutz und Technologie (âWollenâ) 146
- 3.5 Verhalten (âHandelnâ) 160
- 3.6 Datenpolitik und Datenethik (âNeue Paradigmenâ) 169
- 3.7 Alte und neue Narrative 176
- 3.8 Neue Rollen am Beispiel der Versicherungswirtschaft 179
- 3.9 Fazit 187
- Literatur 191
- 4 Big Data: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger! Zusammenfassung und Fazit 195
- 4.1 Zur Gestaltung des öffentlichen Diskurses ĂŒber Chancen und Risiken von Big Data: Die Ergebnisse im Ăberblick 196
- 4.2 Zum Nutzen von Big Data in konkreten Lebenswelten:
- Die Ergebnisse im Ăberblick 201
- Anhang 207