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40 1 Big Data im öffentlichen Diskurs âŠ
Gesetzgebung die Voraussetzungen geschaffen sind, ist angesichts der tÀglich zu
bewÀltigenden Informationsflut, der dynamischen Entwicklung und der realen
Machtstrukturen in der Internetgesellschaft genauso unrealistisch wie das Modell
des Homo oeconomicus in der klassischen Ăkonomie.
1.4.2 Vom Datenschutz zur DatensouverÀnitÀt: Mit
persönlichen Daten eigenverantwortlich umgehen
In diesem Zusammenhang ist ein Blick auf ein neues Leitbild zu werfen: Daten-
souverĂ€nitĂ€t. Kritiker unter den Daten- und VerbraucherschĂŒtzern denunzieren
den Begriff gern als âEuphemismusâ oder âLobbybegriffâ den die Datenindustrie
den Politikern verkauft habe, so der GrĂŒnder von Netzpolitik.org, Markus Becke-
dahl (zitiert in Krempl 2018). Immer öfter werde damit das Recht auf informatio-
nelle Selbstbestimmung infrage gestellt, moniert in diesem Zusammenhang die
nieder-sÀchsische Datenschutzbeauftragte Barbara Thiel (zitiert in Krempl 2018).
TatsÀchlich ist der Begriff in einem etwas umfassenderen Kontext entstanden:
Ausgangspunkt war die Erkenntnis, dass angesichts der hiesigen RĂŒckstĂ€ndig-
keit in digitaler Technologie, der Vorherrschaft der groĂen amerikanischen Inter-
netunternehmen bei Big Data und der Speicherung der meisten Nutzerdaten im
auĂereuropĂ€ischen Ausland Deutschland und Europa die Kontrolle ĂŒber einen
wichtigen Wirtschaftsbereich zu verlieren drohen und wieder âdigitale SouverĂ€ni-
tĂ€tâ erreichen sollen. Diese definierte der Branchenverband Bitkom beispielsweise
als die FĂ€higkeit, âGeschĂ€ftsgeheimnisse der Unternehmen und Forschungsein-
richtungen bestmöglich zu schĂŒtzenâ (Bitkom 2015). Auch der Aufsatz âDaten-
souverĂ€nitĂ€t: Fortschritt und Verantwortungâ (Schwerk et al. 2018), der mit
UnterstĂŒtzung des Bundesministeriums fĂŒr Wirtschaft entstanden ist, verwendet
den Begriff im Kontext des europÀisch-amerikanischen Digitalwettbewerbs.
Inzwischen wird DatensouverÀnitÀt auch als individuelles Recht verstanden.
Individuelle DatensouverÀnitÀt meint aber nicht das juristische Eigentum an
Daten, auch wenn in der Politik der Begriff âDateneigentumâ6 gelegentlich
verwendet wird. Der juristische Eigentumsbegriff gilt fĂŒr Sachen, greift aber
nicht bei Daten, weil diese i. d. R. durch Beziehungen begrĂŒndet sind. âWenn
ich tanke, gehört die Information ĂŒber meine KĂ€ufe mir und der Tankstelle.â
6So etwa sprach Angela Merkel von âDatenschutz, Dateneigentum und neuen Produkt-
möglichkeitenâ (Merkel 2015).
Die Big-Data-Debatte
Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Titel
- Die Big-Data-Debatte
- Untertitel
- Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Autoren
- Susanne Knorre
- Horst MĂŒller-Peters
- Verlag
- Springer Gabler
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-27258-6
- Abmessungen
- 15.3 x 21.6 cm
- Seiten
- 220
- Schlagwörter
- Economics, Management science, Economic policy, Motivation research (Marketing), Insurance
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- 1 Big Data im öffentlichen Diskurs: Hindernisse und Lösungsangebote fĂŒr eine VerstĂ€ndigung ĂŒber den Umgang mit Massendaten 1
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- 1.1.1 Nutzen und Schutz von Daten: Ăberlegungen zur Analyse eines politischen Diskurses 2
- 1.1.2 Big Data, KĂŒnstliche Intelligenz und Algorithmen: Begriffe und Konzepte in der Diskussion 4
- 1.1.3 Arten, Herkunft und Nutzer von Daten: AnnÀherung an eine Dual-Use Technologie 7
- 1.1.4 Diffuses Bild: Was bislang ĂŒber die öffentliche EinschĂ€tzung von Datennutzung erhoben wurde 12
- 1.2 Von Konflikten und Kollisionen: Big Data als Gegenstand öffentlicher Narrationen 15
- 1.2.1 Ein Narrativ wird entdeckt: âBig Brotherâ in der Kampagne gegen die VolkszĂ€hlung 1983 16
- 1.2.2 âBig Brotherâ reloaded: Die ErzĂ€hlung von Edward Snowden 18
- 1.2.3 Die Manipulation: Die ErzÀhlung von der Beeinflussung des US-Wahlkampfs 2016 20
- 1.2.4 Spione im Kinderzimmer: Die ErzÀhlung vom Verlust der PrivatsphÀre 22
- 1.2.5 Die Apokalypse: Die ErzÀhlung vom digitaltotalitÀren Staat 23
- 1.2.6 Die VerselbststÀndigung der Maschine: Die ErzÀhlung vom unkontrollierbaren Auto 25
- 1.2.7 Die globale Gier: Die ErzĂ€hlung von der Weltherrschaft der âFrightful 5â 26
- 1.3 Nutzen und Schutz von Daten des BĂŒrgers im politischen Diskurs 28
- 1.4 Vom Heldenbild des rationalen, souverÀnen Nutzers: Narrationen im politischen Diskurs 35
- 1.5 Datenethik als neues Paradigma? Handlungsangebote jenseits der Regulierung 42
- 1.6 Ordnungspolitik und Big Data: Den fairen Zugang sichern 46
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- Literatur 55
- 2 Big Data, Data Analytics und Smart Services rund um Wohnen, Gesundheit und MobilitĂ€t: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger in privaten Lebenswelten 63
- 3 Big Data: Chancen und Risiken aus Sicht der BĂŒrger 137
- 3.1 Einleitung 137
- 3.2 Datenwissen 140
- 3.3 Handlungsfreiheit 143
- 3.4 FolgeabschĂ€tzungen, Bewertung von Anwendungsfeldern und Einstellungen zu Datenschutz und Technologie (âWollenâ) 146
- 3.5 Verhalten (âHandelnâ) 160
- 3.6 Datenpolitik und Datenethik (âNeue Paradigmenâ) 169
- 3.7 Alte und neue Narrative 176
- 3.8 Neue Rollen am Beispiel der Versicherungswirtschaft 179
- 3.9 Fazit 187
- Literatur 191
- 4 Big Data: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger! Zusammenfassung und Fazit 195
- 4.1 Zur Gestaltung des öffentlichen Diskurses ĂŒber Chancen und Risiken von Big Data: Die Ergebnisse im Ăberblick 196
- 4.2 Zum Nutzen von Big Data in konkreten Lebenswelten:
- Die Ergebnisse im Ăberblick 201
- Anhang 207