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8 1 Big Data im öffentlichen Diskurs âŠ
bzw. Ăngsten zu adressieren. Mit derselben Zielsetzung lassen sich auch âLikesâ
bei Facebook oder Statusmeldungen in Messenger-Diensten analysieren, die dann
nicht nur sehr zeitnahe Stimmungsbilder ĂŒber die Nutzer liefern können, sondern
sogar Vorhersagen ermöglichen, mit welchen Emotionen zu welcher Zeit bei den
Nutzern zu rechnen ist (Farnadi et al. 2014; Youyou et al. 2015).
Daten kommen auf verschiedensten Wegen zustande. Die Àlteste Form systema-
tischer Datenerhebung ist ein hoheitlicher Akt: die VolkszÀhlung. Aufgrund mili-
tĂ€rischer und fiskalischer Interessen erfassten Staaten schon frĂŒh Bevölkerung und
Ressourcen. Eine regelmĂ€Ăige, lĂŒckenlose, systematische Erhebung solcher Daten
fĂŒr die amtliche Statistik ist in Europa seit der zweiten HĂ€lfte des 19. Jahrhunderts
in Gebrauch. Gesetzliche Anordnungen wurden erlassen, um Geburten, Heiraten und
TodesfĂ€lle fĂŒr das amtliche Melderegister zu erfassen. âErstmals vermaĂen Gesell-
schaften sich selbst und legten darĂŒber Archive anâ (Osterhammel 2009, S. 62).
Melderegister sammeln und speichern auch heute noch persönliche Daten wie
Namen, Adresse, Geburts- und Sterbetag, Staatsangehörigkeit, Religion, Familien-
stand und Steuerklasse und geben auch Dritten darĂŒber â entgeltlich â Auskunft.
Viele Daten werden aber auch durch individuelle Bereitstellung der End-
nutzer (im Folgenden nur noch Nutzer) erzeugt. Das geschieht etwa in Form von
SelbstauskĂŒnften, um eine bestimmte Leistung eines Unternehmens in Anspruch
nehmen zu können. Dabei handelt es sich hÀufig um besonders sensible Daten
wie etwa Einkommen, Vermögen und Schulden bei einem Kreditantrag oder
die eigenen Gesundheitsdaten und Krankheitsgeschichte bei der Krankenver-
sicherung. Genauso wie bei den staatlichen MeldeÀmtern geschieht die Preisgabe
dieser Daten nicht freiwillig, denn ohne die SelbstauskĂŒnfte wĂŒrde kein Vertrag
zustande kommen.
Die meisten Daten fallen heute aber automatisch bei der Nutzung bestimmter
GerÀte oder Technologien (z. B. Smartphone, Computer, Kunden- oder Kredit-
karte, Auto) an. Bei den elektronischen Spuren, die dabei entstehen, handelt
es sich um Daten, da sie durch bestimmte technische Kennungen (z. B. Tele-
fonnummer, IP-Adresse, Bankkonto-Nummer, Fahrzeug-IdentitÀtsnummer)
einer individuellen Person zuzuordnen sind, die beispielsweise fĂŒr einen Ver-
tragsabschluss ihre persönlichen Daten angeben muss. So lassen sich aus den
besuchten Webseiten beim Surfen im Internet leicht persönliche Interessen sowie
politische, religiöse oder sexuelle Einstellungen ableiten. Durch die VerknĂŒpfung
von Cookies, die beim erstmaligen Besuch von Webseiten gespeichert werden,
können Informationen ĂŒber den Nutzer zu aussagekrĂ€ftigen Persönlichkeits-
profilen zusammengefĂŒgt werden. Durch die VerknĂŒpfung der Cookies ist der
Nutzer möglicherweise auch fĂŒr solche Internetanbieter identifizierbar, denen der
Nutzer selbst keine persönlichen Daten offenbart hat.
Die Big-Data-Debatte
Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Title
- Die Big-Data-Debatte
- Subtitle
- Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Authors
- Susanne Knorre
- Horst MĂŒller-Peters
- Publisher
- Springer Gabler
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-27258-6
- Size
- 15.3 x 21.6 cm
- Pages
- 220
- Keywords
- Economics, Management science, Economic policy, Motivation research (Marketing), Insurance
- Category
- Informatik
Table of contents
- 1 Big Data im öffentlichen Diskurs: Hindernisse und Lösungsangebote fĂŒr eine VerstĂ€ndigung ĂŒber den Umgang mit Massendaten 1
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- 1.1.1 Nutzen und Schutz von Daten: Ăberlegungen zur Analyse eines politischen Diskurses 2
- 1.1.2 Big Data, KĂŒnstliche Intelligenz und Algorithmen: Begriffe und Konzepte in der Diskussion 4
- 1.1.3 Arten, Herkunft und Nutzer von Daten: AnnÀherung an eine Dual-Use Technologie 7
- 1.1.4 Diffuses Bild: Was bislang ĂŒber die öffentliche EinschĂ€tzung von Datennutzung erhoben wurde 12
- 1.2 Von Konflikten und Kollisionen: Big Data als Gegenstand öffentlicher Narrationen 15
- 1.2.1 Ein Narrativ wird entdeckt: âBig Brotherâ in der Kampagne gegen die VolkszĂ€hlung 1983 16
- 1.2.2 âBig Brotherâ reloaded: Die ErzĂ€hlung von Edward Snowden 18
- 1.2.3 Die Manipulation: Die ErzÀhlung von der Beeinflussung des US-Wahlkampfs 2016 20
- 1.2.4 Spione im Kinderzimmer: Die ErzÀhlung vom Verlust der PrivatsphÀre 22
- 1.2.5 Die Apokalypse: Die ErzÀhlung vom digitaltotalitÀren Staat 23
- 1.2.6 Die VerselbststÀndigung der Maschine: Die ErzÀhlung vom unkontrollierbaren Auto 25
- 1.2.7 Die globale Gier: Die ErzĂ€hlung von der Weltherrschaft der âFrightful 5â 26
- 1.3 Nutzen und Schutz von Daten des BĂŒrgers im politischen Diskurs 28
- 1.4 Vom Heldenbild des rationalen, souverÀnen Nutzers: Narrationen im politischen Diskurs 35
- 1.5 Datenethik als neues Paradigma? Handlungsangebote jenseits der Regulierung 42
- 1.6 Ordnungspolitik und Big Data: Den fairen Zugang sichern 46
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- Literatur 55
- 2 Big Data, Data Analytics und Smart Services rund um Wohnen, Gesundheit und MobilitĂ€t: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger in privaten Lebenswelten 63
- 3 Big Data: Chancen und Risiken aus Sicht der BĂŒrger 137
- 3.1 Einleitung 137
- 3.2 Datenwissen 140
- 3.3 Handlungsfreiheit 143
- 3.4 FolgeabschĂ€tzungen, Bewertung von Anwendungsfeldern und Einstellungen zu Datenschutz und Technologie (âWollenâ) 146
- 3.5 Verhalten (âHandelnâ) 160
- 3.6 Datenpolitik und Datenethik (âNeue Paradigmenâ) 169
- 3.7 Alte und neue Narrative 176
- 3.8 Neue Rollen am Beispiel der Versicherungswirtschaft 179
- 3.9 Fazit 187
- Literatur 191
- 4 Big Data: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger! Zusammenfassung und Fazit 195
- 4.1 Zur Gestaltung des öffentlichen Diskurses ĂŒber Chancen und Risiken von Big Data: Die Ergebnisse im Ăberblick 196
- 4.2 Zum Nutzen von Big Data in konkreten Lebenswelten:
- Die Ergebnisse im Ăberblick 201
- Anhang 207