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26 1 Big Data im öffentlichen Diskurs âŠ
Sachschaden war eine Schlagzeile wert. Dabei kann den Medien nicht der Vorwurf
undifferenzierter Berichterstattung gemacht werden. So berichteten sie im Tes-
la-Fall, dass die untersuchende Behörde die Schuld bei dem Fahrer sah, der trotz
Aufforderung das Lenkrad nicht in die eigenen HĂ€nde nahm. Im Uber-Fall zitierten
sie auch die EinschÀtzung von Experten, dass der Fahrer auch keine Chance gehabt
hÀtte, den Unfall zu vermeiden, wenn das Fahrzeug konventionell gesteuert worden
wÀre. Ebenfalls weisen die Medien zumeist darauf hin, dass die Testfahrzeuge noch
nicht die Endstufe Level 5 erreicht haben, bei der die Fahrzeuge ohne Lenkrad und
Bremsen und damit ohne einen Fahrer, der zur Not eingreift, auskommen.
Dennoch ist die erhöhte Medienaufmerksamkeit fĂŒr diese FĂ€lle aufschluss-
reich: Ging es bisher bestenfalls um Assistenzsysteme, die den Fahrer in
bestimmten Situationen unterstĂŒtzen, soll autonomes Fahren im Endzustand den
Fahrer völlig ersetzen. Das Auto hört auf, ein Objekt in der Hand des Fahrers zu
sein und wird zum eigenstÀndig handelnden Subjekt. Die Vision eines fahrerlosen
Autos war aber immer schon ambivalent. Der Dualismus zwischen âWunder-
barem und Unheimlichemâ ist schon in der Kurzgeschichte des Science-Fiction-
Schriftstellers David H. Keller âThe Living Machineâ von 1935 angelegt. Sie
handelt von der Erfindung des selbstfahrenden Autos, das den Menschen anfangs
Nutzen bringt in Form von weniger UnfĂ€llen etc., dann aber auf einmal auĂer
Kontrolle gerĂ€t und Jagd auf Menschen macht. âDieses imaginĂ€re Phantasma des
Kontrollverlusts ĂŒber die fahrerlosen Maschinen wird sich als dominantes Mus-
ter durch das 20. Jahrhundert ziehenâ, urteilt Fabian Kröger (2015, S. 42). Die-
ses Narrativ ist typisch fĂŒr die von technologischen UmbrĂŒchen gekennzeichnete
Moderne. Es steht fĂŒr die Ăngste vor dem Kontrollverlust angesichts einer Ent-
wicklung, die von ihren Urhebern nicht mehr eingefangen werden kann und sich
letztlich gegen ihren Schöpfer richtet.
1.2.7 Die globale Gier: Die ErzÀhlung von der
Weltherrschaft der âFrightful 5â
Es war die New York Times, die am 10.5.2017 zuerst das Bild von den âFrightful
5â verwendete und damit die Internetkonzerne Google, Apple, Facebook, Amazon
und Microsoft meinte, abgekĂŒrzt GAFAM. Angesichts der MĂ€chtigkeit, die den
fĂŒnf groĂen US-Internetkonzernen zugeschrieben wird, ist es nur folgerichtig,
dass die Sprachbilder, mit denen sie beschrieben werden, ganz ĂŒberwiegend aus
dem politischen bzw. militÀrischen Sprachgebrauch kommen. Wird das VerhÀlt-
nis der Konzerne untereinander beschrieben, dann sind âKampf der SupermĂ€chteâ
Die Big-Data-Debatte
Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Title
- Die Big-Data-Debatte
- Subtitle
- Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Authors
- Susanne Knorre
- Horst MĂŒller-Peters
- Publisher
- Springer Gabler
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-27258-6
- Size
- 15.3 x 21.6 cm
- Pages
- 220
- Keywords
- Economics, Management science, Economic policy, Motivation research (Marketing), Insurance
- Category
- Informatik
Table of contents
- 1 Big Data im öffentlichen Diskurs: Hindernisse und Lösungsangebote fĂŒr eine VerstĂ€ndigung ĂŒber den Umgang mit Massendaten 1
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- 1.1.1 Nutzen und Schutz von Daten: Ăberlegungen zur Analyse eines politischen Diskurses 2
- 1.1.2 Big Data, KĂŒnstliche Intelligenz und Algorithmen: Begriffe und Konzepte in der Diskussion 4
- 1.1.3 Arten, Herkunft und Nutzer von Daten: AnnÀherung an eine Dual-Use Technologie 7
- 1.1.4 Diffuses Bild: Was bislang ĂŒber die öffentliche EinschĂ€tzung von Datennutzung erhoben wurde 12
- 1.2 Von Konflikten und Kollisionen: Big Data als Gegenstand öffentlicher Narrationen 15
- 1.2.1 Ein Narrativ wird entdeckt: âBig Brotherâ in der Kampagne gegen die VolkszĂ€hlung 1983 16
- 1.2.2 âBig Brotherâ reloaded: Die ErzĂ€hlung von Edward Snowden 18
- 1.2.3 Die Manipulation: Die ErzÀhlung von der Beeinflussung des US-Wahlkampfs 2016 20
- 1.2.4 Spione im Kinderzimmer: Die ErzÀhlung vom Verlust der PrivatsphÀre 22
- 1.2.5 Die Apokalypse: Die ErzÀhlung vom digitaltotalitÀren Staat 23
- 1.2.6 Die VerselbststÀndigung der Maschine: Die ErzÀhlung vom unkontrollierbaren Auto 25
- 1.2.7 Die globale Gier: Die ErzĂ€hlung von der Weltherrschaft der âFrightful 5â 26
- 1.3 Nutzen und Schutz von Daten des BĂŒrgers im politischen Diskurs 28
- 1.4 Vom Heldenbild des rationalen, souverÀnen Nutzers: Narrationen im politischen Diskurs 35
- 1.5 Datenethik als neues Paradigma? Handlungsangebote jenseits der Regulierung 42
- 1.6 Ordnungspolitik und Big Data: Den fairen Zugang sichern 46
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- Literatur 55
- 2 Big Data, Data Analytics und Smart Services rund um Wohnen, Gesundheit und MobilitĂ€t: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger in privaten Lebenswelten 63
- 3 Big Data: Chancen und Risiken aus Sicht der BĂŒrger 137
- 3.1 Einleitung 137
- 3.2 Datenwissen 140
- 3.3 Handlungsfreiheit 143
- 3.4 FolgeabschĂ€tzungen, Bewertung von Anwendungsfeldern und Einstellungen zu Datenschutz und Technologie (âWollenâ) 146
- 3.5 Verhalten (âHandelnâ) 160
- 3.6 Datenpolitik und Datenethik (âNeue Paradigmenâ) 169
- 3.7 Alte und neue Narrative 176
- 3.8 Neue Rollen am Beispiel der Versicherungswirtschaft 179
- 3.9 Fazit 187
- Literatur 191
- 4 Big Data: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger! Zusammenfassung und Fazit 195
- 4.1 Zur Gestaltung des öffentlichen Diskurses ĂŒber Chancen und Risiken von Big Data: Die Ergebnisse im Ăberblick 196
- 4.2 Zum Nutzen von Big Data in konkreten Lebenswelten:
- Die Ergebnisse im Ăberblick 201
- Anhang 207