Page - 20 - in Die Big-Data-Debatte - Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
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20 1 Big Data im öffentlichen Diskurs âŠ
1.2.3 Die Manipulation: Die ErzÀhlung von der
Beeinflussung des US-Wahlkampfs 2016
Einen zusÀtzlichen Schub und zugleich eine zusÀtzliche Variante erhielt die
âBig-Brotherâ-ErzĂ€hlung im FrĂŒhjahr 2018 durch die Offenbarung eines Whistle-
blowers, dass sich die englische Datenanalysefirma Cambridge Analytica (CA),
in der der Trump-UnterstĂŒtzer Robert Mercer investiert war, mehr als 50 Mio.
DatensÀtze von Facebook-Nutzern widerrechtlich und ohne deren Kenntnis sich
angeeignet und im US-Wahlkampf von Donald Trump eingesetzt hatte. So ist es
kein Wunder, dass Fragen des Daten- und Verbraucherschutzes, die Angst vor
dem âglĂ€sernen BĂŒrgerâ und die Sorge vor Missbrauch persönlicher Daten durch
Staat und Konzerne in der gesellschaftlichen Debatte ĂŒber Big Data erneut in den
Vordergrund traten.3
Cambridge Analytica war schon zuvor zu einer zweifelhaften BerĂŒhmtheit
geworden: Anfang Dezember 2016, wenige Wochen nach Trumps Wahl, schrieb
die Schweizer Zeitschrift âDas Magazinâ ĂŒber dieses Unternehmen eine mehr-
seitige Geschichte mit der Ăberschrift âDiese Firma weiss [sic], was Sie denkenâ
und erlĂ€uterte das im Vorspann so: âCambridge Analytica kann mit einer neuen
Methode Menschen anhand ihrer Facebook-Profile minutiös analysieren. Und
verhalf so Donald Trump mit zum Siegâ (Grassegger und Krogerus 2016). Dem-
nach hatte Trump seinen Wahlsieg Big Data und der Manipulation der WĂ€hler
durch den massenhaften Einsatz von Psychografie (der Vermessung der Persön-
lichkeit) auf Facebook-Konten und Mikrotargeting zu verdanken. Angeblich war
CA mit der Methode in der Lage anhand von zehn Facebook-Likes eine Person
besser einzuschÀtzen als etwa ein Arbeitskollege.
Mit individualisierten Werbebotschaften hÀtten die Trump-Helfer demnach
nicht nur potenzielle WĂ€hler ansprechen, sondern vor allem potenzielle Clin-
ton-WĂ€hler von den Wahlurnen fernhalten können, rĂŒhmte sich CA nach der Wahl.
Dazu gehörten beispielsweise Videos mit Fake-News, in denen Hillary Clinton
schwarze MĂ€nner angeblich als Raubtiere bezeichnete und die Afroamerikanern
zugespielt wurden. Facebook habe sich als bester Wahlhelfer erwiesen, zitieren die
Schweizer Journalisten einen Trump-Mitarbeiter. Ihr Fazit: âEs ist ein Treppen-
witz der Geschichte, dass Trump oft ĂŒber die Wissenschaft schimpfte, aber wohl
dank ihr die Wahl gewannâ (Grassegger und Krogerus 2016). Dass Steve Bannon,
3Mehr als 80 % aller ausgewerteten Artikel aus der hier durchgefĂŒhrten Medienanalyse
erwÀhnen explizit den Fall von Cambridge Analytica.
Table of contents
- 1 Big Data im öffentlichen Diskurs: Hindernisse und Lösungsangebote fĂŒr eine VerstĂ€ndigung ĂŒber den Umgang mit Massendaten 1
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- 1.1.1 Nutzen und Schutz von Daten: Ăberlegungen zur Analyse eines politischen Diskurses 2
- 1.1.2 Big Data, KĂŒnstliche Intelligenz und Algorithmen: Begriffe und Konzepte in der Diskussion 4
- 1.1.3 Arten, Herkunft und Nutzer von Daten: AnnÀherung an eine Dual-Use Technologie 7
- 1.1.4 Diffuses Bild: Was bislang ĂŒber die öffentliche EinschĂ€tzung von Datennutzung erhoben wurde 12
- 1.2 Von Konflikten und Kollisionen: Big Data als Gegenstand öffentlicher Narrationen 15
- 1.2.1 Ein Narrativ wird entdeckt: âBig Brotherâ in der Kampagne gegen die VolkszĂ€hlung 1983 16
- 1.2.2 âBig Brotherâ reloaded: Die ErzĂ€hlung von Edward Snowden 18
- 1.2.3 Die Manipulation: Die ErzÀhlung von der Beeinflussung des US-Wahlkampfs 2016 20
- 1.2.4 Spione im Kinderzimmer: Die ErzÀhlung vom Verlust der PrivatsphÀre 22
- 1.2.5 Die Apokalypse: Die ErzÀhlung vom digitaltotalitÀren Staat 23
- 1.2.6 Die VerselbststÀndigung der Maschine: Die ErzÀhlung vom unkontrollierbaren Auto 25
- 1.2.7 Die globale Gier: Die ErzĂ€hlung von der Weltherrschaft der âFrightful 5â 26
- 1.3 Nutzen und Schutz von Daten des BĂŒrgers im politischen Diskurs 28
- 1.4 Vom Heldenbild des rationalen, souverÀnen Nutzers: Narrationen im politischen Diskurs 35
- 1.5 Datenethik als neues Paradigma? Handlungsangebote jenseits der Regulierung 42
- 1.6 Ordnungspolitik und Big Data: Den fairen Zugang sichern 46
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- Literatur 55
- 2 Big Data, Data Analytics und Smart Services rund um Wohnen, Gesundheit und MobilitĂ€t: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger in privaten Lebenswelten 63
- 3 Big Data: Chancen und Risiken aus Sicht der BĂŒrger 137
- 3.1 Einleitung 137
- 3.2 Datenwissen 140
- 3.3 Handlungsfreiheit 143
- 3.4 FolgeabschĂ€tzungen, Bewertung von Anwendungsfeldern und Einstellungen zu Datenschutz und Technologie (âWollenâ) 146
- 3.5 Verhalten (âHandelnâ) 160
- 3.6 Datenpolitik und Datenethik (âNeue Paradigmenâ) 169
- 3.7 Alte und neue Narrative 176
- 3.8 Neue Rollen am Beispiel der Versicherungswirtschaft 179
- 3.9 Fazit 187
- Literatur 191
- 4 Big Data: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger! Zusammenfassung und Fazit 195
- 4.1 Zur Gestaltung des öffentlichen Diskurses ĂŒber Chancen und Risiken von Big Data: Die Ergebnisse im Ăberblick 196
- 4.2 Zum Nutzen von Big Data in konkreten Lebenswelten:
- Die Ergebnisse im Ăberblick 201
- Anhang 207