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als ârationale Ignoranzâ bekannt ist. âSobald der Aufwand, der benötigt wird, um
alle relevanten ZusammenhĂ€nge zu verstehen, gröĂer ist als der daraus folgende
Nutzen, ist Ignoranz rationalâ (Sandfuchs 2015, S. 13).
Diese Logik zeigt sich auch in einem ebenfalls bekannten Paradoxon: So wĂŒn-
schen sich 74 % der Deutschen ein Angebot von Suchmaschinen oder sozialen
Medien, das ĂŒber nicht-personalisierte Werbung finanziert wird und keine Daten
verkauft. Aber sie wĂŒnschen sich auch ein kostenloses Angebot. Und im Zweifel
ĂŒberwiegt der zweite Wunsch: Im Austausch fĂŒr die kostenlose Nutzung dieser
Plattformen geben sie ihre privaten Daten preis â selbst wenn ihnen dabei unwohl
ist. Und solange die meisten Nutzer bereit sind, ihre Daten Facebook kostenlos zu
ĂŒberlassen, macht die Forderung, Facebook solle dafĂŒr zahlen, wenig Sinn (Hau-
cap zitiert in Budras 2018).
Wohl wissend um diese psychische AnfÀlligkeit der Nutzer kontert
Facebook-GeschĂ€ftsfĂŒhrerin Sheryl Sandberg auch den Vorwurf, Facebook
wĂŒrde ein GeschĂ€ft mit den personalisierten Daten seiner User machen, dass
Facebook ja ein GebĂŒhrenmodell fĂŒr diejenigen User einfĂŒhren könne, die ihre
Daten nicht fĂŒr Werbezwecke verarbeitet wissen wollen (Haucap zitiert in Budras
2018). Dass die Nutzer nicht nur sorglos mit ihren persönlichen Informationen
umgehen, sondern sich auch ĂŒber den Wert ihrer Daten nicht bewusst sind, zeigt
schon der immense Gewinn, den Facebook mit personalisierter Werbung daraus
erzielt: Im vergangenen Jahr waren das 15,934 Mrd. US$ bei einem Umsatz von
40,653 Mrd. US$ (Facebook 2017). Das ergibt eine Umsatzrendite von knapp
40 %, eine Marge, von der klassische Industrien nur trÀumen können und die ein
Indiz fĂŒr eine marktbeherrschende Stellung und mangelnden Wettbewerb sein kann.
Bisher hatten User keine Chance, die EinverstÀndniserklÀrungen der Platt-
formen zu verweigern, wenn sie deren Dienste in Anspruch nehmen wollten.
Denn wenn sie deren Datenschutzbedingungen ablehnten, wurden sie von der
Verwendung dieser Dienste ausgeschlossen. Ob das Kopplungsverbot in der
EU-Datenschutzgrundverordnung daran etwas Àndert, ist umstritten. WÀhrend
DatenschĂŒtzer darauf bestehen, dass diese Plattformen ihre Dienste auch den-
jenigen zur VerfĂŒgung stellen mĂŒssen, die ihre DatenschutzerklĂ€rung nicht
akzeptieren, versucht Facebook alles, damit sein GeschÀftsmodell, der Tausch
von Daten gegen eine kostenlose Leistung, vom Kopplungsverbot ausgenommen
wird. Google gibt den Schwarzen Peter an seine Werbekunden weiter, die nun
dafĂŒr Sorge tragen sollen, dass die User eine Einwilligung zur Datenverarbeitung
fĂŒr Werbezwecke geben.
Diese Strategie kann aufgehen. Denn die Annahme eines eigenverantwort-
lichen, rationalen, seine persönlichen Daten schĂŒtzenden Nutzers, der die Preis-
gabe seiner Daten begrenzen oder kontrollieren wird, wenn dafĂŒr nur mittels
1.4 Vom Heldenbild des rationalen, souverĂ€nen Nutzers âŠ
Die Big-Data-Debatte
Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Title
- Die Big-Data-Debatte
- Subtitle
- Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Authors
- Susanne Knorre
- Horst MĂŒller-Peters
- Publisher
- Springer Gabler
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-27258-6
- Size
- 15.3 x 21.6 cm
- Pages
- 220
- Keywords
- Economics, Management science, Economic policy, Motivation research (Marketing), Insurance
- Category
- Informatik
Table of contents
- 1 Big Data im öffentlichen Diskurs: Hindernisse und Lösungsangebote fĂŒr eine VerstĂ€ndigung ĂŒber den Umgang mit Massendaten 1
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- 1.1.1 Nutzen und Schutz von Daten: Ăberlegungen zur Analyse eines politischen Diskurses 2
- 1.1.2 Big Data, KĂŒnstliche Intelligenz und Algorithmen: Begriffe und Konzepte in der Diskussion 4
- 1.1.3 Arten, Herkunft und Nutzer von Daten: AnnÀherung an eine Dual-Use Technologie 7
- 1.1.4 Diffuses Bild: Was bislang ĂŒber die öffentliche EinschĂ€tzung von Datennutzung erhoben wurde 12
- 1.2 Von Konflikten und Kollisionen: Big Data als Gegenstand öffentlicher Narrationen 15
- 1.2.1 Ein Narrativ wird entdeckt: âBig Brotherâ in der Kampagne gegen die VolkszĂ€hlung 1983 16
- 1.2.2 âBig Brotherâ reloaded: Die ErzĂ€hlung von Edward Snowden 18
- 1.2.3 Die Manipulation: Die ErzÀhlung von der Beeinflussung des US-Wahlkampfs 2016 20
- 1.2.4 Spione im Kinderzimmer: Die ErzÀhlung vom Verlust der PrivatsphÀre 22
- 1.2.5 Die Apokalypse: Die ErzÀhlung vom digitaltotalitÀren Staat 23
- 1.2.6 Die VerselbststÀndigung der Maschine: Die ErzÀhlung vom unkontrollierbaren Auto 25
- 1.2.7 Die globale Gier: Die ErzĂ€hlung von der Weltherrschaft der âFrightful 5â 26
- 1.3 Nutzen und Schutz von Daten des BĂŒrgers im politischen Diskurs 28
- 1.4 Vom Heldenbild des rationalen, souverÀnen Nutzers: Narrationen im politischen Diskurs 35
- 1.5 Datenethik als neues Paradigma? Handlungsangebote jenseits der Regulierung 42
- 1.6 Ordnungspolitik und Big Data: Den fairen Zugang sichern 46
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- Literatur 55
- 2 Big Data, Data Analytics und Smart Services rund um Wohnen, Gesundheit und MobilitĂ€t: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger in privaten Lebenswelten 63
- 3 Big Data: Chancen und Risiken aus Sicht der BĂŒrger 137
- 3.1 Einleitung 137
- 3.2 Datenwissen 140
- 3.3 Handlungsfreiheit 143
- 3.4 FolgeabschĂ€tzungen, Bewertung von Anwendungsfeldern und Einstellungen zu Datenschutz und Technologie (âWollenâ) 146
- 3.5 Verhalten (âHandelnâ) 160
- 3.6 Datenpolitik und Datenethik (âNeue Paradigmenâ) 169
- 3.7 Alte und neue Narrative 176
- 3.8 Neue Rollen am Beispiel der Versicherungswirtschaft 179
- 3.9 Fazit 187
- Literatur 191
- 4 Big Data: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger! Zusammenfassung und Fazit 195
- 4.1 Zur Gestaltung des öffentlichen Diskurses ĂŒber Chancen und Risiken von Big Data: Die Ergebnisse im Ăberblick 196
- 4.2 Zum Nutzen von Big Data in konkreten Lebenswelten:
- Die Ergebnisse im Ăberblick 201
- Anhang 207