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(Mai 2016, S. 195) Ob und wie der Eigentumsbegriff ĂŒberhaupt auf Daten anzu-
wenden ist, welche VerfĂŒgungsrechte sich ergeben und wie ein Eigentumsrecht
ggf. technisch umgesetzt werden kann, bleibt in widersprĂŒchlichen Diskussions-
beitrÀgen stecken (Jentzsch 2018).
Der Deutsche Ethikrat interpretiert DatensouverÀnitÀt deshalb im Sinne von
Datenhoheit. Der Datengeber soll die Möglichkeit haben, auf Basis persönlicher
PrÀferenzen effektiv in den Strom persönlich relevanter Daten eingreifen zu
können. Reichlich kompliziert und nebulös heiĂt es in der dazu veröffentlichten
PresseerklĂ€rung: âDie mit dem Begriff der DatensouverĂ€nitĂ€t umschriebene ver-
antwortliche informationelle Freiheitsgestaltung versteht er [der Deutsche Ethik-
rat, d. V.] in Weiterentwicklung der informationellen Selbstbestimmung als
interaktive Persönlichkeitsentfaltung unter Wahrung von Privatheit in einer ver-
netzten Weltâ (Deutscher Ethikrat 2017).
DatensouverĂ€nitĂ€t ist nicht als bloĂes Abwehrrecht vor Ăbergriffen von
staatlichen oder privatwirtschaftlichen Organisationen zu verstehen, wie es die
bestehenden Datenschutz-Gesetze in Bezug auf personenbezogene Daten vor-
sehen. DatensouverÀnitÀt verschiebt den Fokus schon rein begrifflich weiter in
die Richtung des Akteurs, des vermeintlich souverÀnen Nutzers. Hier entsteht
eine weitere Variante der Homo oeconomicus-ErzÀhlung, nÀmlich die des Daten-
souverĂ€ns, des Nutzers mit Datenhoheit, zu der er â und dieser Akzent wird
immer wichtiger â allerdings erst noch befĂ€higt werden muss.
Im Fokus steht das â neudeutsch Empowerment oder, in diesem Zusammen-
hang noch passender, Boosting â des Nutzers. Aus einem Abwehrmechanis-
mus, nĂ€mlich einen rechtlichen Schutzbereich fĂŒr den Nutzer zu schaffen, wird
ein Gestaltungsanspruch in einem Hoheitsgebiet, auf dem er dank exzellent
designter Bildungsangebote an der Weitergabe seiner Daten aktiv mitwirkt.
Dies ist so gesehen eine Weiterentwicklung des Heldenbilds des rationalen Ver-
brauchers, der die ihm gegebenen Möglichkeiten im Sinne einer kritisch-reflek-
tierten Entscheidung auch tatsÀchlich nutzt. Allerdings sieht das Konzept der
DatensouverÀnitÀt noch flankierende Elemente vor, um das tradierte Leitbild auf-
rechterhalten zu können.
Demnach mĂŒssen drei Ebenen von Verantwortung ineinandergreifen, damit die
Nutzer einen souverÀnen Umgang mit ihren Daten praktizieren. Die Individuen
selbst tragen weiterhin Verantwortung fĂŒr die Nutzung ihrer Daten, aber dazu
muss zunĂ€chst einmal â wie eben erwĂ€hnt â ihre Kompetenz im Umgang mit
den Daten frĂŒhzeitig gefördert werden. Zweitens liegt die Verantwortung bei den
mit dem Handling der Daten befassten Unternehmen und Institutionen, die die
Rahmenbedingungen fĂŒr die informationelle Freiheitsgestaltung der Datengeber
1.4 Vom Heldenbild des rationalen, souverĂ€nen Nutzers âŠ
Die Big-Data-Debatte
Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Title
- Die Big-Data-Debatte
- Subtitle
- Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Authors
- Susanne Knorre
- Horst MĂŒller-Peters
- Publisher
- Springer Gabler
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-27258-6
- Size
- 15.3 x 21.6 cm
- Pages
- 220
- Keywords
- Economics, Management science, Economic policy, Motivation research (Marketing), Insurance
- Category
- Informatik
Table of contents
- 1 Big Data im öffentlichen Diskurs: Hindernisse und Lösungsangebote fĂŒr eine VerstĂ€ndigung ĂŒber den Umgang mit Massendaten 1
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- 1.1.1 Nutzen und Schutz von Daten: Ăberlegungen zur Analyse eines politischen Diskurses 2
- 1.1.2 Big Data, KĂŒnstliche Intelligenz und Algorithmen: Begriffe und Konzepte in der Diskussion 4
- 1.1.3 Arten, Herkunft und Nutzer von Daten: AnnÀherung an eine Dual-Use Technologie 7
- 1.1.4 Diffuses Bild: Was bislang ĂŒber die öffentliche EinschĂ€tzung von Datennutzung erhoben wurde 12
- 1.2 Von Konflikten und Kollisionen: Big Data als Gegenstand öffentlicher Narrationen 15
- 1.2.1 Ein Narrativ wird entdeckt: âBig Brotherâ in der Kampagne gegen die VolkszĂ€hlung 1983 16
- 1.2.2 âBig Brotherâ reloaded: Die ErzĂ€hlung von Edward Snowden 18
- 1.2.3 Die Manipulation: Die ErzÀhlung von der Beeinflussung des US-Wahlkampfs 2016 20
- 1.2.4 Spione im Kinderzimmer: Die ErzÀhlung vom Verlust der PrivatsphÀre 22
- 1.2.5 Die Apokalypse: Die ErzÀhlung vom digitaltotalitÀren Staat 23
- 1.2.6 Die VerselbststÀndigung der Maschine: Die ErzÀhlung vom unkontrollierbaren Auto 25
- 1.2.7 Die globale Gier: Die ErzĂ€hlung von der Weltherrschaft der âFrightful 5â 26
- 1.3 Nutzen und Schutz von Daten des BĂŒrgers im politischen Diskurs 28
- 1.4 Vom Heldenbild des rationalen, souverÀnen Nutzers: Narrationen im politischen Diskurs 35
- 1.5 Datenethik als neues Paradigma? Handlungsangebote jenseits der Regulierung 42
- 1.6 Ordnungspolitik und Big Data: Den fairen Zugang sichern 46
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- Literatur 55
- 2 Big Data, Data Analytics und Smart Services rund um Wohnen, Gesundheit und MobilitĂ€t: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger in privaten Lebenswelten 63
- 3 Big Data: Chancen und Risiken aus Sicht der BĂŒrger 137
- 3.1 Einleitung 137
- 3.2 Datenwissen 140
- 3.3 Handlungsfreiheit 143
- 3.4 FolgeabschĂ€tzungen, Bewertung von Anwendungsfeldern und Einstellungen zu Datenschutz und Technologie (âWollenâ) 146
- 3.5 Verhalten (âHandelnâ) 160
- 3.6 Datenpolitik und Datenethik (âNeue Paradigmenâ) 169
- 3.7 Alte und neue Narrative 176
- 3.8 Neue Rollen am Beispiel der Versicherungswirtschaft 179
- 3.9 Fazit 187
- Literatur 191
- 4 Big Data: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger! Zusammenfassung und Fazit 195
- 4.1 Zur Gestaltung des öffentlichen Diskurses ĂŒber Chancen und Risiken von Big Data: Die Ergebnisse im Ăberblick 196
- 4.2 Zum Nutzen von Big Data in konkreten Lebenswelten:
- Die Ergebnisse im Ăberblick 201
- Anhang 207