Page - 48 - in Die Big-Data-Debatte - Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
Image of the Page - 48 -
Text of the Page - 48 -
48 1 Big Data im öffentlichen Diskurs âŠ
vermutet hier einen Konditionenmissbrauch, weil Facebook seine Marktmacht
dazu nutze, den Teilnehmern am Netzwerk solche Bedingungen vorzuschreiben
(Bundeskartellamt 2017). Ăhnlich gelagert ist der Fall von Amazon. Da Amazon
nicht nur selbst als HĂ€ndler auftritt, sondern seine Plattform auch anderen HĂ€nd-
lern anbietet, untersucht das Bundeskartellamt nun auf Beschwerden einzelner
HĂ€ndler hin, ob Amazon seine Stellung nutzt, um andere HĂ€ndler auf seiner Platt-
form zu behindern (BĂŒnder und Koch 2018).
DarĂŒber hinaus wird bemĂ€ngelt, dass der Datenzugang zwar als Kriterium fĂŒr
Marktmacht gelten kann, daraus aber kein weiteres Datenzugangsrecht fĂŒr Dritte
abgeleitet wird (Schweitzer et al. 2018). Lösungen versprechen da nicht zuletzt
Konzepte jenseits des klassischen Wettbewerbsrechts. Diese ReformvorschlÀge
gehen weitgehend konform mit den Zielen der Open-Data-Bewegung, die alle
Daten beispielsweise mittels freier Lizenzen verfĂŒgbar machen will, die nicht
unter das Datenschutzrecht fallen bzw. keine personenbezogenen Daten sind.
Open Data ist im Grunde nichts Anderes als eine Wiederbelebung des Gedankens
der Allmende (âcommonsâ). Es geht nicht um die Offenlegung von Algorithmen,
die vor allem im Datenschutz-Paradigma und von Aufsichtsbehörden diskutiert
wird, sondern um den weitestgehend freien Zugang zu Big Data, um möglichst
viele im Wettbewerb stehende Algorithmen zu generieren und die Chancen von
Big Data zu realisieren.
Der Fokus liegt dabei zunÀchst auf Daten, die von der öffentlichen Hand
erhoben werden. Ăber das reine Veröffentlichen von Daten und Informatio-
nen hinaus sollen DatenbestÀnde öffentlicher Stellen in maschinenlesbaren und
offenen Formaten zur freien Weiterverwendung durch externe Dritte wie z. B.
BĂŒrger und Wirtschaft verfĂŒgbar gemacht werden. Es war eine der ersten Amts-
handlungen von US-PrÀsident Barack Obama, die DatenbestÀnde der Regierung
frei zugĂ€nglich zu machen. In Deutschland trat mit der Ănderung des E-Go-
vernment-Gesetzes im Sommer 2017 das âOpen-Data-Gesetzâ in Kraft. Es
verpflichtet die Behörden der unmittelbaren Bundesverwaltung, strukturierte
Rohdaten, die sie zur ErfĂŒllung ihrer Aufgaben erhoben haben, zu veröffent-
lichen. Unter der Webadresse www.govdata.de stehen derzeit zu 13 Themen-
feldern strukturierte Daten von Bundesbehörden fĂŒr die Nutzung durch andere
Behörden, BĂŒrgern, Wirtschaft und Wissenschaftlern zur VerfĂŒgung. Ăhnlich
gelagert ist der Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur, wie ihn die
Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und LĂ€ndern im November 2018
beschlossen hat (www.forschungsdaten.org).
Von dem Internet-Kritiker Evgeny Morozov (2015) stammt der Vorschlag, Daten
zu begreifen als entscheidender Bestandteil einer Infrastruktur, die allen gehören
sollte. Unternehmen sollten Daten benutzen können, aber dafĂŒr bezahlen. Daten
Die Big-Data-Debatte
Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Title
- Die Big-Data-Debatte
- Subtitle
- Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Authors
- Susanne Knorre
- Horst MĂŒller-Peters
- Publisher
- Springer Gabler
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-27258-6
- Size
- 15.3 x 21.6 cm
- Pages
- 220
- Keywords
- Economics, Management science, Economic policy, Motivation research (Marketing), Insurance
- Category
- Informatik
Table of contents
- 1 Big Data im öffentlichen Diskurs: Hindernisse und Lösungsangebote fĂŒr eine VerstĂ€ndigung ĂŒber den Umgang mit Massendaten 1
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- 1.1.1 Nutzen und Schutz von Daten: Ăberlegungen zur Analyse eines politischen Diskurses 2
- 1.1.2 Big Data, KĂŒnstliche Intelligenz und Algorithmen: Begriffe und Konzepte in der Diskussion 4
- 1.1.3 Arten, Herkunft und Nutzer von Daten: AnnÀherung an eine Dual-Use Technologie 7
- 1.1.4 Diffuses Bild: Was bislang ĂŒber die öffentliche EinschĂ€tzung von Datennutzung erhoben wurde 12
- 1.2 Von Konflikten und Kollisionen: Big Data als Gegenstand öffentlicher Narrationen 15
- 1.2.1 Ein Narrativ wird entdeckt: âBig Brotherâ in der Kampagne gegen die VolkszĂ€hlung 1983 16
- 1.2.2 âBig Brotherâ reloaded: Die ErzĂ€hlung von Edward Snowden 18
- 1.2.3 Die Manipulation: Die ErzÀhlung von der Beeinflussung des US-Wahlkampfs 2016 20
- 1.2.4 Spione im Kinderzimmer: Die ErzÀhlung vom Verlust der PrivatsphÀre 22
- 1.2.5 Die Apokalypse: Die ErzÀhlung vom digitaltotalitÀren Staat 23
- 1.2.6 Die VerselbststÀndigung der Maschine: Die ErzÀhlung vom unkontrollierbaren Auto 25
- 1.2.7 Die globale Gier: Die ErzĂ€hlung von der Weltherrschaft der âFrightful 5â 26
- 1.3 Nutzen und Schutz von Daten des BĂŒrgers im politischen Diskurs 28
- 1.4 Vom Heldenbild des rationalen, souverÀnen Nutzers: Narrationen im politischen Diskurs 35
- 1.5 Datenethik als neues Paradigma? Handlungsangebote jenseits der Regulierung 42
- 1.6 Ordnungspolitik und Big Data: Den fairen Zugang sichern 46
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- Literatur 55
- 2 Big Data, Data Analytics und Smart Services rund um Wohnen, Gesundheit und MobilitĂ€t: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger in privaten Lebenswelten 63
- 3 Big Data: Chancen und Risiken aus Sicht der BĂŒrger 137
- 3.1 Einleitung 137
- 3.2 Datenwissen 140
- 3.3 Handlungsfreiheit 143
- 3.4 FolgeabschĂ€tzungen, Bewertung von Anwendungsfeldern und Einstellungen zu Datenschutz und Technologie (âWollenâ) 146
- 3.5 Verhalten (âHandelnâ) 160
- 3.6 Datenpolitik und Datenethik (âNeue Paradigmenâ) 169
- 3.7 Alte und neue Narrative 176
- 3.8 Neue Rollen am Beispiel der Versicherungswirtschaft 179
- 3.9 Fazit 187
- Literatur 191
- 4 Big Data: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger! Zusammenfassung und Fazit 195
- 4.1 Zur Gestaltung des öffentlichen Diskurses ĂŒber Chancen und Risiken von Big Data: Die Ergebnisse im Ăberblick 196
- 4.2 Zum Nutzen von Big Data in konkreten Lebenswelten:
- Die Ergebnisse im Ăberblick 201
- Anhang 207