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54 1 Big Data im öffentlichen Diskurs âŠ
auf dem Sammeln, Analysieren und Auswerten von Daten beruhen, zusÀtz-
liche Konstrukte der âverbindlichen Selbstverpflichtungâ erforderlich, z. B. in
Form von Kodizes, Selbstverpflichtungen oder TreuhÀnderstatuten. Mit dem
Perspektivenwechsel hin zur Datenethik geht es aber dabei nicht mehr vor-
rangig um Compliance mit den Datenschutzgesetzen. Im Mittelpunkt steht
vielmehr der positive Beitrag fĂŒr gesellschaftlich relevante Zwecke, der mit-
hilfe von Big Data geleistet werden kann. Einige Akteure werden deshalb
die Chancen von Big Data bzw. KĂŒnstlicher Intelligenz besser nutzen kön-
nen als andere. Das gilt insbesondere fĂŒr Unternehmen, die ĂŒber einen Ver-
trauensvorsprung verfĂŒgen, weil ihr Umgang mit von ihnen gesammelten und
genutzten Daten auf klaren ethischen HandlungsgrundsÀtzen beruht.
11. Die bisherigen, vom Datenschutzziel geprÀgten Regulierungen bieten
keine ausreichenden Perspektiven fĂŒr einen ausgewogeneren Umgang
mit Big Data, der neben den Risiken auch die Chancen des digitalen Zeit-
alters angemessen berĂŒcksichtigt. Nicht zuletzt die bisher herrschende dys-
topische Tradition der Big-Brother-Narrative steht dem entgegen. Deshalb
ist ein Paradigmenwechsel in dem eben beschriebenen Sinne nötig, der nicht
nur nach dem Schutz, sondern auch nach dem Nutzen von Big Data fragt.
Er umfasst eine neue, aktive Rolle des souverÀnen Nutzers, verbindliche
Selbstverpflichtungen der Online-Unternehmen und den Gedanken einer
wettbewerbskonformen Dateninfrastruktur oder eines fairen Daten-Sha-
rings gleichermaĂen und gleichzeitig. Dieser Paradigmenwechsel wird umso
erfolgreicher sein, je besser es gelingt, ihn mit wirksamen öffentlichen und
politischen Narrationen zu verbinden, die die KomplexitÀt des Themenfelds
im Sinne einer konsensfÀhigen Sinnstiftung und breiten VerstÀndigung redu-
zieren. Genau dafĂŒr eignen sich sowohl Ăberlegungen der Datenethik als
auch der offenen Dateninfrastruktur grundsÀtzlich gut, denn sie bieten Stoff
fĂŒr neue ErzĂ€hlungen bzw. die Revitalisierung tradierter Narrative bzw. Leit-
bilder. Diese konstruktivistische Perspektive mag gerade in Deutschland
ungewohnt sein, sie ist aber notwendig, um einen gesellschaftlichen und
politischen Mehrheitskonsens ĂŒber den Umgang mit Big Data zu finden.
Um diese narrativ-diskursiven Handlungskonzepte weiter zu konkretisieren,
bedarf es einer Betrachtung von konkreten (digitalen) Lebenswelten, die sozusa-
gen als neues Spielfeld fĂŒr die Konstruktion von gesellschaftspolitisch relevanten
ErzÀhlungen genutzt werden können. Konkrete Lebenswelten, die sich zu ErzÀh-
lungen ĂŒber einen positiv wirkenden Einsatz von Big Data verdichten lassen, hel-
fen das Unbekannte und deshalb.
Die Big-Data-Debatte
Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Title
- Die Big-Data-Debatte
- Subtitle
- Chancen und Risiken der digital vernetzten Gesellschaft
- Authors
- Susanne Knorre
- Horst MĂŒller-Peters
- Publisher
- Springer Gabler
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-27258-6
- Size
- 15.3 x 21.6 cm
- Pages
- 220
- Keywords
- Economics, Management science, Economic policy, Motivation research (Marketing), Insurance
- Category
- Informatik
Table of contents
- 1 Big Data im öffentlichen Diskurs: Hindernisse und Lösungsangebote fĂŒr eine VerstĂ€ndigung ĂŒber den Umgang mit Massendaten 1
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- 1.1.1 Nutzen und Schutz von Daten: Ăberlegungen zur Analyse eines politischen Diskurses 2
- 1.1.2 Big Data, KĂŒnstliche Intelligenz und Algorithmen: Begriffe und Konzepte in der Diskussion 4
- 1.1.3 Arten, Herkunft und Nutzer von Daten: AnnÀherung an eine Dual-Use Technologie 7
- 1.1.4 Diffuses Bild: Was bislang ĂŒber die öffentliche EinschĂ€tzung von Datennutzung erhoben wurde 12
- 1.2 Von Konflikten und Kollisionen: Big Data als Gegenstand öffentlicher Narrationen 15
- 1.2.1 Ein Narrativ wird entdeckt: âBig Brotherâ in der Kampagne gegen die VolkszĂ€hlung 1983 16
- 1.2.2 âBig Brotherâ reloaded: Die ErzĂ€hlung von Edward Snowden 18
- 1.2.3 Die Manipulation: Die ErzÀhlung von der Beeinflussung des US-Wahlkampfs 2016 20
- 1.2.4 Spione im Kinderzimmer: Die ErzÀhlung vom Verlust der PrivatsphÀre 22
- 1.2.5 Die Apokalypse: Die ErzÀhlung vom digitaltotalitÀren Staat 23
- 1.2.6 Die VerselbststÀndigung der Maschine: Die ErzÀhlung vom unkontrollierbaren Auto 25
- 1.2.7 Die globale Gier: Die ErzĂ€hlung von der Weltherrschaft der âFrightful 5â 26
- 1.3 Nutzen und Schutz von Daten des BĂŒrgers im politischen Diskurs 28
- 1.4 Vom Heldenbild des rationalen, souverÀnen Nutzers: Narrationen im politischen Diskurs 35
- 1.5 Datenethik als neues Paradigma? Handlungsangebote jenseits der Regulierung 42
- 1.6 Ordnungspolitik und Big Data: Den fairen Zugang sichern 46
- 1.1 Big Data und Datenschutz im politischen Diskurs: EinfĂŒhrung und Bestandsaufnahme 1
- Literatur 55
- 2 Big Data, Data Analytics und Smart Services rund um Wohnen, Gesundheit und MobilitĂ€t: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger in privaten Lebenswelten 63
- 3 Big Data: Chancen und Risiken aus Sicht der BĂŒrger 137
- 3.1 Einleitung 137
- 3.2 Datenwissen 140
- 3.3 Handlungsfreiheit 143
- 3.4 FolgeabschĂ€tzungen, Bewertung von Anwendungsfeldern und Einstellungen zu Datenschutz und Technologie (âWollenâ) 146
- 3.5 Verhalten (âHandelnâ) 160
- 3.6 Datenpolitik und Datenethik (âNeue Paradigmenâ) 169
- 3.7 Alte und neue Narrative 176
- 3.8 Neue Rollen am Beispiel der Versicherungswirtschaft 179
- 3.9 Fazit 187
- Literatur 191
- 4 Big Data: BĂŒrgerschreck und HoffnungstrĂ€ger! Zusammenfassung und Fazit 195
- 4.1 Zur Gestaltung des öffentlichen Diskurses ĂŒber Chancen und Risiken von Big Data: Die Ergebnisse im Ăberblick 196
- 4.2 Zum Nutzen von Big Data in konkreten Lebenswelten:
- Die Ergebnisse im Ăberblick 201
- Anhang 207