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Die Kaiserin - Reich, Ritual und Dynastie
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70 Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit weiteres Gebet folgte am Altar während der Prostratio28, dann schloss sich die Salbung auf der Brust durch den Konsekrator an, den Kurfürsten von Köln bzw. von Mainz, die der Königin sakrale Würde verlieh. Den eigentlichen Krönungsakt, das Aufsetzen der Krone29, als Zeichen der Würde und Sinnbild von Weisheit und Tugenden nahmen dann die drei geistlichen Kurfürsten gemeinsam vor. Schließlich wurde das Salböl wieder entfernt. Ein Te Deum laudamus schloss den gemeinsamen Ritus für König und Königin ab. Über die genaue Verleihung von weiteren Insignien wie des Szepters sagen mittelalterliche Quellen nichts. Sicher ist, dass die Königin keinen Eid leistete, wie der König, und dass ihr die Thronsetzung auf dem Stuhl Karls des Großen in Aachen verwehrt blieb30. Man darf davon ausgehen, dass sich der sukzessive Wandel des spätmittelalterlichen Reiches hin zu einer Wahlmonarchie nicht nur in der rückläufigen sakralen Relevanz der Krönung des Königs31 niederschlug. Der Umstand, dass diese in der Goldenen Bulle zwar an verschiedenen Stellen angesprochen wurde, aber kein eigenes Kapitel erhielt, deutet auf einen Bedeutungsverlust im Rahmen der Herrschererhebung hin, auf den eingangs bereits hingewiesen wurde32. In der Frühen Neuzeit belegt dies auch der Umstand, dass im Gegen- satz zum Mittelalter sowohl für den König wie die Königin jeweils nur eine Krönung im Heiligen Römischen Reich selbst stattfand. Zudem trugen natürlich konfessionelle Span- nungen dazu bei, dass die eigentliche Kaiserkrönung in Rom durch den Papst nicht mehr praktiziert wurde33. De jure wäre also sowohl für den Kaiser wie die Kaiserin eigentlich davon auszugehen, dass es seit dem 16. Jahrhundert keine kaiserliche Krönung mehr gab, sondern „nur“ die Wahl bzw. Krönung zum König bzw. eine Krönung der Königin. Elemente von Wahl, Kö- nigs- und Kaiserkrönung schoben sich in der Frühen Neuzeit aber so ineinander, dass sie de facto als eine Handlungssequenz betrachtet wurden34. Im Falle einer Wahl und Krö- nung des präsumtiven Nachfolgers zu Lebzeiten des Kaisers – „vivente imperatore“35 – be- anspruchte dieser den Titel „König“ und folgte nach dem Tod des Vorgängers nahtlos als 28 Das ausgestreckte Sich-Niederwerfen vor dem Altar war Bestandteil vieler Weiherituale und ist es bis heute bei der katholischen Priesterweihe. Zum Begriff Höfer/Rechner, Lexikon, Bd. 8, 814; siehe auch Kosior, Becoming a Queen, 83. 29 Um welche Krone es sich dabei handelte, ist nie mit Sicherheit erkennbar. Immerhin gibt es Indi- zien, die dafür sprechen, dass Anna von Schweidnitz 1350 in Aachen mit der Reichskrone gekrönt wurde, siehe Büttner, Weg zur Krone, 394f. 30 Fößel, Königin, 45f. Zur Relevanz des Krönungseides Stollberg-Rilinger, Ritual, 103f. 31 Büttner, Weg zur Krone, 145–154. Zu den Krönungen allgemein siehe auch Rogge, Könige. 32 Siehe oben Anm. [1] und Stollberg-Rilinger, Die Puppe Karls des Großen, 50, 67. 33 Dotzauer, Thronerhebung, 15f. 34 Stollberg-Rilinger, Die Puppe Karls des Großen, 47f.; Dotzauer, Thronerhebung, 13. 35 Dotzauer, Thronerhebung, 16; Neuhaus, Königswahl. https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0 © BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
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Die Kaiserin Reich, Ritual und Dynastie
Title
Die Kaiserin
Subtitle
Reich, Ritual und Dynastie
Author
Katrin Keller
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21338-3
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
430
Keywords
Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Kaiserin und Reich: Einleitung 9
  2. An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
  3. Überblick 22
  4. Wie wird man Kaiserin? 29
  5. Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
  6. Die Majestas-Debatte 36
  7. Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
  8. Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
  9. Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
  10. Die Erzämter 53
  11. Das Ius Primariarum Precum 58
  12. Schluss 62
  13. Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
  14. Der rituelle Ablauf 68
  15. Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
  16. Der Ablauf der Krönung 71
  17. Ritual und Geschlecht 82
  18. Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
  19. Kaiser und Kurfürsten 87
  20. 1612: Der Neuanfang 103
  21. 1630: Die Verlegenheitslösung 110
  22. 1637: Kaiserin und Königin 114
  23. 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
  24. 1690: Zeremonialkonflikte 133
  25. 1742: Abgesang? 142
  26. Schluss 153
  27. Kaiserinnen in den Medien 157
  28. Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
  29. Eigenständige Publikationen 161
  30. Chronikwerke 171
  31. Zeitungen 178
  32. Die Krönung als Medienereignis 181
  33. Medienformen 183
  34. Die Krönungsbeschreibungen 191
  35. Texte und Bilder 200
  36. Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
  37. Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
  38. Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
  39. Schluss 241
  40. Handlungsfelder 245
  41. Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
  42. Audienzen beim Reichstag 1653 252
  43. Audienzen in Wien 254
  44. Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
  45. Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
  46. Netzwerke: Korrespondenzen 268
  47. Zur Überlieferung 268
  48. Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
  49. Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
  50. Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
  51. Fürbitten 279
  52. Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
  53. Die Kaiserin als Fürsprecherin: Beispiele 284
  54. Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
  55. Die Begründung der Regentschaft 300
  56. Zum Selbstverständnis der Regentin 304
  57. Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
  58. Schluss 319
  59. Kaiserin und Reich: Schluss 323
  60. Anhang 331
  61. Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
  62. Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
  63. Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
  64. Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
  65. Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
  66. Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
  67. Tabellenverzeichnis 354
  68. Abbildungsverzeichnis 355
  69. Abkürzungsverzeichnis 356
  70. Quellenverzeichnis 357
  71. Literaturverzeichnis 367
  72. Gedruckte Quellen und Editionen 367
  73. Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
  74. Literatur 378
  75. Personenregister 410
  76. Ortsregister 427
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