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Die Kaiserin - Reich, Ritual und Dynastie
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84 Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit für 1653 wurde zudem die Preisgabe der Reste des Krönungsmahles an Pagen und Hof- gesinde erwähnt93. Überschaut man diese Auflistung, so wird deutlich, dass – ungeachtet der zeitgenös- sischen Betonung einer Äquivalenz von Kaiser- und Kaiserinnenkrönung – von einer Gleichwertigkeit keineswegs die Rede sein kann94. Zwar realisierte sich im Ritual der Krö- nung wie in ihrer zeremoniellen Ausgestaltung die gemeinsame Hervorhebung von Kaiser und Kaiserin als Gesalbte Gottes, denen mit ihrem Gottesgnadentum eine Vorbildfunk- tion zukam95. Segnung, Salbung, Krönung und Thronsetzung bewirkten bzw. bekräftigten diese gemeinsame Sakralisierung in Abgrenzung auch von anderen rituell und zeremoniell herausgehobenen Personen wie regierenden Fürsten und Fürstinnen des Reiches. Anderer- seits bildete das Ritual aber eben die Geschlechterhierarchie innerhalb des herrschenden Paares ab. In der Gegenüberstellung von „männlicher“ und „weiblicher“ Krönung, wie sie hier skizziert wurde96, zeigt sich deutlich, dass Krönungen eine weitere performative Ebene beinhalteten, die Herrschafts- und Geschlechterordnung miteinander verband. Im Krönungsritual waren Rollenbilder beider Geschlechter von langer Dauer präsent. Dies thematisierten sowohl die Texte der Weihegebete wie rituelle Sequenzen, in denen dem Kaiser männliche Tugenden wie Wehrhaftigkeit, Ritterlichkeit, Weisheit sowie eine Funktion als geistlicher Mittler zugeschrieben wurden. Bei der Kaiserin wurden ebenfalls Weisheit und Entschlossenheit thematisiert97, dazu kamen aber wie schon angedeutet Frömmigkeit, Fruchtbarkeit zum Nutzen der Dynastie und Standhaftigkeit gegenüber dem Laster. Auch Rituale der Wehrhaftigkeit wie der Ritterschlag und die Übergabe des Schwertes entfielen. Immer stellte das Ritual jenseits der gemeinschaftlichen Sakralität des Herrscherpaares, die in Weihe, Salbung und Thronsetzung präsent war, die abgeleitete Legitimität weiblicher Herrschaft und deren reduzierte Reichweite dar. Charakteristisch war dabei für die Kaiserinnen- wie für Königinnenkrönungen in vielen europäischen Ländern, dass sie insofern als weibliches Ritual markiert wurden, als neben der zu Krönenden meist weitere Frauen an der Krönung teilnahmen98. Bei der Kaiserkrö- nung kamen die kaiserliche Gemahlin und ihre Damen vor dem Eintreffen des Zuges in die Kirche und blieben inkognito auf einer Tribüne am Rande des Geschehens. Selbst die 93 StAN, Rep. 67 Nürnberg, Krönungsakten Nr. 25, fol. 100v–101r; Sommer-Mathis, Krönungsfest- lichkeiten, 225; Rudolph, Krönung, 332f. 94 So auch Rudolph, Krönung, 318. 95 Kasten, Krönungsordnungen, 305. 96 Zur europäischen Dimension dieser Gegenüberstellung vgl. Keller, Gender and Ritual, 177–180; Kosior, Becoming a Queen, 65f. 97 Kasten, Krönungsordnungen, 261f.; Zey, Imperatrix, 26f. 98 Dazu Keller, Gender and Ritual, 179. https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0 © BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
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Die Kaiserin Reich, Ritual und Dynastie
Title
Die Kaiserin
Subtitle
Reich, Ritual und Dynastie
Author
Katrin Keller
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21338-3
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
430
Keywords
Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Kaiserin und Reich: Einleitung 9
  2. An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
  3. Ăśberblick 22
  4. Wie wird man Kaiserin? 29
  5. Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
  6. Die Majestas-Debatte 36
  7. Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
  8. Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
  9. Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
  10. Die Erzämter 53
  11. Das Ius Primariarum Precum 58
  12. Schluss 62
  13. Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
  14. Der rituelle Ablauf 68
  15. Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
  16. Der Ablauf der Krönung 71
  17. Ritual und Geschlecht 82
  18. Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
  19. Kaiser und KurfĂĽrsten 87
  20. 1612: Der Neuanfang 103
  21. 1630: Die Verlegenheitslösung 110
  22. 1637: Kaiserin und Königin 114
  23. 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
  24. 1690: Zeremonialkonflikte 133
  25. 1742: Abgesang? 142
  26. Schluss 153
  27. Kaiserinnen in den Medien 157
  28. Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Ăśberblick 160
  29. Eigenständige Publikationen 161
  30. Chronikwerke 171
  31. Zeitungen 178
  32. Die Krönung als Medienereignis 181
  33. Medienformen 183
  34. Die Krönungsbeschreibungen 191
  35. Texte und Bilder 200
  36. Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
  37. Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
  38. Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
  39. Schluss 241
  40. Handlungsfelder 245
  41. Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
  42. Audienzen beim Reichstag 1653 252
  43. Audienzen in Wien 254
  44. Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
  45. Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
  46. Netzwerke: Korrespondenzen 268
  47. Zur Ăśberlieferung 268
  48. Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
  49. GruĂźbriefe und Courtoisieschreiben 273
  50. Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
  51. FĂĽrbitten 279
  52. Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
  53. Die Kaiserin als FĂĽrsprecherin: Beispiele 284
  54. Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
  55. Die BegrĂĽndung der Regentschaft 300
  56. Zum Selbstverständnis der Regentin 304
  57. Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
  58. Schluss 319
  59. Kaiserin und Reich: Schluss 323
  60. Anhang 331
  61. Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
  62. Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
  63. Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
  64. Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
  65. Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
  66. Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
  67. Tabellenverzeichnis 354
  68. Abbildungsverzeichnis 355
  69. AbkĂĽrzungsverzeichnis 356
  70. Quellenverzeichnis 357
  71. Literaturverzeichnis 367
  72. Gedruckte Quellen und Editionen 367
  73. Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
  74. Literatur 378
  75. Personenregister 410
  76. Ortsregister 427
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