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Kaiser und Kurfürsten 89
deutlich, dass man über das Ansinnen selbst zunächst einmal erstaunt war, hatte doch seit
langem keine Krönung mehr stattgefunden – freilich irrten die Brandenburger, die ver-
lautbarten, es habe seit 1414114 keine mehr gegeben.
Der Kurfürst von Trier als erster Redner wies zugleich darauf hin, dass es zwar seit lan-
gem zu keiner Krönung mehr gekommen sei, dass solche aber immer wieder stattgefunden
hätten, wie Akten in seinem Besitz ausweisen würden. Die Goldene Bulle spräche nicht
dagegen, und zumal wenn beide Krönungen in einem Akt geschehen würden, sei nicht
zu befürchten, dass sich daraus Ansprüche hinsichtlich der Erblichkeit des Kaisertums
ergeben würden. Dem schloss sich der Kurfürst von Köln an, während der kurpfälzische
Administrator explizit darauf abhob, dass der „freyen wahl halben“115 eine schriftliche Ver-
sicherung des Kaisers nicht schaden könne. Kursachsen hielt fest, die Goldene Bulle ver-
biete eine Krönung nicht, während die brandenburgischen Gesandten für eine kaiserliche
Zusicherung plädierten „daß nemlich hierdurch dem Reich keine erbgerechtigkeit vfge-
drungen“116 werden solle. Alle waren der Meinung, dass eine gemeinsame Krönung in jeder
Hinsicht zu bevorzugen sei.
Entsprechend wurde Kaiser Matthias von der Stellungnahme unterrichtet. Darauf er-
folgte von kaiserlicher Seite eine umgehende Rückmeldung, die den Kurfürsten vom Erz-
kanzler kommuniziert wurde:
„Zeigt daneben der Konigen cronung halben, ahn das dem Konig der schlus referirt, es
pitten aber die konig. Mat. gar hoch, das beede cronungen nit vf einen tag sonder vf zwen
nacheinander volgende täge geschehen dieweil alle praeparationes vnd anstalt daruff albe-
reit gemacht, begerten ihr Matt. nit, bey der Konigen cronung die Churf[ürsten] mit den
diensten zu beschweren; deßen die hern Churfursten also zufrieden gewesen, jedoch das
man sich gegen ihrer Matt. deßen in schrifften erklere das es den Churf[ürsten] ahn ihrer
freien wahl ohne nachteil sein soll.“117
Die dann noch am 23. Juni entworfene schriftliche Stellungnahme der Kurfürsten fasste
deren Position noch einmal zusammen:
114 1414 wurden Kaiser Sigismund und Barbara von Cilli in Aachen gekrönt, siehe Büttner, Weg zur
Krone, 505–510.
115 BayHStA, Kurpfalz, Kasten blau, 97, Nr. 3, S. 121. Gotthard (Gotthard, Säulen des Reiches,
485–493, 528f.) erwähnt in seinen Ausführungen zur freien Wahl diese Stellungnahmen nicht.
116 HStAD, Geheimer Rat Loc. 10675/08, fol. 255v. Die Verbindung von Krönung und Ansprüchen
auf Erblichkeit sprach noch 100 Jahre später der Reichspublizist Johann Peter von Ludewig (Lu-
dewig, Vollständige Erläuterung, Bd. 2, 640) an.
117 HHStA, MEA WuK 10, fol. 170r/v.
https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0
© BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
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Die Kaiserin
Reich, Ritual und Dynastie
- Title
- Die Kaiserin
- Subtitle
- Reich, Ritual und Dynastie
- Author
- Katrin Keller
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21338-3
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 430
- Keywords
- Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Kaiserin und Reich: Einleitung 9
- An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
- Überblick 22
- Wie wird man Kaiserin? 29
- Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
- Die Majestas-Debatte 36
- Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
- Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
- Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
- Die Erzämter 53
- Das Ius Primariarum Precum 58
- Schluss 62
- Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
- Der rituelle Ablauf 68
- Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
- Der Ablauf der Krönung 71
- Ritual und Geschlecht 82
- Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
- Kaiser und Kurfürsten 87
- 1612: Der Neuanfang 103
- 1630: Die Verlegenheitslösung 110
- 1637: Kaiserin und Königin 114
- 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
- 1690: Zeremonialkonflikte 133
- 1742: Abgesang? 142
- Schluss 153
- Kaiserinnen in den Medien 157
- Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
- Eigenständige Publikationen 161
- Chronikwerke 171
- Zeitungen 178
- Die Krönung als Medienereignis 181
- Medienformen 183
- Die Krönungsbeschreibungen 191
- Texte und Bilder 200
- Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
- Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
- Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
- Schluss 241
- Handlungsfelder 245
- Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
- Audienzen beim Reichstag 1653 252
- Audienzen in Wien 254
- Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
- Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
- Netzwerke: Korrespondenzen 268
- Zur Überlieferung 268
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
- Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
- Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
- Fürbitten 279
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
- Die Kaiserin als Fürsprecherin: Beispiele 284
- Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
- Die Begründung der Regentschaft 300
- Zum Selbstverständnis der Regentin 304
- Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
- Schluss 319
- Kaiserin und Reich: Schluss 323
- Anhang 331
- Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
- Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
- Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
- Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
- Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
- Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
- Tabellenverzeichnis 354
- Abbildungsverzeichnis 355
- Abkürzungsverzeichnis 356
- Quellenverzeichnis 357
- Literaturverzeichnis 367
- Gedruckte Quellen und Editionen 367
- Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
- Literatur 378
- Personenregister 410
- Ortsregister 427