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Kaiser und Kurfürsten 93
Anschließend fasste der Kurfürst von Mainz die Äußerungen zusammen und legte fest,
dass wegen des Ablaufs seine Kanzlei ein Direktorium erstellen und an die Kurfürsten und
Gesandten aussenden werde. Wegen des von Sachsen und Brandenburg angesprochenen
Reverses der kaiserlichen Seite und des Ablaufs wurde dann eine zweite Umfrage gehalten,
in der alle Anwesenden die Einigkeit über die Krönung als solche, das Einverständnis mit
dem Entwurf eines Direktoriums durch Mainz und mit der Prüfung der Notwendigkeit
eines kaiserliches Reverses äußerten.
Im Vergleich zum Protokoll für 1612 wird 1636 deutlich, dass sich um den Plan einer
Krönung der Gemahlin des gerade gewählten Königs selbst kaum Debatten entwickelten.
Vielmehr betonten die beiden katholischen Kurfürsten zwar deren politischen Stellenwert
in Bezug auf das Verhältnis zu Spanien, sahen aber keine Hindernisse in der Reichsver-
fassung. Dies unterschied sie im Übrigen von Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen, der
in einem Schreiben an seine Regensburger Gesandten vom 16./26. Dezember 1636 darauf
hinwies, dass die Krönung einer Königin „bey lebzeiten und anwesenheit der röm. Keyse-
rin“ beispiellos sein werde,
„denn das bey lebzeiten eines röm. Keysers ein künftiger successor zum röm. König erwöh-
let vnd gecrönet wirdt, geschiehet mit key. Mait. willen vnd begehren zu des Röm. Reichs
sond[er]bahren wohlfahrt und verhütung aller dissipation und ungemachs, so sich vff be-
gebenden todesfall bey einer vacanz ereignen könnte, Welches aber vff eine röm. Königin
füglich nicht kann getzogen werden, dörffte auch allerhandt ungleiche reden, vermehren
und nach sich ziehen, Jedoch und im fall auch diese crönung instendig begehret, und per
maiora gutt befunden würde, habet ihr mit euern voto gleichsfalß beyzutreten.“128
Der Hinweis auf die damit möglicherweise verbundenen Diskussionen bleibt allerdings
zu vage, um den Ursprung der Bedenken genauer zu benennen. Die von den Gesandten
der beiden protestantischen Kurfürsten aufgebrachte Frage eines kaiserlichen Reverses, der
ja 1612 besprochen, dann jedoch nicht realisiert worden war, lässt sich ebenfalls als Vorbe-
halt gegen eine Krönung interpretieren. Eine Bemerkung im eigenhändigen Protokoll des
brandenburgischen Gesandten Levin von dem Knesebeck legt nahe, dass es 1630 ebenfalls
zu einer Debatte darum gekommen war, offenbar aber im Zusammenhang mit dem Leib-
gedinge einer Kaiserin129 und nicht mehr, wie 1612, in Verbindung mit dem Prinzip der
freien Wahl. Die bislang aufgefundenen Akten lassen aber nicht erkennen, ob diese Frage
weiter verfolgt wurde.
128 HStAD, Geheimer Rat Loc. 10680/04, unpag. (16./26.12.1636). Hier wie in der Folge werden ge-
läufige Abkürzungen in den Transkriptionen beibehalten.
129 GStA PK, I.HA GR, Rep. 12, Nr. 235, fol. 94v.
https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0
© BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
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Die Kaiserin
Reich, Ritual und Dynastie
- Title
- Die Kaiserin
- Subtitle
- Reich, Ritual und Dynastie
- Author
- Katrin Keller
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21338-3
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 430
- Keywords
- Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Kaiserin und Reich: Einleitung 9
- An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
- Überblick 22
- Wie wird man Kaiserin? 29
- Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
- Die Majestas-Debatte 36
- Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
- Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
- Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
- Die Erzämter 53
- Das Ius Primariarum Precum 58
- Schluss 62
- Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
- Der rituelle Ablauf 68
- Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
- Der Ablauf der Krönung 71
- Ritual und Geschlecht 82
- Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
- Kaiser und Kurfürsten 87
- 1612: Der Neuanfang 103
- 1630: Die Verlegenheitslösung 110
- 1637: Kaiserin und Königin 114
- 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
- 1690: Zeremonialkonflikte 133
- 1742: Abgesang? 142
- Schluss 153
- Kaiserinnen in den Medien 157
- Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
- Eigenständige Publikationen 161
- Chronikwerke 171
- Zeitungen 178
- Die Krönung als Medienereignis 181
- Medienformen 183
- Die Krönungsbeschreibungen 191
- Texte und Bilder 200
- Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
- Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
- Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
- Schluss 241
- Handlungsfelder 245
- Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
- Audienzen beim Reichstag 1653 252
- Audienzen in Wien 254
- Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
- Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
- Netzwerke: Korrespondenzen 268
- Zur Überlieferung 268
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
- Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
- Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
- Fürbitten 279
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
- Die Kaiserin als Fürsprecherin: Beispiele 284
- Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
- Die Begründung der Regentschaft 300
- Zum Selbstverständnis der Regentin 304
- Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
- Schluss 319
- Kaiserin und Reich: Schluss 323
- Anhang 331
- Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
- Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
- Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
- Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
- Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
- Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
- Tabellenverzeichnis 354
- Abbildungsverzeichnis 355
- Abkürzungsverzeichnis 356
- Quellenverzeichnis 357
- Literaturverzeichnis 367
- Gedruckte Quellen und Editionen 367
- Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
- Literatur 378
- Personenregister 410
- Ortsregister 427