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1637: Kaiserin und Königin 119
nicht die Ritualsequenz der Krönung im engeren Sinne, sondern vorrangig die zeremonielle
Ausformung von Zug und Mahl. So berichtete auch der brandenburgische Gesandte Levin
von dem Knesebeck in seinem diplomatischen Tagebuch über eine Veränderung der Sitz-
ordnung. Er hielt für den 6. Januar 1637 fest:
„Ist nichts vorgangen, alß das ihre key. Mjt. den her M[iniste]r [Adam von Schwarzenberg]
ersuchen lassen, zu frieden zu sein, das bey morgenden banquet, die Ch[ur]f[ür]stin von Bay-
ern, alß ihrer Mjt. tochter vnd eine vermehlte Churfürstin, bey ihrem herrn, vnd also über
den sechs- vnd brandenburgischen gesanten, sitzen möchte. Es solle, wo künfftig d[er]glei-
chen felle wieder kehmen, dabey ein Churfürst seine gemahlin bey sich hette, auch wieder-
umb also gehalten werden: Welches denn bey sr. hochw. Gn. auch kein bedencken gehabt.“219
Die gleiche Festlegung dokumentiert die Krönungsbeschreibung des Mainzer Sekretärs
Werle220. Grund für die Modifikation war zweifellos der besondere Rang der Kurfürstin:
Maria Anna war die ältere Tochter Ferdinands II. aus seiner ersten Ehe und damit die
älteste Schwester Ferdinands III. Dies wünschte der Kaiser zweifellos in der Sitzordnung
abzubilden. Die Entscheidung ist zugleich ein gutes Beispiel für die Konsequenzen jeder
demonstrativen zeremoniellen Veränderung, denn die neue Sitzordnung musste bei allen
folgenden Krönungen ebenfalls eingehalten werden221.
Der Fürst von Anhalt-Bernburg war dagegen erstaunt, dass die sächsischen und bran-
denburgischen Gesandten zwar nach der Kurfürstin, aber eben doch mit an der Tafel der
Kurfürsten sitzen durften, was bei der Königskrönung nicht der Fall gewesen sei. Vor al-
lem aber beschäftigte ihn sowohl im Vorfeld der Krönung Ferdinands III. wie der Maria
Annas die Frage, ob er selbst den Vortritt vor dem Landgrafen von Leuchtenberg und
dem Markgrafen Albrecht von Brandenburg-Ansbach222 erhalten werde und ob er beim
Krönungsmahl den Tafeldienst beim Kaiser würde versehen dürfen. In den Präzedenzstreit
zwischen den Reichsfürsten war wie schon gesagt der Reichserbmarschall von Pappenheim
involviert, dem offenbar die Rolle zufiel, hier im Vorfeld einen Ausgleich zu verhandeln.
Vier Tage vor der Krönung Maria Annas hielt der Fürst in seinem Tagebuch fest, dass
Pappenheim ihn habe „fragen laßen, wegen der competentzen, wie wir gehen würden,
219 GSTA PK, I.HA GR, Rep. 12, Nr. 234, fol. 157r. Die Originaldatierung ist nach altem Stil der
27.12.1636.
220 HAB Wolfenbüttel, 82 Blankenburg, fol 55r/v erwähnt als Verfasser den „chur mainzischen Gehai-
men Secretarium Johan Adam Werlen”.
221 Siehe etwa HHStA, MEA WuK 16, Fasz. 1, fol. 145r/v.
222 Christian von Anhalt erwähnte die beiden Konflikte seit dem 16./26.12.1636 regelmäßig, also auch
schon im Vorfeld der Königskrönung.
https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0
© BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
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Die Kaiserin
Reich, Ritual und Dynastie
- Title
- Die Kaiserin
- Subtitle
- Reich, Ritual und Dynastie
- Author
- Katrin Keller
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21338-3
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 430
- Keywords
- Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Kaiserin und Reich: Einleitung 9
- An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
- Überblick 22
- Wie wird man Kaiserin? 29
- Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
- Die Majestas-Debatte 36
- Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
- Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
- Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
- Die Erzämter 53
- Das Ius Primariarum Precum 58
- Schluss 62
- Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
- Der rituelle Ablauf 68
- Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
- Der Ablauf der Krönung 71
- Ritual und Geschlecht 82
- Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
- Kaiser und Kurfürsten 87
- 1612: Der Neuanfang 103
- 1630: Die Verlegenheitslösung 110
- 1637: Kaiserin und Königin 114
- 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
- 1690: Zeremonialkonflikte 133
- 1742: Abgesang? 142
- Schluss 153
- Kaiserinnen in den Medien 157
- Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
- Eigenständige Publikationen 161
- Chronikwerke 171
- Zeitungen 178
- Die Krönung als Medienereignis 181
- Medienformen 183
- Die Krönungsbeschreibungen 191
- Texte und Bilder 200
- Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
- Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
- Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
- Schluss 241
- Handlungsfelder 245
- Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
- Audienzen beim Reichstag 1653 252
- Audienzen in Wien 254
- Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
- Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
- Netzwerke: Korrespondenzen 268
- Zur Überlieferung 268
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
- Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
- Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
- Fürbitten 279
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
- Die Kaiserin als Fürsprecherin: Beispiele 284
- Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
- Die Begründung der Regentschaft 300
- Zum Selbstverständnis der Regentin 304
- Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
- Schluss 319
- Kaiserin und Reich: Schluss 323
- Anhang 331
- Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
- Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
- Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
- Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
- Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
- Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
- Tabellenverzeichnis 354
- Abbildungsverzeichnis 355
- Abkürzungsverzeichnis 356
- Quellenverzeichnis 357
- Literaturverzeichnis 367
- Gedruckte Quellen und Editionen 367
- Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
- Literatur 378
- Personenregister 410
- Ortsregister 427