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Die Kaiserin - Reich, Ritual und Dynastie
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1690: Zeremonialkonflikte 139 Aus Protest gegen diese ad-hoc-Entscheidung zugunsten der Kurfürsten versuchte der Fürstabt von Fulda dann, wenigstens im Moment der Krönung die Hand mit an die Krone zu legen und damit de facto gemeinsam mit den kurfürstlichen Assistenten des Mainzer Erzbischofs als Koronator in Erscheinung zu treten. Dies war ja 1653 in Abwe- senheit der Kurfürsten praktiziert worden, und Abt Placidus von Droste sah sich damit berechtigt, dies wieder zu tun. Seinen Versuch wehrte jedoch der Kurfürst von Köln er- folgreich ab, indem er den Fürstabt im entscheidenden Moment zur Seite schob – was zur Folge hatte, dass Placidus sich in der Folge weigerte, überhaupt seines Amtes zu walten und die Krone entgegenzunehmen300. Dies behielt er auch beim anschließenden Krönungsmahl bei: Zwar schritt er mit dem Fürstabt von Kempten und dem Fürstbischof von Brixen im Zug vom Dom zum Rathaus und saß bei der Tafel, aber er sprach keines der Gebete und nahm der Kaiserin nicht bei der Tafel die Reichskrone ab, mit der sie den Raum betreten hatte. Dies gab einem ande- ren Amtsträger die Möglichkeit, eine zeremonielle Rolle zu okkupieren, die ihm noch dazu die Möglichkeit des direkten Kontaktes mit der Reichskrone bot. Der Obersthofmeister der Kaiserin, Karl Ferdinand von Waldstein, nahm ihr die Krone ab und stellte sie auf das dazu bereit gehaltene Tischchen301. Auch am Ende des Mahles, als die Kaiserin erneut nach der Krone fragte, konnte er sich durch Schnelligkeit gegen den Schenken von Limpurg durchsetzen, der als Reichserbtruchsess der Kaiserin bei der Tafel gedient hatte. Beim Krönungsmahl kam es dann noch zu einem weiteren, durchaus gravierenden Konflikt. Zwar war die Frage der Aufstellung der kurfürstlichen Tafel im Vorfeld entschie- den worden, wobei man kaiserlicherseits freilich keinen vollständigen Triumph der Kur- fürsten zugelassen hatte – diese erhielten in der Kirche und bei der Tafel die geforderte „staffel“ unter ihrer Bank bzw. Tafel, aber das Podest unter der kaiserlichen Tafel302 bestand aus drei Stufen und war mit einem türkischen Teppich bedeckt. Nicht daran jedoch ent- zündete sich die nächste Auseinandersetzung, sondern an der Frage der bei der kurfürst- lichen Tafel verwendeten Sitzmöbel. Man hatte versäumt festzulegen, ob es den kurfürst- 300 Ebenda, fol. 479r: „Warumen aber Fulda sich zue reichung der clenodien nit gebrauchen lassen, wird vermueth[lich] die vrsach sey, das er die cron nit aufgesezet hat.“ Siehe auch StAN, Rep. 67 Nürnberg, Krönungsakten Nr. 35, fol. 22r, und BayHStA, Fürstensachen, Nr. 663, fol. 28v: „… und der Fyrst vnd Abbt von Fulda die chron dem Churfyrsten von Mei[n]tz darreichte, welcher neben vndt mit baiden Churfyrst von Thrier vndt Cölln ihr die chron auf sezt, so NB Herr Abbt von Fulda allein zue thuen praetendirt ihme aber von den Churfyrst kheines wegs hat wollen zue glassen werden, gelangte doch aber auch mit den Churfyrsten nach der chron wurde aber von den Churfyrst von Cölln von dannen geschoben also blesslich die chron anriertte, chrönden also disse drei geistliche Churfyrst die Kheiserin.“ 301 HHStA, ZP 4, fol. 482r, 484v. 302 HHStA, ZP 4, fol. 481r/v. Zum Konflikt siehe 97–99 und Abb. 8. https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0 © BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
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Die Kaiserin Reich, Ritual und Dynastie
Title
Die Kaiserin
Subtitle
Reich, Ritual und Dynastie
Author
Katrin Keller
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21338-3
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
430
Keywords
Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Kaiserin und Reich: Einleitung 9
  2. An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
  3. Überblick 22
  4. Wie wird man Kaiserin? 29
  5. Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
  6. Die Majestas-Debatte 36
  7. Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
  8. Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
  9. Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
  10. Die Erzämter 53
  11. Das Ius Primariarum Precum 58
  12. Schluss 62
  13. Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
  14. Der rituelle Ablauf 68
  15. Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
  16. Der Ablauf der Krönung 71
  17. Ritual und Geschlecht 82
  18. Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
  19. Kaiser und Kurfürsten 87
  20. 1612: Der Neuanfang 103
  21. 1630: Die Verlegenheitslösung 110
  22. 1637: Kaiserin und Königin 114
  23. 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
  24. 1690: Zeremonialkonflikte 133
  25. 1742: Abgesang? 142
  26. Schluss 153
  27. Kaiserinnen in den Medien 157
  28. Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
  29. Eigenständige Publikationen 161
  30. Chronikwerke 171
  31. Zeitungen 178
  32. Die Krönung als Medienereignis 181
  33. Medienformen 183
  34. Die Krönungsbeschreibungen 191
  35. Texte und Bilder 200
  36. Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
  37. Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
  38. Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
  39. Schluss 241
  40. Handlungsfelder 245
  41. Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
  42. Audienzen beim Reichstag 1653 252
  43. Audienzen in Wien 254
  44. Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
  45. Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
  46. Netzwerke: Korrespondenzen 268
  47. Zur Überlieferung 268
  48. Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
  49. Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
  50. Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
  51. Fürbitten 279
  52. Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
  53. Die Kaiserin als Fürsprecherin: Beispiele 284
  54. Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
  55. Die Begründung der Regentschaft 300
  56. Zum Selbstverständnis der Regentin 304
  57. Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
  58. Schluss 319
  59. Kaiserin und Reich: Schluss 323
  60. Anhang 331
  61. Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
  62. Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
  63. Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
  64. Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
  65. Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
  66. Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
  67. Tabellenverzeichnis 354
  68. Abbildungsverzeichnis 355
  69. Abkürzungsverzeichnis 356
  70. Quellenverzeichnis 357
  71. Literaturverzeichnis 367
  72. Gedruckte Quellen und Editionen 367
  73. Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
  74. Literatur 378
  75. Personenregister 410
  76. Ortsregister 427
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