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Historische Aufzeichnungen
Die Kaiserin - Reich, Ritual und Dynastie
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150 Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit Freilich waren die Mühen von Abt Amandus umsonst, blieb die Kaiserinnenkrönung von 1742 doch die letzte im Heiligen Römischen Reich. Der Streit um die Mitkrönungsrechte Fuldas zeigt zugleich noch einmal sehr deutlich, dass Abweichungen vom Ritual, wie sie 1653 notgedrungen hatten vorgenommen werden müssen, ebenso wie zeremonielle Präzedenzfälle im weiteren Sinne dauerhafte Konsequenzen haben konnten. So war es beispielsweise auch 1742 der Obersthofmeister der Kaiserin, der ihr bei der Tafel die Reichskrone abnahm – eine Regelung, die es 1690 zuerst gegeben hatte, weil der damalige Fürstabt von Fulda nach dem Streit in der Kirche jede weitere Mitwirkung verweigerte. Da die Krönungsbeschreibung der Nürnberger für 1690, die das Agieren des Obersthofmeisters festhielt, aber 1742 als zentrale Quelle herangezogen wurde, konnte diese Abweichung von vorherigen Krönungen nun ohne Diskussion erneut praktiziert werden344. Das Beharren des Fuldaers auf seinen Rechten – eigentlich ja auf einer Erweiterung derselben – ebenso wie der Wunsch des Kemptener Fürstabtes, die Insignien direkt über- geben zu können, belegen zudem die fortgesetzte Relevanz einer aktiven Beteiligung an der Kaiserinnenkrönung für reichsfürstliche Kreise. Gleiches gilt für das Engagement des Kurfürstenrates, der in einer Zeit, als angesichts des permanent tagenden Reichstages wenig Handlungsraum des Gremiums in der Reichspolitik blieb, seinen Zugriff auf die Organisation sichtlich auszuweiten bemüht war. Für die kaiserliche Seite zeigt die frühe Einladung, dass man von vornherein die Krönung Maria Amalias als ergänzendes Symbol kaiserlicher Würde in die Planungen einbezog. Trotzdem bleibt bei der Betrachtung der Kaiserinnenkrönung von 1742 der Gesamt- eindruck einer Reduktion. Zu diesem Eindruck trägt nicht allein die zahlenmäßig relativ geringe und nicht sehr hochrangige Teilnehmerschaft345 bei, die ja zweifellos auch der kon- kreten politischen Konstellation der ersten Wahl eines Nicht-Habsburgers seit Generatio- nen geschuldet war. Ebenso lässt sich der Umstand, dass Kaiser Karl VII. anders als alle seine Vorgänger freiwillig darauf verzichtete, im kaiserlichen Ornat und unter Vortragung des Reichsschwertes zu erscheinen346, im Sinne eines Bedeutungsverlustes interpretieren. Er trug stattdessen ein Hofgewand nach spanischer Mode und ließ sich in der Karosse zur Kirche fahren – sicher eine Reduktion zeremonieller Sichtbarkeit, waren doch seine Vor- gänger entweder hoch zu Ross oder doch zu Fuß, geleitet von den anwesenden Kurfürsten im kurfürstlichen Ornat, zur Kirche und von dort zum Krönungsmahl gezogen. Nur der kränkelnde Ferdinand II. war 1637 in einem Tragsessel in die Kirche getragen worden. Als Reduktion muss es ebenfalls gelten, wenn 1742 auch der letzte Reichserbamtsträ- 344 NLAW, 1 Alt 1 A Fb 2 II Nr. 5/2, Bd. 2, fol. 876r. 345 Selbst der Konsekrator, der Kurfürst von Köln, ließ sich am Ende bei der Tafel durch einen Botschaf- ter vertreten (Vollständiges Diarium, 16), weil er sonst allein unter den Botschaftern gesessen hätte. 346 HHStA, MEA WuK 57, fol. 9r/v, 17r/v; HStAD, Geheimer Rat Loc. 03120/13, unpag. https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0 © BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
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Die Kaiserin Reich, Ritual und Dynastie
Title
Die Kaiserin
Subtitle
Reich, Ritual und Dynastie
Author
Katrin Keller
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21338-3
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
430
Keywords
Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Kaiserin und Reich: Einleitung 9
  2. An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
  3. Überblick 22
  4. Wie wird man Kaiserin? 29
  5. Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
  6. Die Majestas-Debatte 36
  7. Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
  8. Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
  9. Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
  10. Die Erzämter 53
  11. Das Ius Primariarum Precum 58
  12. Schluss 62
  13. Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
  14. Der rituelle Ablauf 68
  15. Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
  16. Der Ablauf der Krönung 71
  17. Ritual und Geschlecht 82
  18. Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
  19. Kaiser und Kurfürsten 87
  20. 1612: Der Neuanfang 103
  21. 1630: Die Verlegenheitslösung 110
  22. 1637: Kaiserin und Königin 114
  23. 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
  24. 1690: Zeremonialkonflikte 133
  25. 1742: Abgesang? 142
  26. Schluss 153
  27. Kaiserinnen in den Medien 157
  28. Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
  29. Eigenständige Publikationen 161
  30. Chronikwerke 171
  31. Zeitungen 178
  32. Die Krönung als Medienereignis 181
  33. Medienformen 183
  34. Die Krönungsbeschreibungen 191
  35. Texte und Bilder 200
  36. Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
  37. Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
  38. Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
  39. Schluss 241
  40. Handlungsfelder 245
  41. Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
  42. Audienzen beim Reichstag 1653 252
  43. Audienzen in Wien 254
  44. Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
  45. Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
  46. Netzwerke: Korrespondenzen 268
  47. Zur Überlieferung 268
  48. Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
  49. Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
  50. Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
  51. Fürbitten 279
  52. Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
  53. Die Kaiserin als Fürsprecherin: Beispiele 284
  54. Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
  55. Die Begründung der Regentschaft 300
  56. Zum Selbstverständnis der Regentin 304
  57. Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
  58. Schluss 319
  59. Kaiserin und Reich: Schluss 323
  60. Anhang 331
  61. Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
  62. Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
  63. Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
  64. Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
  65. Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
  66. Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
  67. Tabellenverzeichnis 354
  68. Abbildungsverzeichnis 355
  69. Abkürzungsverzeichnis 356
  70. Quellenverzeichnis 357
  71. Literaturverzeichnis 367
  72. Gedruckte Quellen und Editionen 367
  73. Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
  74. Literatur 378
  75. Personenregister 410
  76. Ortsregister 427
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