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Historische Aufzeichnungen
Die Kaiserin - Reich, Ritual und Dynastie
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266 Handlungsfelder Hinzuweisen wäre noch darauf, dass die Möglichkeit des Erscheinens bei der Kaise- rin und damit im Frauenzimmer vor allem in Wien dazu genutzt werden konnte, um besondere Nähe zum Kaiserhaus herauszustellen. Zur Tafel „auf der Seite“ der Kaiserin, also in ihrem Appartement, wurden nur Kurfürsten zugelassen, etwa 1689/90 in Augsburg oder bei der Ankunft des sächsischen Kurfürsten Friedrich August I. in Wien 169586. Zu- gleich nutzte man den Raum des Frauenzimmers aber auch, um zeremonielle Probleme bei Fürstenbegegnungen zu entschärfen. Dies geschah etwa 1715, als der Kurfürst von Trier, Karl Joseph von Lothringen, in Wien erschien. In einer Hofkonferenz wurde nach langer Beratung festgehalten, dass der Kurfürst eigentlich nur auf der Seite der Kaiserin speisen könne. Dies sei ohnehin altes Herkommen, weil die kaiserlichen Kämmerer ihn nicht be- dienen, ebenso wenig wie seine eigenen Leute in Gegenwart der kaiserlichen Majestäten Dienst tun könnten87. Und auch anlässlich der Anwesenheit der russischen Gesandtschaft 1698 in Wien, die ohnedies zahlreiche zeremonielle Probleme mit sich brachte, nutzte man die informellen Möglichkeiten einer Visite in den Räumlichkeiten der Kaiserin: Zar Peter I., der der Ge- sandtschaft inkognito angehörte, wünschte Kaiser und Kaiserin persönlich zu treffen. Die öffentliche Audienz des Gesandten und damit der Zutritt zum höfischen Leben verzögerte sich jedoch wegen zeremonieller Konflikte. Deshalb gab es zunächst ein informelles Zu- sammentreffen des Zaren mit Leopold I. in der Galerie der Favorita, und am 4. Juli suchte Peter I. dort – über einen Nebeneingang und eine Seitentreppe geleitet – die Kaiserin auf. Am 25. Juli 1698 schließlich erschien der Zar zur Verabschiedung vom Kaiserpaar und den Erzherzoginnen dann noch ein zweites Mal im Spiegelzimmer der Kaiserin88. Weitere Quellenforschungen würden zweifellos noch ergänzendes Material liefern, um die Rolle von Kaiserinnen im Kontext zeremonieller Repräsentation differenzierter zu untersuchen. Abschließend sei immerhin noch angedeutet, dass eine Audienz bei der Kaiserin bei Personen verschiedenen Standes offensichtlich auch schon vor der Zeit Maria Theresias89 bleibenden Eindruck hinterließ und damit Wirksamkeit für das Bild der Person wie des Hauses im Reich entwickeln konnte. Christian von Anhalt-Bernburg vermerkte 1635 nur kurz, dass das Auftreten der Kaiserin „vber alle maßen cortesisch“90 gewesen sei. Elisabeth Philippine von Schaumburg berichtete ihrem Vater 1676 aus Wien schon wesentlich wort- reicher von ihrer Begegnung mit der im Krankenbett liegenden Kaiserin Claudia Felicitas: 86 HHStA, ZP 4, fol. 401v, 2.11.1689; ZP 5, fol. 248r, 11.11.1695. 87 HHStA, ÄZA 27/1, fol. 170r, 188r, 24.04.1715. 88 HHStA, ZP 5, fol. 424r–425v, 4.07.1698, fol. 449v, 25.07.1698. Siehe auch Auer, Diplomatisches Zeremoniell, 69f. 89 Stollberg-Rilinger, Maria Theresia, 318f., 327–331. 90 Tagebuch Anhalt, 4./14.08.1635 (MS fol. 381r/v, 382r). https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0 © BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
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Die Kaiserin Reich, Ritual und Dynastie
Title
Die Kaiserin
Subtitle
Reich, Ritual und Dynastie
Author
Katrin Keller
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21338-3
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
430
Keywords
Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Kaiserin und Reich: Einleitung 9
  2. An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
  3. Ăśberblick 22
  4. Wie wird man Kaiserin? 29
  5. Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
  6. Die Majestas-Debatte 36
  7. Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
  8. Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
  9. Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
  10. Die Erzämter 53
  11. Das Ius Primariarum Precum 58
  12. Schluss 62
  13. Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
  14. Der rituelle Ablauf 68
  15. Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
  16. Der Ablauf der Krönung 71
  17. Ritual und Geschlecht 82
  18. Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
  19. Kaiser und KurfĂĽrsten 87
  20. 1612: Der Neuanfang 103
  21. 1630: Die Verlegenheitslösung 110
  22. 1637: Kaiserin und Königin 114
  23. 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
  24. 1690: Zeremonialkonflikte 133
  25. 1742: Abgesang? 142
  26. Schluss 153
  27. Kaiserinnen in den Medien 157
  28. Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Ăśberblick 160
  29. Eigenständige Publikationen 161
  30. Chronikwerke 171
  31. Zeitungen 178
  32. Die Krönung als Medienereignis 181
  33. Medienformen 183
  34. Die Krönungsbeschreibungen 191
  35. Texte und Bilder 200
  36. Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
  37. Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
  38. Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
  39. Schluss 241
  40. Handlungsfelder 245
  41. Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
  42. Audienzen beim Reichstag 1653 252
  43. Audienzen in Wien 254
  44. Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
  45. Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
  46. Netzwerke: Korrespondenzen 268
  47. Zur Ăśberlieferung 268
  48. Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
  49. GruĂźbriefe und Courtoisieschreiben 273
  50. Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
  51. FĂĽrbitten 279
  52. Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
  53. Die Kaiserin als FĂĽrsprecherin: Beispiele 284
  54. Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
  55. Die BegrĂĽndung der Regentschaft 300
  56. Zum Selbstverständnis der Regentin 304
  57. Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
  58. Schluss 319
  59. Kaiserin und Reich: Schluss 323
  60. Anhang 331
  61. Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
  62. Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
  63. Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
  64. Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
  65. Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
  66. Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
  67. Tabellenverzeichnis 354
  68. Abbildungsverzeichnis 355
  69. AbkĂĽrzungsverzeichnis 356
  70. Quellenverzeichnis 357
  71. Literaturverzeichnis 367
  72. Gedruckte Quellen und Editionen 367
  73. Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
  74. Literatur 378
  75. Personenregister 410
  76. Ortsregister 427
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