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FĂĽrbitten 281
Direkte Weisungsbefugnisse waren ja an institutionelle Abläufe gebunden und damit im
Wesentlichen auf die direkte Einflussnahme am fĂĽrstlichen Hof, vor allem aber auf den
eigenen Besitz einer FĂĽrstin begrenzt, also ihr Leibgedinge, ererbte Besitzungen bzw. das
Wittum. Solche Schreiben mit Weisungscharakter finden sich auch im Briefregister von Kai-
serin Eleonora Magdalena, und sie betreffen vorrangig die Präsentation bzw. Nominierung
von Geistlichen in Herrschaften, die in Böhmen zum Leibgedinge der Kaiserin gehörten.
Hier agierte sie als direkte Herrschaftsinhaberin, und das zeigt der Duktus der Briefe, die
Anordnungs- bzw. Mitteilungscharakter haben, recht deutlich148.
Wesentlich größer war dagegen die Zahl von bittend bzw. empfehlend vorgetragenen
Interventionen der Kaiserin. Darunter lassen sich mehrere thematische Gruppen ausma-
chen: Die größte Zahl von Fürbitten (ca. ein Drittel), mit denen Kaiserin Eleonora Mag-
dalena aktiv wurde, bezog sich auf die Vergabe von Ă„mtern im weltlichen wie im geist-
lichen Bereich, von der priesterlichen Pfründe bis zum militärischen Kommando und dies
im Raum zwischen Breslau und Spanien. Mit etwa einem Viertel der Schreiben bildeten
allgemeine Empfehlungen und Gnadenäußerungen ohne konkreten Gegenstand, also die
Protektion bestimmter Personen, die zweite größere Gruppe. In deutlich kleinerer, aber
doch erwähnenswerter Zahl lassen sich Interventionen in Rechtsgeschäften149 und Emp-
fehlungen für Eintritte in Klöster nachweisen mit je etwa einem Zehntel der Briefe. Das
restliche Viertel der Interventionen umfasste FĂĽrsprachen fĂĽr den Erhalt von Geldzahlun-
gen, die Veranlassung von FĂĽrsprachen Dritter, die UnterstĂĽtzung von Klosterbauten bzw.
Klostergründungen und weitere Gegenstände. Zu diesen gehörte beispielsweise die Ver-
ehrung der Heiligen Kunigunde, die die Kaiserin – unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft
mit der mittelalterlichen Kaiserin – durch mehrere Schreiben unterstützte150.
In Rechtsgeschäften wurde Kaiserin Eleonora Magdalena dabei besonders häufig um
FĂĽrsprache bei ihren BrĂĽdern Johann Wilhelm von der Pfalz und Franz Ludwig, dem
Bischof von Breslau, gebeten. Gegenstände waren unter anderem reichsrechtlich relevante
Prozesse wie die Auseinandersetzung zwischen dem kaiserlichen General Philipp Ludwig
von Leiningen-Westerburg und den Grafen von Hohenlohe-Neuenstein wegen deren An-
sprĂĽchen auf die Grafschaft Leiningen. Hier bat die Kaiserin beide BrĂĽder um Ausset-
zung der Exekution, bis der Graf von Leiningen weitere Beweise fĂĽr seine Rechte beschafft
148 Siehe etwa HHStA, Familienkorrespondenz A 32/3, Register, fol. 54v–55r, 189v–192v, 201r–202r,
207v–208v.
149 Siehe zu Suppliken an den Kaiser in diesem Kontext etwa Noël, Reichsbewusstsein.
150 Diesbezüglich bat Lothar Franz von Schönborn, Kurfürst von Mainz und Bischof von Bamberg,
wo Kunigunde ja besonders verehrt wurde (siehe dazu Jung/Kempkens, Gekrönt), 1697 um Un-
terstĂĽtzung der Kaiserin. Diese sagte sie zu (HHStA, Familienkorrespondenz A 32/3, Register, fol.
4v–5r) und wandte sich deshalb an Papst Innozenz XII. (fol. 6v–7v) sowie an Kardinal Francesco
Maria de Medici als Protettore della Germania in Rom (fol. 6r/v).
https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0
© BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
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Die Kaiserin
Reich, Ritual und Dynastie
- Title
- Die Kaiserin
- Subtitle
- Reich, Ritual und Dynastie
- Author
- Katrin Keller
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21338-3
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 430
- Keywords
- Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Kaiserin und Reich: Einleitung 9
- An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
- Ăśberblick 22
- Wie wird man Kaiserin? 29
- Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
- Die Majestas-Debatte 36
- Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
- Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
- Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
- Die Erzämter 53
- Das Ius Primariarum Precum 58
- Schluss 62
- Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
- Der rituelle Ablauf 68
- Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
- Der Ablauf der Krönung 71
- Ritual und Geschlecht 82
- Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
- Kaiser und KurfĂĽrsten 87
- 1612: Der Neuanfang 103
- 1630: Die Verlegenheitslösung 110
- 1637: Kaiserin und Königin 114
- 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
- 1690: Zeremonialkonflikte 133
- 1742: Abgesang? 142
- Schluss 153
- Kaiserinnen in den Medien 157
- Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Ăśberblick 160
- Eigenständige Publikationen 161
- Chronikwerke 171
- Zeitungen 178
- Die Krönung als Medienereignis 181
- Medienformen 183
- Die Krönungsbeschreibungen 191
- Texte und Bilder 200
- Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
- Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
- Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
- Schluss 241
- Handlungsfelder 245
- Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
- Audienzen beim Reichstag 1653 252
- Audienzen in Wien 254
- Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
- Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
- Netzwerke: Korrespondenzen 268
- Zur Ăśberlieferung 268
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
- GruĂźbriefe und Courtoisieschreiben 273
- Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
- FĂĽrbitten 279
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
- Die Kaiserin als FĂĽrsprecherin: Beispiele 284
- Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
- Die BegrĂĽndung der Regentschaft 300
- Zum Selbstverständnis der Regentin 304
- Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
- Schluss 319
- Kaiserin und Reich: Schluss 323
- Anhang 331
- Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
- Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
- Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
- Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
- Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
- Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
- Tabellenverzeichnis 354
- Abbildungsverzeichnis 355
- AbkĂĽrzungsverzeichnis 356
- Quellenverzeichnis 357
- Literaturverzeichnis 367
- Gedruckte Quellen und Editionen 367
- Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
- Literatur 378
- Personenregister 410
- Ortsregister 427